Hattingen. Auf dem Hüttengelände in Hattingen hat der Verband für Altlasten eine neue Geschäftsstelle gebaut: Der Bau ist eine nachhaltige Innovation.

Diese Entscheidung ist eine „Altlast“ des einstigen NRW-Landtagspräsidenten Uli Schmidt: Per Gesetz steht festgeschrieben, dass der „Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung“ (AAV) seinen Sitz in Hattingen haben soll. Weil immer mehr Mitarbeitende sich von hier aus um belastete Brachflächen in NRW kümmern, hat der Verband nun eine neue und größere Geschäftsstelle gebaut - auf dem alten Hüttengelände.

Industrielle Brachen gelten als Schlüssel, die wachsende Gewerbeflächennot im Ruhrgebiet zu lindern. Bei der Sanierung spielt der von Land, Kommunen und Mitgliedsfirmen getragene Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung eine zentrale Rolle. Seit einigen Wochen hat er am Ruhrhang 2 (nahe dem Ruhrallee-Kreisel) seinen Sitz. Mit 80 Gästen wurde der Neubau auf dem Areal der früheren Henrichshütte nun offiziell eingeweiht. Mehr als drei Jahrzehnte wurde zuvor im „Technologie- und Gründerzentrum“, das Gebäude nahe Hellweg, gearbeitet, verteilt auf vier Stockwerken.

Boden bis zu vier Meter hoch mit Schlacke verfüllt

Das neue Gebäude selbst ist der beste Beweis, wie „die Nachnutzung einer mit starken Restriktionen behafteten Brachfläche hier erfolgreich mit Energieeffizienz und Ressourcenschutz kombiniert wird“, so die Verbandsvorsitzende Simone Raskob. „Der AAV setzt damit Maßstäbe im Bereich nachhaltiger Flächenentwicklung.“

Die rund 2.800 Quadratmeter große Fläche war Ende der 1950er-Jahre entstanden: Um neue Produktionsflächen für das Hüttenwerk zu gewinnen, verlegte man den Lauf der Ruhr und verfüllte das trockengelegte Gelände bis zu vier Meter hoch mit Schlacken. Deren Austausch gegen unbelastetes und tragfähiges Material war wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Neues Gebäude steht auf Pfählen

Deshalb wurde das zweigeschossige Gebäude auf 47 Pfähle gesetzt, die bis zu 13 Meter tief in den Boden reichen. „Diese Pfähle sind Teil eines innovativen energetischen Gesamtkonzepts“, so AAV-Geschäftsführer Dr. Roland Arnz. „Sie sind durch Kollektor-Rohre geothermisch aktiviert. Damit lässt sich die Geschäftsstelle im Winter mittels einer Wärmepumpe beheizen. Im Sommer wird Wärme in den Untergrund abgeführt, sodass das Gebäude gekühlt wird.“

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Eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach steigert zusätzlich die Energieeffizienz der Geschäftsstelle, die zudem gegen mögliche Folgen des Klimawandels gewappnet ist: Eine Dachbegrünung, die Regenwasser-Rückhaltung und die ökologische Gestaltung der Außenanlagen setzt Teile des Schwammstadt-Prinzips um und wirkt den Folgen von Starkregen-Ereignissen entgegen.

Immer mehr Altlasten auf Brachflächen

Nötig wurde der Umzug des AAV, da die gesetzlichen Aufgaben und somit auch die Mitarbeiterzahl des Verbandes im Laufe der Jahre gewachsen sind. 35 Mitarbeitende arbeiten zurzeit in Hattingen und betreuen aktuell 66 Projekte. „Das moderne und sehr nachhaltige Gebäude erhöht die Attraktivität des AAV als Arbeitgeber“, ist Geschäftsführer Arnz überzeugt.

Der 1988 gegründete AAV betreut „Baustellen“ wie die einstige Müllkippe „An der Schlinke“ in Witten-Annen, wo zurzeit unterirdisch gesprengt wird, das Areal rund um ein einstiges Gaswerk in Viersen, eine chemische Reinigung in Lemgo oder eine Metallwarenindustrie in Iserlohn. „Angesichts unserer Industriegeschichte tauchen natürlich immer mehr Verdachtsfälle auf“, so AAV-Sprecherin Sabine Schidlowski-Boos. Im Auftrag von Kommunen oder des Landes kümmert sich dann der Verband um das Recycling des Untergrunds – vom Boden bis zum Grundwasser. Finanziert wird dies vom Land, allen NRW-Städten und Unternehmen, meist aus der chemischen Industrie. Der AAV übernimmt jeweils 80 Prozent der Sanierungskosten. 20 Prozent müssen die Kommunen selbst aufbringen. Die Sprecherin: „So tragen wir dazu bei, den Verbrauch neuer Flächen zu reduzieren und Ressourcen zu schonen.“

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