Hattingen. Dass auf Hattingens Friedhof St. Engelbert nicht mehr bestattet wird, treibt Angehörige älterer Gläubiger um. Ihre Kritik - und ihr Wunsch.

Dass sie ihre Väter auf dem Friedhof St. Engelbert in Niederbonsfeld nicht mehr werden bestatten können, treibt einige Hattingerinnen um. „Wir sind“, sagt Karin Lake-Landmeyer, „immer noch fassungslos.“ Was sie und ihre Mitstreiterinnen sich nun wünschen. Und was sie besorgt.

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Dass es auf dem Friedhof St. Engelbert keine Bestattungen mehr geben wird, hatte der Kirchenvorstand der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul bereits im vergangenen Sommer beschlossen. Nach den Genehmigungen von Kommune und Bistum Essen wurde der Beschluss dann Ende 2023 rechtskräftig. Bis 2053 allerdings bleibt der Friedhof als solcher erhalten. Bis dahin „sichern wir natürlich die Pflege des Friedhofs zu, um den dort liegenden Verstorbenen eine würdige Ruhestätte zu bereiten“, so Pfarrer Andreas Lamm.

Karin Lake-Landmeyer (59), Dorothee Werwer (59) und Andrea Larbig (53) tröstet dies nicht. DIe drei sind vielmehr tief betroffen, dass ihre Väter - inzwischen 91, 98 und 80 Jahre alt -, ihre letzte Ruhe nicht neben ihren Ehepartnerinnen finden sollen.

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Vor vier Jahren, als ihre Mutter gestorben sei, sagt etwa Karin Lake-Landmeyer, habe sie eine Doppelgrabstelle auf dem Friedhof St. Engelbert gekauft. Dass ihr Vater, der Kirche sein Leben lang verbunden, nun einmal nicht in dieser Doppelgrabstätte bestattet werden können soll, „das traue ich mich gar nicht ihm zu sagen“. Und Andrea Larbig sagt: „Als mein Vater, ein gläubiger Christ, erfahren hat, dass er nicht (mehr) neben seiner Frau auf dem Friedhof St. Engelbert bestattet werden kann, hat er gesagt, das mache ihm große Angst. Er hat Sorge, dass er meine Mutter dann im Himmel nicht mehr wiederfindet.“

Verärgert über aus ihrer Sicht unzureichende Kommunikation der Kirche

Die Schließung des Friedhofs St. Engelbert, erklären alle drei Frauen, habe sie „überrascht und geschockt“. Einigen anderen Niederbonsfeldern mit älteren Angehörigen, die fest davon ausgegangen waren, neben ihrem Ehepartner beerdigt zu werden, gehe es ähnlich. Verärgert sind sie zudem über die aus ihrer Sicht unzureichende Kommunikation der Kirche.

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Einen Brief haben sie an Pfarrer Lamm geschrieben, um ein gemeinschaftliches Gespräch gebeten. Doch ein solches habe dieser vehement abgelehnt. „Die Pfarrgemeinde will nur Einzelgespräche mit den betroffenen Angehörigen führen“, sagt Karin Lake-Landmeyer. 

Der Friedhof St. Engelbert

Auf dem Friedhof St. Engelbert wird es keine Bestattungen mehr geben. Die Pfarrgemeinde erhält den Friedhof aber bis 2053.

Laut derzeitiger Friedhofssatzung der katholischen Kirchengemeinde St. Peter und Paul beträgt die Ruhezeit auf allen ihren Friedhöfen für alle Bestattungsformen 30 Jahre. Die letzte Bestattung auf dem Friedhof St. Engelbert fand 2023 statt. Eine Ruhezeit beginnt mit jeder Bestattung neu.

„Der Friedhof St. Engelbert ist aufgrund seiner schwierigen Lage und der geringen Zahl von Bestattungen in den vergangenen Jahren stets defizitär. Rücklagen sind aufgebraucht beziehungsweise nicht mehr vorhanden. Eine Subventionierung durch andere Friedhöfe beziehungsweise aus Haushaltsmitteln können und dürfen nicht geleistet werden“, begründete Pfarrer Andreas Lamm bereits im Januar die Entscheidung des Kirchenvorstandes zur Stilllegung.

Laut Markus Oles, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kirchenvorstandes, gibt es auf dem Friedhof St. Engelbert rund 850 Grabstellen, „36 Prozent davon sind aktuell belegt“. Zuletzt noch zwei bis drei Bestattungen im Jahr habe es auf dem Friedhof gegeben, Einnahmen von drei- bis fünftausend Euro hätten Kosten von rund 20.000 Euro im Jahr gegenübergestanden. Von den rund 50 Doppelgrabstätten sei etwa ein gutes Dutzend mit nur einem Verstorbenen belegt.

Die 59-Jährige, der nicht zuletzt als Schul-Seelsorgerin die Kirche in besonderer Weise am Herzen liegt, fragt sich: „Wo sind sie denn, die viel beschworenen neuen Wege der Kirche? Wo bleiben unsere christlichen Werte?“ Als Tochter sei sie „zutiefst betroffen vom Umgang mit meinem Vater“. Und als Christin fürchte sie um einen weiteren Vertrauensverlust in und Glaubensverlust an die Kirche.

Pfarrer Andreas Lamm.
Pfarrer Andreas Lamm. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Pfarrer Andreas Lamm sagt unterdessen, der Kirchenvorstand wisse, dass das seit diesem Jahr geltende Aus für Bestattungen und die Schließung des Friedhofs St. Engelbert „ein emotionales Thema ist“. Gerade deshalb mache man bei der Suche nach Lösungen aber mit Einzelgesprächen die besten Erfahrungen. Bei diesen dabei seien stets ein Mitglied der Friedhofsverwaltung, ein Mitglied des Friedhofsausschusses und ein Seelsorger. Die ersten Gespräche mit Betroffenen seien bereits geführt worden.

„Eventuell bei den Betroffenen auch über (Bio)-Urnenbeisetzungen nachdenken“

Andrea Larbig sagt unterdessen: „Wir können ja durchaus alle verstehen, dass der Friedhof St. Engelbert schließen muss, dass sein Erhalt für die Kirche nicht mehr finanzierbar ist. Aber Kirche hat doch auch einen sich um die Menschen kümmernden Anspruch. Warum kann sie für die wenigen betagten Gemeindemitglieder, die auf diesem Friedhof Stand jetzt nicht mehr neben ihrem langjährigen Ehepartner beerdigt werden dürfen, nicht eine Ausnahme machen?“ Das Friedhofs-Aus zum Jahre 2053 könne davon ja unberührt bleiben. „Das spielt für uns und unsere Eltern doch gar keine Rolle.“ Statt einer Sargbestattung, regt hier Dorothee Werwer an, könne man „eventuell bei den Betroffenen auch über (Bio)-Urnenbeisetzungen in den Gruften nachdenken“.

Pfarrer Andreas Lamm sagt für den Kirchenvorstand: „Wir stehen den Betroffenen keineswegs ablehnend gegenüber.“ Und: Man versuche, den Wünschen der Angehörigen nachzukommen - im Rahmen gesetzlicher Vorschriften.