Hattingen. Christina Sablotny aus Hattingen hat ein Realschul-Abgangszeugnis, mit dem sie Abitur machen könnte. Warum sie Bäckerin werden will, Reaktionen.
Ihren Realschulabschluss hat Christina Sablotny (16) seit Kurzem in der Tasche – mit Q-Vermerk. Der berechtigt die Hattingerin, ihre Schullaufbahn an einer Schule mit gymnasialer Oberstufe fortzusetzen, um das Abitur zu machen. Doch Christina Sablotny hat einen anderen, ungewöhnlicheren Weg gewählt. Im August beginnt sie eine Ausbildung – zur Bäckerin.
„Ein Beruf, der mir Spaß machen könnte“
„Zu backen hat mich irgendwie schon immer fasziniert“, sagt die Absolventin der Realschule Grünstraße. Auf Geburtstagen und Familienfeiern etwa habe sie die Verwandtschaft schon des Öfteren mit ihren Back-Kreationen beglückt. Im vergangenen Sommer dann, bei einem zweiwöchigen Praktikum in der Bäckerei Nieland, hat Christina Sablotny festgestellt, dass Bäckerin auch ein Beruf ist, der ihr Spaß machen könnte. Zumal Schule ihr zwar zeitlebens leicht gefallen ist, unter Corona aber ein wenig die Lust darauf gelitten hat. Nach weiteren Einsätzen in der Nielandschen Backstube – inklusive frühem Arbeitsbeginn um vier Uhr morgens – unterzeichnete sie dann Anfang des Jahres ihren Ausbildungsvertrag.
Was Realschulabsolventen machen
Insgesamt 109 Abschluss-Schülerinnen und -schüler gibt es an der Realschule Grünstraße in diesem Jahr.
Gerade einmal 16 von ihnen beginnen zum neuen Ausbildungsjahr eine Ausbildung – darunter vier, die auf ihrem Zeugnis einen Q-Vermerk haben. Der berechtigt zum Besuch der gymnasialen Oberstufe.
Alle anderen Abschluss-Schülerinnen und -schüler der Grünstraße gehen weiter zur Schule: zum Berufskolleg, zu Hattingens zwei Gymnasien oder zur Gesamtschule.
Heike Silz, stellvertretende Leiterin der Realschule Grünstraße, begrüßt Christina Sablotnys Entscheidung sehr. Zwar stoße eine solche vielfach noch auf Unverständnis, Silz aber kann das nicht nachvollziehen. „Ich finde es wichtig und richtig, dass gute Leute auch ins Handwerk gehen“, betont sie. Schließlich benötige auch dieses Nachwuchs mit Potenzial, der zum Beispiel später einmal einen Betrieb führen könne. „Auch im Handwerk kann man sich verwirklichen“, so Silz, „und auch Karriere machen.“
Viele scheuen das frühe Aufstehen
Auch Christina Sablotnys künftiger Chef, Alexander Sturm, der die Bäckerei Nieland seit Jahresbeginn leitet, freut sich über seine neue Azubine. Jahrelang, so Sturm, habe auch die Bäckerei Nieland entsprechend des allgemeinen Trends Probleme gehabt, Nachwuchskräfte für den Betrieb zu finden, unter anderem wegen der Arbeitszeiten. „Viele“, sagt Sturm, „scheuen das frühe Aufstehen und die Samstagsarbeit.“ In diesem Jahr aber habe man Glück gehabt. Neben Christina Sablotny wird voraussichtlich ein weiterer Azubi zum 1. August bei Nieland beginnen.
Sie beide wie auch die komplette Belegschaft sollen dabei schon bald davon profitieren, dass Alexander Sturm in eine neue Kältetechnik für den Herstellungsprozess der Backwaren investiert. Mittelfristig macht das im Nielandschen Betrieb einen Arbeitsbeginn erst gegen 6 Uhr morgens möglich. Auch für die Azubis.
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Vorerst indes wird Christina Sablotny morgens noch gegen drei Uhr aufstehen, zunächst mit dem Rad, bald dann mit dem Motorrad, für das sie gerade den Führerschein macht, aus Winz-Baak zu ihrer Arbeitsstätte in der Hattinger Altstadt fahren. Ihr Freund und ihre Familie, sagt die 16-Jährige, unterstützen sie dabei alle in ihrer Entscheidung. Wie es nach der Ausbildung dann weitergeht? Christina Sablotny mag so weit noch nicht in die Zukunft blicken. Heike Silz dagegen erzählt, Christinas Klassenlehrerin habe erst vor kurzem gesagt, sie könne sich gut vorstellen, dass die 16-Jährige später ihre eigene Bäckerei eröffnet.
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