Hattingen. Der Schuljahresbeginn, die Angst vor schärferen Corona-Regeln und eine Empfehlung der Stiko sorgen in Hattingen für große Impfbereitschaft.

Seit gut drei Wochen können sich Jugendliche zwischen zwölf und 15 Jahren in NRW gegen Covid-19 impfen lassen. Beschlossen hatte dies die Politik, während die Ständige Impfkommission (Stiko) die Corona-Impfungen für diese Altersgruppe nicht generell empfohlen, sondern nur in bestimmten Fällen angeraten hatte. Nun hat sich das geändert – und als erstes spüren es die Ärzte.

Nach Stiko-Empfehlung klingeln die Telefone

Die vier Praxen von Dr. Willi Martmöller betreiben ein gemeinsames kleines Impfzentrum in Sprockhövel. Nach Wochen mit wenig Betrieb, herrscht hier plötzlich wieder rege Nachfrage: „Jetzt, nachdem die Stiko empfohlen hat, klingeln die Telefone“, sagt er. Und es wundert ihn nicht: „Das kommt ja passend, da jetzt in NRW die Schulferien enden“, so Martmöller weiter. „Wir werden jetzt vermehrt Jugendliche impfen.“

„Mit der Stiko-Empfehlung erwarte ich einen ziemlichen Boom“, sagt auch die Kinderärztin Dr. Antje Erencin. Schon innerhalb der ersten Tage sei die Nachfrage „signifikant gestiegen“ und das könnte sich noch verstärken, je nachdem wie sich Schulen positionieren. Die erste Schule in Hattingen habe bereits per Brief angekündigt, dass geimpfte Schüler weniger getestet werden müssten, sagt sie.

Kinderärztin Dr. Antje Erencin verzeichnet eine größere Nachfrage nach den Corona-Impfungen seit die Stiko dies empfiehlt.
Kinderärztin Dr. Antje Erencin verzeichnet eine größere Nachfrage nach den Corona-Impfungen seit die Stiko dies empfiehlt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Sorge vor strengeren Corona-Regeln sorgt für mehr Impfwillen

Ohnehin hätten viele der impfwilligen Jugendlichen nicht unbedingt Angst vor einem schweren Krankheitsverlauf, erklärt sie, sondern davor, gefährdetere Angehörige anzustecken oder ungeimpft künftig verschärften Corona-Regeln zu unterliegen: „Viele vermuten, dass es noch strenger wird.“

Ärger mit Impfgegnern hat sie indes nicht. „Hattingen ist kein Impfgegner-Land“, sagt sie, „die meisten impfen ganz normal.“ Skeptiker hingegen gebe es vermehrt im Falle der Corona-Impfung – für sie jedoch absolut nachvollziehbar: „Kinder gegen Corona nicht zu impfen ist absolut vertretbar“, findet sie. Schließlich sei deren Risiko für einen schweren Verlauf sehr gering. „Eine viel wichtigere Gruppe sind die jungen Erwachsenen, also die Eltern meiner Patienten.“ Ihnen legt sie regelmäßig auch die Corona-Impfung ans Herz.

Bislang nur einzelne Termine für Jugendliche im Impfzentrum

Abgesehen von den Arztpraxen sind auch die Impfzentren am Impfen der Jugendlichen beteiligt. „Manche machen das an bestimmten Tagen, andere völlig offen“, sagt Vanessa Pudlo, Pressesprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). „Ob man das jetzt ausweitet, muss man sehen.“

Das Impfzentrum in Ennepetal, das für Hattingen zuständig ist, bietet die Impfungen für die 12- bis 15-Jährigen an gesonderten Terminen an. 360 Erstimpfungen für diese Altersgruppe wurden hier an bisher drei Tagen verteilt, 72 sollen am kommenden Samstag (21. August) folgen, 144 am Samstag darauf (28. August).

Hintergrund für die geringe Anzahl an Terminen ist, dass laut Erlass des Landes NRW immer ein Kinderarzt für die Beratung vor Ort sein muss. Auch das hängt mit der bislang fehlenden Stiko-Empfehlung zusammen. „Wir gehen davon aus, dass zeitnah ein neuer Erlass kommt“, erklärt Kreissprecherin Lisa Radtke. Gemäß dem solle dann auch die Beratung durch einen normalen (nicht Kinder-)Arzt reichen.