Hattingen. Hasnain Kazim hat in der Johannesgemeinde in Hattingen sein Buch mit „wütenden Mails von richtigen Deutschen“ vorgestellt. So lief die Lesung.
Es war die Französischlehrerin, die Hasnain Kazim die Weichen für sein Leben stellte: „Lass’ dich niemals einschüchtern. Bleib’ wachsam und wehrhaft, sonst überlässt du den Rassisten die Macht.“ Das erzählte am Montagabend der preisgekrönte Journalist, der in Oldenburg geboren und pakistanisch-indischer Abstammung ist.
Der 47-Jährige war von Martina Przygodda für die gesellschaftspolitischen Lesungen „Ein Kick für Hattingen“ in die evangelische Johannes-Kirchengemeinde an der Uhlandstraße eingeladen worden. Mehr als 50 Interessierte waren gekommen.
Aufgerüttelt durch die Vorfälle in Rostock-Lichtenhagen
Rassismus gibt es auf der ganzen Welt, das bestreitet er nicht. „Aber wenn man ausgegrenzt, angefeindet und bedroht wird, nur weil man einen anderen Namen hat, ein anderes Aussehen, eine andere Hautfarbe, dann läuft etwas schief“, sagt er. Dann müsse man achtsam sein. „Denn Deutschland ist mein Land“ sagt Kazim.
Aufgerüttelt wurde er durch die Vorfälle am 16. August 1992 in Rostock-Lichtenhagen. Da war er 17 Jahre alt. „Es flogen Brandsätze gegen Flüchtlingsheime, Menschen standen dort und applaudierten und der Staat griff einfach nicht ein. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich Angst, dass ich mit meiner Hautfarbe in diesem Land in Gefahr bin.“
Wegen angeblicher Präsidentenbeleidigung aus dem Land geworfen
Er schrieb wegen der Ereignisse seinen ersten politischen Text, schickte ihn an eine Zeitung und erhielt – Hassbriefe. Dann kam die Französischlehrerin ins Spiel, die mitbekommen hatte, dass es ihm schlecht ging, und die ihn aufforderte, mutig zu sein im Leben.
Rezept für steirisches Huhn gut auf pakistanische Art
Der erfolgreiche Journalist und Autor Hasnain Kazim hat schon vor Jahren das Bücherschreiben für sich entdeckt. Und ist damit glücklich. Sein großes Anliegen, wie man mit dem Hass umgeht, der vielen Menschen durch „richtige Deutsche“ entgegenschlägt, hat er dabei nie vergessen.Er sitzt schon an neuen Projekten. Von einem Verlag wurde er gebeten, ein Buch über Streit für Leseanfänger in der zweiten Klasse zu schreiben. „Das war viel schwerer, als er gedacht hatte“, räumt er ein.Sein nächstes Projekt ist ein Kochbuch, um das ihn viele Menschen gebeten hatte. Darin wird der Hobbykoch, dessen Heimat mittlerweile Österreich ist, beweisen, dass man steirisches Huhn gut auf pakistanische Art zubereiten kann.
Das ist Hasnain Kazim seitdem. Jahrelang war er als Südasien-Korrespondent für den „Spiegel“ tätig, danach berichtete er aus der Türkei und wurde wegen angeblicher Präsidentenbeleidigung aus dem Land geworfen.
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Trotz bester Angebote seines damaligen Arbeitgebers entschied er sich, in Zukunft als freier Autor zu arbeiten. Seit Jahren schreibt er ausgesprochen erfolgreich Bücher. Am Montagabend las er aus dem Spiegel-Bestseller „Post von Karlheinz“, in dem er „wütende Mails von richtigen Deutschen“ zusammentrug. Was er ihnen antwortete, kann man ebenfalls nachlesen.
Der streitbare Autor setzt klare Grenzen
Trotz des bedrückenden Themas und der unverschämten Mails, die der Schriftsteller bekommt, schafft er immer noch Platz für Humor. Dass er „Grünkohl und Curry“ liebt, „die Geschichte einer Einwanderung“, hielt er ebenfalls im gleichnamigen Buch fest.
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Klare Grenzen setzt der streitbare Autor, das machte er deutlich. Er liebt die Diskussion, auch den Streit, aber gegen (Mord-)Drohungen geht er juristisch hart vor. Erst vor kurzem musste jemand wegen übler Drohungen gegen ihn 12.000 Euro bezahlen. „Man ändert solche Menschen nicht, aber es muss richtig weh tun“, sagt er. Die Diskussion zum Schluss zeigte, wie das Thema die Menschen bewegt.