Hattingen.

„Das entspannt“, sagen Frauen, die beide Techniken in Kursen und viel voneinander lernen.

Leute, die vorbeikommen, recken neugierig die Hälse. „Mama Anne“, in deren Laden am Kirchplatz sich eine fröhliche Frauenrunde zusammengefunden hat, sieht die Schlagzeile schon vor sich: „Die spinnen, die Hattinger.“ Tun sie wirklich. Kein Seemannsgarn, sondern Wolle zum Handarbeiten. Und nicht nur das. Auch zum Stricken treffen sich Frauen in dem Geschäft, das nur auf Selbstgemachtes setzt.

Normalerweise kommen sie nicht miteinander in Berührung. Außer bei den Produkten. Spinnerinnen und Strickerinnen treffen sich an zwei unterschiedlichen Tagen. Für den Zeitungstermin haben sie sich zusammengetan. Und schließlich: Viele Frauen sind vielseitig und machen beides. Was hier möglich ist, ohne sich langfristig zu binden.

Anne Gethmann-Siefert bekommt zwar auch Anfragen, ob sie nicht mal ein paar Stunden an einem Tag jemanden für einen Kurs vermitteln kann. „Das bringt doch nichts“, weiß sie aus eigener Erfahrung. Eine Stunde allein in ihren Kursen auch nicht. Devise der 66-Jährigen: Dranbleiben mit Spaß am Selbermachen.

Julia Kotlarz aus Gevelsberg beispielsweise hat schon in Vorlesungen gestrickt. In dem kleinen Geschäft hängt sie eine selbst gemachte Patchwork-Jacke über die Stuhllehne. Der Unterbau ist eine gewöhnliche Jacke. Verdeckt wird sie von individuellen Handarbeits-Flicken. Ein Kleidungsstück, auf das die junge Frau oft angesprochen wird.

Längst spinnt sie auch die Wolle selbst und gibt Tipps und Tricks an andere weiter. „Kann man die denn nicht im Geschäft kaufen?“, fragt der Fotograf in die kichernde Tischrunde. Klar. Und für den Antrieb gibt’s sogar Motormodelle. Da wird das Technikerherz im Manne wach. Doch hier geht’s nicht darum, möglichst schnell fertig zu werden und Industrieware zu produzieren, sondern Individuelles mit den Händen herzustellen.

Gudrun Lohmann aus Bochum kribbelt es in den Fingern. Da sich ihr Gipsarm noch gedulden muss, kommt sie zum Quatschen. Was sie jetzt mit den Ohren aufschnappt, lässt sich auch später noch umsetzen.

„Das entspannt“, sagen alle. Ob sie Stricknadeln klappern lassen wie Lydia Waag, die nicht weiß wohin mit der letzten Masche. Oder mit den Fingern Fäden aus edlen Materialien langziehen, während ein oder zwei Füße das Spinnrad antreiben. Nicht einfach am Anfang, Hände und Füße zu koordinieren. Doch es klappt nach relativ kurzer Zeit, bestätigt die Runde. Auch wenn hier Männer Mangelware sind: Im Zug wurde die strickende Anne Gethmann-Siefert von ihnen schon angesprochen und um Rat gefragt.