Sprockhövel. Sechs Abiturienten der Gesamtschule in Sprockhövel berichten aus ihrem Leben während Corona. Ihre Ziele behalten sie jedoch im Blick.

Wer in diesem Frühjahr seine Reifeprüfung ablegen wird, hat die letzten beiden Schuljahre überwiegend im Ausnahmezustand erlebt. Hat nur wenig Mitschüler und Lehrer in der Realität getroffen und anspruchsvollen Lehrstoff meist allein zu Hause verinnerlichen müssen. Sechs Abiturienten der Wilhelm-Kraft-Schule in Haßlinghausen berichten wenige Wochen vor den Prüfungen über ihre Situation.

Austausch untereinander fast gestoppt

Beim ersten Lockdown vor einem Jahr war der spontane Wechsel von der klassischen Unterrichtssituation in der Haßlinghauser Schule ins Homeoffice besonders heftig, berichten Luis Müller, Ronja Rohen, Justin Tom Fischer, Lea Perrone, Sophie Bleibtreu und Romario John Aftab im Gespräch mit dieser Zeitung übereinstimmend. „Man erlebte so viel Neues auf einmal, nichts war wie vorher“, sagt Ronja. Die Kommunikation sei plötzlich eine völlig andere. „Sonst kannst du immer mal wieder zwischendurch mit den Klassenkameraden über Dinge reden, die man im Unterricht nicht richtig verstanden hat“, sagt Lea. Dafür müsse jetzt für jedes Einzelproblem das Handy benutzt werden.

Am Anfang oft Internetprobleme

Irgendwann wurden dann Videokonferenzen eingeführt. „Ist ja auch eine Art Präsenzunterricht“, meint Luis lakonisch. Einige Gesamtschüler kämpften in der Anfangsphase der Heimarbeit noch mit Internetproblemen. „Aber“, betont Lea, „das hat sich schnell gegeben und wir arbeiten seit vielen Monaten alle auf demselben technischen Level.“

Tagesablauf verändert

In der Corona-Zeit hat sich der Tagesablauf für alle Schüler grundlegend geändert. „Ich kann morgens etwas später aufstehen“, erzählt Luis, der ansonsten morgens aus Wetter nach Sprockhövel anreist. Ab 8 Uhr sitzt Luis dann – wie die anderen auch – in der digitalen Zoom-Konferenz. „Es ist deutlich anstrengender, dem Geschehen am Bildschirm über viele Stunden zu folgen“, berichtet Sophie. „Ich habe für mich festgestellt, dass ich Lehrer brauche, die vor mir stehen, damit ich die Inhalte besser verstehen kann“, sagt Luis. „Aufgaben werden von Plattformen heruntergeladen. Auf jeden Fall ist für diese Form der distanzierten Schule sehr viel Selbstdisziplin nötig!“, hat Ronja festgestellt.

Wenig soziale Kontakte

Kursarbeiten und auch die Vorabi-Klausur wurden in der Schule geschrieben, aber die allermeisten Vorarbeiten werden solistisch zu Hause erledigt. Ausgleich zu diesem Schülerleben gibt es wenig. „Die sozialen Kontakte sind ja ebenso stark beschränkt worden. Lea trifft sich zwar ab und zu mit ihrer Freundin Sophie, und auch einige der anderen befragten Schüler haben zeitweise privat Kontakt. „Aber wir können ja auch nirgendwo hingehen“, wirft Romario ein. „Wir haben uns das wohl alle ganz anders vorgestellt“, sagt Lea, die in Ennepetal zu Hause ist. Sie erinnert daran, dass jetzt eigentlich Mottowoche in der Gesamtschule wäre. „Und auf einen Abiball dürfen wir uns auch nicht freuen.“

Zukunft fest im Blick

Trotzdem haben alle befragten Gesamtschüler ihre Zukunft fest im Blick. Ronja will ein Freiwilliges ökologisches Jahr absolvieren, „endlich mal draußen mit den Händen arbeiten.“ Corona habe in dieser Hinsicht ihre Pläne verändert. Lea freut sich auf eine praktische Zeit im Kinderheim, danach auf ein Fachhochschulstudium. Ausbildungen bei der Feuerwehr, im kaufmännischen Bereich oder bei der Polizei werden anvisiert. „Corona hat das Leben zeitweise sehr schwer gemacht, hat aber keinen Einfluss auf das, das wir in unserem Leben noch vorhaben“, sagt Justin.

Groll auf die Politik

Gibt es Groll auf die Politik? Störend sei das „ewige Hin und Her“, sagt Lea. „Heute wurde ich das erste Mal getestet – warum hat das so lange gedauert?“, fragt Ronja.

Allgemein ärgern sich die Gesamtschüler aus Sprockhövel über die „Schläfrigkeit“ der verantwortlichen Politiker. Selbst- und Schnelltests, die doch zumindest auf Zeit ein gewisses Maß an Sicherheit und Unbeschwertheit bringen, seien viel zu spät verfügbar gemacht worden, sagen alle befragten Gesamtschüler.