Hattingen. Die Preise für Energie, Lebensmittel, Benzin und mehr steigen. In Hattingen beobachtet man das mit Sorge. Wo die Bürger bereits im Alltag sparen.
„Vieles wird teurer“, mit dieser Tatsache sehen sich die Verbraucher in ganz Deutschland konfrontiert. Nachgefragt bei den Hattinger Bürgern, zeigt sich ein sehr gemischtes Bild: Zwischen Resignation, Wut und Verständnis für die Situation tritt bei vielen der Befragten die Sorge in den Vordergrund.
„Ich habe nur eine kleine Rente und muss mit jedem Cent genau rechnen“, beschreibt Anna Don Pedro. Sie kommt gerade vom Einkauf, der zum Großteil aus Angeboten und günstigeren Alternativen besteht. „Früher bin ich gerne zweimal die Woche ein Eis essen gegangen“, erzählt sie weiter. „Das kann ich mir mittlerweile nicht mehr leisten.“ Obst und Gemüse, Fleisch und auch Brot zählen für sie mittlerweile zu Luxusprodukten, die sie sich nur noch selten leisten kann.
Konsumverhalten in Hattingen gebremst
Ein Phänomen, das viele der Befragten und Händler bestätigen. Die Hattinger sind in ihrem Konsumverhalten vorsichtiger und bedachter geworden. „Früher haben wir für einen Wocheneinkauf etwa 100 Euro ausgegeben, mittlerweile sind es oft zwischen 130 und 150 Euro“, erklärt Stephanie Graf. Insgesamt haben sie und ihr Lebensgefährte knapp 300 Euro Mehrkosten im Monat. „In nahezu allen Lebensbereichen sind die Preise gestiegen – Strom, Benzin, Lebensmittel – alles wird teurer, das muss man erst mal stemmen können“, beschreibt sie. Weite Strecken mit dem Auto würde sie aktuell genau überdenken und alle machbaren Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigen.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++
Geschäfte spüren teilweise Zurückhaltung der Kunden
„Wir versuchen, die Kunden aktuell durch viele Aktionen in den Laden zu ziehen“, erzählt Melina Müller, Filialleiterin des Hunkemöller-Geschäfts in Hattingen. Angebote warten aktuell nahezu wöchentlich auf die Kunden. Im Vergleich zum Vorjahr seien bisher knapp 30 Prozent weniger an Einnahmen generiert worden. Auch beim Kaufverhalten seien Veränderungen spürbar - insbesondere bei der Nachtwäsche. „Extravagante Stücke werden eher weniger häufig gekauft. Es sind mehr die Standardfarben schwarz oder weiß, die verkauft werden.“ Auch bei Blumen Risse sind die Preissteigerungen Thema. Floristin Nicole Schluck berichtet: „Viele der Kunden klagen über die gestiegenen Preise und sind froh, dass die Preise bei uns gleich geblieben sind“. Die Preise für Schnittblumen oder Pflanzen sind noch nicht gestiegen. „Die Kunden kommen gleichbleibend. Noch ist kein Rückgang bemerkbar.“
Mit dem Rad ist an diesem Vormittag auch Hans-Josef Derichs mit seiner Ehefrau unterwegs. Bei einem Tagesausflug nach Hattingen werden auch die lokalen Geschäfte angesteuert. „Ich habe großes Mitgefühl für diejenigen, die es besonders hart trifft, aber im Grunde ist der Preisanstieg längst überfällig“, findet Derichs. Es sei die Quittung aus dem vorher herrschenden Preis-Dumping. Dadurch habe man Europa zuletzt lange sehr günstig gelebt.
„Es ist eigentlich keine Überraschung“, erklärt Hans-Josef Derichs unter Zustimmung seiner Frau weiter. „Die ganzen großen Supermärkte und Discounter gehören alle zu denselben drei, vier Lebensmittelkonzernen, unser Gas haben wir von ‘den Russen‘ bezogen, die jetzt die Schrauben enger ziehen.“ Das Erlebte sei nur die Konsequenz der vergangenen Jahre und Jahrzehnte.
Kein Verständnis für Spritpreise
Auch interessant
Neben den gestiegenen Lebensmittelpreisen sind es aber gerade die hohen Kosten fürs Autofahren, für die die Hattinger wenig Verständnis haben. „Die Benzinpreise sind nicht gerechtfertigt“, meint Rolf Kerkhoff. Vielmehr empfinde er sie als Abzocke. Auch der Tankzuschuss der Regierung sei eigenartig, insbesondere da die Ersparnis für Diesel nur halb so hoch sei wie für Benzin. „Gerade für das Handwerk, das darauf angewiesen ist, ist das nicht gerecht“, erzählt er weiter.
>>> Mehr Nachrichten aus Hattingen und Sprockhövel
Trotz der gestiegenen Lebenshaltungskosten geht es für den Hattinger in diesem Jahr in den Urlaub. „Glücklicherweise, habe ich es noch nicht nötig, mich einzuschränken.“ Gebucht sei noch nichts, was aber mehr mit Corona als mit den gestiegenen Preisen zu tun habe.
Trotz Sorgen volle Cafés und Geschäfte
Doch trotz vieler besorgter Minen unter den Befragten, herrscht an diesem Tag in der Innenstadt ein reges Treiben, die Cafés sind voll mit Menschen und viele nutzen den Tag für einen Bummel durch die Stadt.