Hattingen.

Geschäfte oder Praxen zeigen mit Aufklebern, dass Kinder bei ihnen Schutz suchen können. Kritik an geringer Bekanntheit.

Kinder brauchen Schutz. Von ihren Eltern – das ist selbstverständlich im privaten Raum. Aber auch in der Öffentlichkeit. Dafür gibt es die „Notinseln“: drei bunte, stilisierte Kinderköpfe blicken mit großen Augen von Schaufenstern vieler Geschäfte. Die Aufkleber bedeuten: Dort sind Kinder sicher, können Schutz suchen und Mitarbeiter helfen ihnen. Mit einem Telefonanruf, einem Pflaster oder einem Ansprechpartner. Soweit die Idee des bundesweiten Projekts der Hänsel-und-Gretel-Stiftung, das es auch in Hattingen gibt: in der Sparkasse, bei der Stadtverwaltungen, in Arztpraxen und Einzelhandel.

Das Geschäftsmodell basiert auf Franchise-Verträgen. Denn die Stadt, die Notinseln einrichten will, zahlt eine einmalige Pauschale für die Rechte und die Grundausstattung. Hattingen nimmt seit dem Jahr 2006 und hat eine Pauschale von 3500 Euro gezahlt – für Layout, Internetauftritt und Aufkleber. Die Folgekosten gehen zu Lasten der Städte: wie und mit welchem Aufwand an Personal und Material Kinder, Eltern und teilnehmende Geschäfte über das Projekt informiert werden. Weitere Notinsel-Materialien müssen bei der Stiftung bestellt werden.

In Hattingen ist dies aber nicht so. An Folgekosten sei bisher „gar nichts“ angefallen, sagt Stadtsprecher Thomas Griesohn-Pflieger. Die Stadt habe noch Aufkleber, so dass nichts nachbestellt werden musste. Auch eine Vertragsdauer gebe es nicht. Die Stadt bewerte das Projekt positiv.

92 Notinseln gebe es in Hattingen, in denen die Stadt die Mitarbeiter geschult habe, erläutert Griesohn-Pflieger. Wie verhalte ich mich gegenüber Kindern? Was sind die richtigen Fragen? Liegen Rufnummern für den Notfall bereit? „Meistens sind Kinder zu beruhigen und Eltern anzurufen, falls ein Kind sich verirrt hat oder nicht abgeholt wurde.“ Etwas Schlimmes sei seines Wissens noch nicht passiert. Der große Personalaufwand zu Beginn sei gesunken. Die Stadt hatte in Kindergärten und Schulen über Notinseln informiert. Nach den Ferien soll dies wiederholt werden. Alle zwei Jahre fragt eine Mitarbeiterin des Fachbereichs Jugend bei den Teilnehmern nach. Das Echo sei positiv, es gebe keinen Grund etwas zu ändern, sagt Griesohn-Pflieger. Kein Geschäft habe sich abgemeldet. Das zeige, die Teilnehmer stünden hinter dem Projekt. Bei neuen Teilnehmern, prüfe die Stadt, ob die geeignet seien. Ein Massage-Salon oder Privathaushalte eignen sich nicht. Zuletzt sei eine Radiologie-Praxis dazugekommen. „Wichtig ist es, Offenheit zu schaffen.“

Die Altstadt Optik sei seit mehr als einem Jahr eine Notinsel, sagt Frank Böcker (67). „Wir stehen ganz dahinter.“ Er glaube, es werde angenommen. Aber: „Die Eltern müssen es gerade den kleinen Kindern zeigen.“ Klaus-Henning Kroniger (59) vom gleichnamigem Modegeschäft nennt die Notinseln ein positives Projekt. Bisher sei aber noch kein Kind aus Not ins Geschäft gekommen. Die Wirkung sei schwierig einzuschätzen. „Aber es ist wichtig eine Anlaufstelle zu bieten, wenn sie sich bedroht fühlen“, sagt er und hat dabei Kinder auf dem Schulweg von der Heggerfeldschule im Kopf. Gertraud Eisenlohr-Ewen von der Straussen-Apotheke sagt: „Bei uns hat sich noch nie ein Kind gemeldet.“ Ihre Mitarbeiter seien informiert und hätten mit Euphorie angefangen. Aber sie hat den Eindruck: „Kinder und auch Eltern kennen die Notinseln zu wenig.“