Hattingen. Umstritten ist, ob Flüchtlinge den Kopf frei haben für beispielsweise eine Tour in ihrer Sprache. Ein erster Anlauf verlief im Sande. Bislang kann auf Englisch und Französisch geführt werden.


Stadtführungen in anderen Sprachen sind schon lange im Gespräch. Weit waren die Anstrengungen gediehen, wie in der Prozess- und Veranstaltungsdokumentation Komm-In (Innovation in der kommunalen Integrationsarbeit) 2009/2010 nachzulesen ist. Indes: Relativ still ruht bis heute das Thema.

Während in der Nachbarstadt Witten bereits Flüchtlinge in unterschiedlichen Sprachen durch die Stadt geführt werden, ist das in Hattingen bislang nicht im Angebot. Immerhin: Von den elf Hattinger Stadtführern können zwei Führungen auf Englisch anbieten.

„Außerdem sind wir gerade in Gesprächen mit einer Dame, die sich vorstellen könnte, Führungen in französischer Sprache anzubieten“, sagt Georg Hartmann vom Stadtmarketing. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass „das ein Honorarjob ist, viele üben einen Beruf aus, man muss gucken, wie das mit den Terminen passt“, merkt er an.

Vor einigen Jahren war es, da bildete das Stadtmarketing Stadtführer aus, die Führungen beispielsweise auf Arabisch anbieten könnten. Wie Mohammed Bourzoufi. „Anfangs hat man sich Mühe gegeben, mir viel erklärt, aber dann ist das im Sande verlaufen. Ich habe einmal selbst Freunde und Bekannte für eine Führung eingeladen. Danach war Schluss“, sagt er. An Führungen auf Arabisch hätte kein Interesse bestanden, sagt Hartmann. Und es hätte Terminprobleme gegeben. Dass man mehr dafür hätte werben können, findet indes Bourzoufi.

Kein Interesse gezeigt

Das NRW-Ministerium für Integration unterstützt mit dem Projekt Komm-In Kommunen dabei, die Integration von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu erleichtern. Im Rahmen dieses Komm-In-Prozesses hatte das Stadtmarketing damals eine exemplarische Stadtführung niedergeschrieben, diese wurde sogar ins Arabische übersetzt. Es hatte Austauschtreffen gegeben. Je ein erfahrener Stadtführer und ein interessierter Migrant ­bildeten damals ein Tandem. In der Dokumentation heißt es: „Das Stadtmarketing wird das Projekt der mehrsprachigen Stadtführer/innen federführend weiter betreuen.“ Dabei ist es weitestgehend geblieben. Ein wenig habe man das aus den Augen verloren, so Hartmann. Und: Führungen für Flüchtlinge zu organisieren, das sieht er nicht als Aufgabenbereich des Stadtmarketings.

Ob solche Führungen sinnvoll sind zum jetzigen Zeitpunkt, bezweifelt Bourzoufi: „Die Menschen haben andere Probleme, müssen ihr Trauma verarbeiten, befassen sich mit Fragen wie: Wo werde ich wohnen? Wie halte ich Kontakt zur Familie z.B. in Syrien? Bei einer solchen Abwechslung wären sie eh mit den Gedanken woanders. Vielleicht kann man das in einem Jahr machen.“ Sinnvoller sei es, die Flüchtlinge beispielsweise mit anderen Familien aus dem Herkunftsland, die schon länger da sind, in Kontakt zu bringen, um so die gegenseitige Unterstützung zu fördern.

Eine Argumentation, die Bernd Baumhold vom Fachbereich Weiterbildung und Kultur der Volkshochschule nicht nachvollziehen kann: „Auch die Flüchtlinge freuen sich über Abwechslung im tristen Turnhallen-Alltag. Alle sollten Interesse daran haben, dass diese Menschen eine Vorstellung vom Leben in Deutschland entwickeln. Eine erste Orientierung bei einem geführten stadthistorischen Spaziergang durch die Altstadt oder einem Gespräch bei einer Tasse Tee wäre ein erster Schritt“, erklärt er.

Mancher sieht Bedarf

Die fremdsprachlichen Führungen hält er weiterhin für eine gute Idee und zwar als „verlässliches, qualifiziertes Regelangebot derer, die in Hattingen fürs Stadtmarketing zuständig zeichnen. So haben wir das zumindest damals vereinbart.“ Baumhold jedenfalls sieht den Bedarf mit Verweis auf viele ausländische Patienten in den Kliniken und die Familien von Migranten, die zu Besuch kommen.