Hattingen. Das Projekt von Egon Stratmann ruht seit einem Jahr, weil die Pfarrei ein Politikum befürchtet. Er trägt sein Anliegen nun in die Öffentlichkeit.


Künstler Egon Stratmann hat eine Gedächtnis-Stele für russische Zwangsarbeiter, „die im Naziterror hier zu Tode gekommen sind“, kreiert. Sie soll auf dem katholischen Friedhof an der Blankensteiner Straße aufgestellt werden. Die Einzelteile – der Steinsockel und ein Glasschrein – sind längst fertig, doch seit einem Jahr geht es nicht mehr voran: „Weil der Friedhofsausschuss sein Veto eingelegt hat.“

Der Grund: „Die Pfarrei be­fürchtet, dass es bei der Weihe zu diplomatischen Verwicklungen zwischen Russland und der Ukraine kommen könnte“, berichtet Egon Stratmann. Der Hintergrund: Weil es sich um sowjetrussische Zwangsarbeiter handelt, sind nicht nur Russen unter den Toten, sondern auch ein Ukrainer. Und wegen der aktuellen Krim-Krise ruht das Projekt zurzeit. Das stört den 81 Jahre alten Blankensteiner, der das Thema nun zum Volkstrauertag am Sonntag, der an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen erinnert, öffentlich macht. Denn: „Wir haben eine Pflicht, eine besondere Christen-Pflicht, den Toten diese Ehre zu erweisen. Sie liegen bis heute anonym auf dem Friedhof begraben.“

Seit dem Jahr 207 sind sie miteinander im Gespräch

Seit dem Jahr 2007 ist Egon Stratmann mit der katholischen Gemeinde im Gespräch, vor knapp zwei Jahren bekam er den Auftrag, die Stele zu erstellen. 1,60 Meter hoch, russischer Naturstein in drei Ausführungen, oben ein kleiner Glasschrein mit russischer Erde.





Vor allem letztere zu bekommen, war ein Abenteuer. Geholfen hat am Ende Ewgenii Aleshein vom Büro für Kriegsgräberfürsorge und Gedenken der russischen Botschaft. Er veranlasste, dass auf dem Soldatenfriedhof in Moskau feierlich ein Erd-Block ausgehoben wurde und brachte diesen selbst nach Blankenstein.

Die Idee dahinter: „Die Toten ruhen in fremder Erde, oben auf der Stele ist Heimaterde.“ Über Stadt­archivar Thomas Weiß kam er an die 18 Namen der Zwangsarbeiter, sie sollen in kyrillischer Schrift aufgeschrieben werden. Das ist dem Künstler ein Anliegen, nicht nur, weil es das Kriegs­gräbergesetz zwischen Deutschland und Russland verlangt, dass die Namen genannt werden müssen. Die weitere Beschriftung ist ebenfalls in Kyrillisch geplant, es wird aber auch eine Übersetzung in deutscher Sprache auf der Stele geben.

Das Politikum, das der Friedhofsausschuss von St. Peter und Paul nun sieht, kann Egon Stratmann nicht erkennen: „Die russische Botschaft hat die alleinige Fürsorge für alle Sowjetbürger, die damals ­gestorben sind – es sind ja auch Georgier, Weißrussen und andere darunter. Es wird keine Verwick­lungen geben.“

Hoffnung, dass sich etwas bewegt

Der Sockel steht bei einem Steinmetz in Duisburg, der Glasschrein fertig in Paderborn. Offen sich, wann sie zusammengeführt werden. „Ich habe jetzt die Hoffnung, dass sich etwas bewegt. Denn es ist unsere verdammte Pflicht, uns um die zu kümmern, die durch uns zu Tode gekommen sind.“