Hattingen. Liv und Marian Migdal begeistern im Alten Rathaus mit kammermusikalischer Reise vom Barock bis zum 20. Jahrhundert.

Liv und Marian Migdal nahmen am Donnerstagabend das Publikum im Alten Rathaus auf eine kammermusikalische Reise vom Barock bis zum 20. Jahrhundert mit.

Die junge Geigerin Liv Migdal lässt aufhorchen: In Johann Sebastian Bachs Sonate für Violine solo Nr. 2 a-Moll BWV 1003 entwirft sie in klangschöner Intonation und präziser Formung ein Klanggewebe von durchscheinender Klarheit – eine Interpretation, die der barocken Formenstrenge gerecht wird, sich aber auch in ihrem subtil nuancierten Ausdrucksreichtum durch einen selbstbewussten künstlerischen Gestaltungswillen auszeichnet. In Beethovens Sonate Nr. 5 F-Dur op. 24 leuchtet die junge Musikerin in wundervoll harmonierendem Wechselspiel mit ihrem Vater, dem Pianisten Marian Migdal, den romantischen Charakter des Werkes aus: Liedhafte Melodien voller Innigkeit und dunkle Farben zeichnen Liv Migdals Spiel ebenso aus wie virtuose Passagen; Marian Migdal begleitet sie am Flügel mit perlender Leichtigkeit und unaufdringlicher Präsenz.

Den wechselnden Ausdruckscharakter von Franz Schuberts Rondo brillant d 895 h-Moll lotet Liv Migdal in einer mitreißenden, energiesprühenden Interpretation in seinen feinsten Schattierungen aus. Mit ihrem breitgefächerten Ausdrucksspektrum skizziert sie ein tönendes Panorama, das auch Platz für Stilzitate aus der Wiener Unterhaltungsmusik der Schubertzeit hat. Stilsicher und souverän gestalten Liv und Marian Migdal die expressive, oszillierende Klangfarbenpalette von Claude Debussys Sonate g-Moll.

In einem Vortrag voll packender Eindringlichkeit zeichnen die Musiker dramatische Entwicklungsmomente in bebenden Spannungsbögen nach, ohne dabei den fragmentarisch-fantastischen Charakter des Werkes außer Acht zu lassen. Die romantisch-rhapsodische Prägung von Maurice Ravels „Tzigane“ betont Geigerin Liv Migdal in selbstvergessenem Spiel, bei dem sie geradezu in die Musik hinein zu lauschen scheint. Über den flirrend-virtuosen Klangteppichen des Pianisten Marian Migdal entfaltet sie eine rassige, sich immer mehr überstürzende Zigeunerweise in schillernden Farben. Das Publikum ist hingerissen.