Gladbeck. Mit Tod und Sterben, Trauer und Hoffnung beschäftigen sich Drittklässler in der Mosaikschule in Gladbeck. Zu Besuch kam der Hospizdienst.
Freitagmorgen in der Mosaikschule in Gladbeck: In der Klasse 3b wird nicht gerechnet und gelesen, sondern getanzt. Beim „Lastentanz“ schütteln 29 Drittklässler symbolisch den Ballast der Woche ab, bewegen sich wild zur Musik. Denn die Projektwoche, die hinter ihnen liegt, war keine gewöhnliche. Unter dem Titel „Hospiz macht Schule“ haben sie sich fünf Tage lang mit großen Themen des Lebens beschäftigt: Sterben, Tod und Trauer. Geleitet wurde das Programm von sieben Ehrenamtlichen des Hospiz-Vereins Gladbeck.
„Kinder gehen erstaunlich ehrlich mit dem Tod um“, sagt Gabi Wegner, die seit 14 Jahren ehrenamtlich im Hospiz, vorher schon im Kinderhospiz, tätig war. „Anders als viele Erwachsene, für die das oft ein Tabuthema ist.“ Wenn ein geliebter Mensch stirbt, seien Eltern oft selbst so in Trauer, dass sie mit ihrem Kind nicht darüber reden können. „Kinder werden da oft außen vor gelassen.“
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In der Mosaikschule soll sich das ändern. In Kleingruppen wurden die Mädchen und Jungen spielerisch an die Themen herangeführt und hatten dabei immer dieselbe Bezugsperson aus dem Hospiz-Team. Und obwohl es um traurige Inhalte ging, war eines klar: Lachen ist erlaubt, und jede Frage kann gestellt werden.
Gladbecker Grundschüler beschäftigen sich mit der Vergänglichkeit des Lebens
In der Klasse der 3b hängen überall Bilder und Plakate an der Wand, 29 Pflanzen stehen auf einem Tisch an der Seite, die Schülerinnen und Schüler sitzen nach ihrer Tanzeinlage in einem Stuhlkreis. Gerade sind ihre Eltern gekommen. Die Ergebnisse der vergangenen Tage werden präsentiert. Keitlin schlüpft in die Rolle eines Schmetterlings, um zu zeigen, wie sich eine Raupe verwandelt – ein Sinnbild für Übergänge. Denn das erste Thema ist die Veränderung im Leben. Dafür haben alle aufgeschrieben, was sie damit verbinden. Zum Beispiel auch, dass kurze Haare irgendwann lang werden.
Nachdenklich wurde es in der zurückliegenden Woche bei den sensiblen Themen Krankheit und Leid. Unterstützt wurden die Grundschüler dabei von einer Ärztin, die auf alle Fragen einging. Und was kennen die Kinder für Krankheiten? „Krebs, Bauchschmerzen oder Husten“, sind einige Antworten. Gefühle wie „blöd“ oder „tut weh“ kamen zur Sprache, als die Kinder über Schmerzen und Verluste sprachen. Und dann haben sie aber auch überlegt, was ihnen gut getan hat. Da sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt: „Tee, schlafen, Suppe oder Freunde“ schreiben die Drittklässler auf ein Plakat.
Achtjährige Grundschülerin: „Ich weiß jetzt, dass Sterben normal ist“
Emotionaler wurden die Kinder, als es um den Tod und das Sterben ging. „Wir haben unseren Puls gefühlt, gegen eine Feder geatmet und gelernt, woran man erkennt, dass jemand nicht mehr lebt“, berichtet ein Schüler. Ein berührender Moment war der Film aus der Kinderwissenssendung „Checker Tobi“. Der Moderator besucht ein Hospiz und zeigt, wie ein Abschied aussehen kann. Außerdem kommt der Themenkomplex „Einäscherung und unterschiedliche kulturelle Bestattungsmethoden“ zur Sprache. Viele Kinder wussten gar nicht, was eine Beerdigung ist.
„Das war ich schon etwas traurig“, sagt Marie. Denn so etwas habe die Achtjährige noch nie gesehen. „Aber jeder muss sterben, so ist das halt. Ich weiß jetzt, dass das normal ist.“ Sie gehe mit einem positiven Gefühl aus der Woche und habe mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern sehr viel Spaß gehabt. Genauso wie Theresa (8), die neben ihr im Stuhlkreis sitzt und die Projektwoche „spannend“ fand.
„Ich finde es toll, dass so etwas angeboten wird. Da lernen die Kinder wirklich was fürs Leben“, sagt Theresas Mutter Anna Zocher. Da schließt sich Mutter Nuray Akim an: „Für die Kinder ist es wichtig zu wissen, dass sie auch mal traurig sein dürfen. Und auch, wie sie sich angebracht anderen gegenüber verhalten können, die gerade einen Menschen verloren haben.“
Hospizmitarbeiterin: „Ehrlichkeit im Umgang mit Kindern ist wichtig“
Die Ehrenamtlichen betonen, wie wichtig Ehrlichkeit im Umgang mit Kindern ist. „Viele Eltern wollen ihre Kinder schützen, aber das kann oft mehr Angst machen. Wenn man sagt, ‚die Oma ist eingeschlafen‘, können Kinder plötzlich Angst vorm Schlafen bekommen“, sagt Beate Letzel, Koordinatorin des Hospiz-Vereins. Stattdessen sollten Eltern kindgerecht, aber wahrheitsgemäß erklären, was passiert ist. „Die Sache zu verarbeiten, ist besser, als sie zu verdrängen.“
Kinder würden außerdem schnell akzeptieren, wie das Leben ist. Es sei wichtig, diese Randbereiche im Leben zu zeigen. Und dann auch klarzumachen: Es ist okay zu trauern. Und danach kommt Hoffnung, kommt etwas Neues. Symbolisch dafür hat jeder eine Pflanze bekommen, um das Wachstum zu beobachten.
Einige Kinder haben auch schon Trauer erlebt, haben einen geliebten Menschen oder ein Haustier verloren. „Wir haben uns auch gegenseitig getröstet“, resümiert Klassenlehrerin Judith Heinzmann, als sich die Projektwoche dem Ende neigt. „Und wieder Hoffnung gegeben.“ Dafür haben alle Kinder am letzten Tag ihre Kuscheltiere mitgebracht und gezeichnet, was sie tröstet. Herzen, eine Robbe, Kuscheln, Liebe sind einige Dinge, die dabei die Antworten waren. „Und jetzt wollen wir feiern“, sagt Heinzmann. „Das Büffet ist eröffnet.“ Und ganz schnell ist der Klassenraum der Bienenklasse leer.
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