Gladbeck. Gladbecker, die freiwillig ihren Führerschein abgeben, erhalten drei Monate kostenlos ein Deutschland-Ticket. Das müssen Interessenten wissen.

Gladbeckerinnen und Gladbecker, die freiwillig ihren Führerschein abgeben, erhalten für drei Monate kostenlos ein Deutschland-Ticket. Damit legen Vestische und Stadt das Programm „Mobil ohne Auto“ neu auf. 2016 ist das als Pilotprojekt in Gladbeck gestartet. Seither gab es für diejenigen, die auch ihren Führerschein verzichtet haben, ein Ticket 2000. Damit war man allerdings nur innerhalb der Stadt unterwegs, das Deutschland-Ticket verspricht dagegen Mobilität im gesamten Land, gilt es doch überall im ÖPNV.

Martin Schmidt, Geschäftsführer Vestische, Volker Kreuzer, Erster Beigeordneter der Stadt Gladbeck, Reingard Ruch, Abteilungsleiterin Senioren und Gesundheit und Friedhelm Horbach, Vorsitzender Seniorenbeirat Gladbeck (v.l.) werben für das Projekt „Mobil ohne Auto“.
Martin Schmidt, Geschäftsführer Vestische, Volker Kreuzer, Erster Beigeordneter der Stadt Gladbeck, Reingard Ruch, Abteilungsleiterin Senioren und Gesundheit und Friedhelm Horbach, Vorsitzender Seniorenbeirat Gladbeck (v.l.) werben für das Projekt „Mobil ohne Auto“. © Vestische | Vestische

Die Vestische will auf diesem Weg Menschen überzeugen, aufs Auto zu verzichten. Es gehe letztlich darum, sie vom ÖPNV als gute Alternative zu überzeugen, heißt es seitens des Nahverkehrsunternehmens. Dabei richtet sich das Angebot ausdrücklich nicht nur an Seniorinnen und Senioren. Es sei zunächst einmal altersunabhängig, betont Christoph van Bürk, Sprecher der Vestischen. So könnten auch diejenigen profitieren, die womöglich aus Krankheitsgründen nicht mehr fahren können oder nach einem Unfall.

ÖPNV als gute Alternative zum Auto in der Stadt

Nichtsdestotrotz liegt es nahe, dass damit auch die große Gruppe der Seniorinnen und Senioren angesprochen werden soll. Wer sich vielleicht nicht mehr mit vollen Straßen, Staus, drängelnden Hinterleuten, Hupen und der nervigen Parkplatzsuche auseinandersetzen möchte, für den sei das Angebot gedacht. Und womöglich sind solche Sachen im Alter mit mehr Stress verbunden als früher.

Und so äußert sich dann auch Gladbecks Stadtbaurat und erster Beigeordneter, Volker Kreuzer: „Mobilität im Alter ist wichtig für eine hohe Lebensqualität. Aber es muss nicht das Auto sein.“ Dies sei besonders dann wichtig, wenn sich Seniorinnen und Senioren nicht mehr sicher fühlen oder die Fahrt mit dem PKW zu beschwerlich ist. Dann ist der ÖPNV eine gute Alternative, um sich in der Stadt und darüber hinaus fortzubewegen.

Gladbecker Seniorenbeirat unterstützt die Aktion vor Ort

Unterstützt wird die Aktion in Gladbeck vom Seniorenbeirat. Dessen Vorsitzender Friedhelm Horbach geht davon aus, dass das Angebot durch das Deutschland-Ticket noch einmal attraktiver wird. Denn das Ticket an sich sei bei vielen Seniorinnen und Senioren beliebt, berichtet er aus Gesprächen. „Ich kenne einige, die nutzen das Ticket, um damit die Region zu erkunden und auch mal in anderen Städten unterwegs zu sein. Das ist fast schon ein Hobby.“

Gleichzeitig weiß Horbach aber auch, dass vielen Menschen der endgültige Verzicht auf den Führerschein schwerfalle. „Das ist eine mentale Sache“, so seine Einschätzung. Selbst diejenigen, die für sich entschieden hätten, nicht mehr selbst zu fahren, scheuten diesen letzten, endgültigen Schritt.

Viele Menschen tun sich schwer, endgültig auf den Führerschein zu verzichten

„Der Führerscheinerwerb war einfach ein toller und wichtiger Schritt in die Selbstständigkeit, oft hatte man in der Generation da auch lange drauf gespart. Daran hängen auch Erinnerungen.“ Das sei für manche Menschen einfach wertvoll. Vestische-Geschäftsführer Martin Schmidt ergänzt: „Es ist sicherlich nicht leicht, die Fahrerlaubnis dauerhaft abzugeben. Aber es ist ein beispielhafter und vorbildlicher Schritt.“

Eine Gladbeckerin, die zu den ersten gehörte, die 2016 ihren Führerschein abgegeben hatte – die Augen war schlechter geworden – lobte das Projekt schon 2017: Das Schönste am Busfahren sei, dass sie sich nun keine Gedanken mehr über Parkmöglichkeiten machen müsse. Und: „Man trifft Leute, die man sonst gar nicht sieht.“ Die Pläuschchen an der Haltestelle und im Bus genieße sie sehr. Aber auch diese Teilnehmerin hat sich damals nicht ganz von ihrem „Lappen“ getrennt. Er wurde ungültig gestempelt und dann als Erinnerung mit nach Hause genommen.

241 Gladbeckerinnen und Gladbecker haben seit 2016 davon Gebrauch gemacht und ihren Führerschein gegen das ÖPNV-Ticket eingetauscht, 74 von ihnen haben im Anschluss an die kostenlose dreimonatige Testphase ein Abo abgeschlossen. Nach dem Start in Gladbeck wurde das Projekt ausgeweitet auf Recklinghausen (2018), Dorsten, Herten, Marl und Oer-Erkenschwick (alle 2019). Insgesamt hätten, so die Vestische, rund 600 Menschen mitgemacht, 152 von ihnen seien im Anschluss ins Abo gewechselt.

Die Stadt Gladbeck spricht in dem Zusammenhang von einem „Erfolgsmodell“. Volker Kreuzer dankt der Vestischen für die Aktion und das gelungene Pilotprojekt in Gladbeck: „ Als Verwaltung unterstützen wir das Angebot auch mit dem Deutschland-Ticket weiterhin gern – es bietet älteren Menschen letztlich noch mehr Möglichkeiten als bisher.“

Bürgeramt ist die erste Anlaufstelle

So funktioniert der Umtausch: Interessierte gehen mit ihrer Fahrerlaubnis und Personalausweis oder Reisepass zum Bürgeramt der Stadt Gladbeck, im Erdgeschoss des neuen Rathauses. Dort erhalten sie im Gegenzug ein Gutscheinformular der Vestischen, mit dem sie in einem Kunden-Center der Vestischen oder per Post das Deutschland-Ticket erhalten.

Über weitere Details und Kontakte informiert die Vestische in einem Flyer, der in allen Kunden-Centern, Verkaufsstellen und in den Bürgerbüros der Kommunen ausliegt sowie bei den Seniorenbeiräten erhältlich ist. Er ist zudem auf der Internetseite des Nahverkehrsunternehmens unter www.vestische.de/mobil-ohne-auto zu lesen. 

Auch der Gladbecker Seniorenbeirat informiert in seinen Publikationen über das Projekt und steht auch für Fragen zur Verfügung.

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