Gladbeck. Die Vier-Tage-Woche setzen in Gladbeck nur zwei Betriebe um. Darum entscheiden sich viele andere dagegen. So läuft sie bei Elektro Kramwinkel.

Freitags haben die Mitarbeiter von Elektro Kramwinkel frei, in der Zahnarztpraxis von Julia Domin haben die Mitarbeiter ebenfalls immer an einem Tag in der Woche frei. Die beiden Gladbecker Unternehmen bieten die Vier-Tage-Woche an – und machen damit gute Erfahrungen. Auch eine aktuelle Studie der Universität Münster zeigt, dass die meisten Betriebe mit dieser Option für ihre Mitarbeiter damit zufrieden sind. Doch viele Unternehmen in Gladbeck entscheiden sich gegen diese Möglichkeit.

Auch für Carolina Volk, Geschäftsführerin von Völker Tiefbau, ist es unvorstellbar, eine Vier-Tage-Woche für ihre Mitarbeiter einzurichten. Und das hat einen einfachen Grund: Das Unternehmen ist auf Baustellen im öffentlichen Bereich tätig, die Arbeit an nur vier Tagen in der Woche würde zu einer „erheblichen Mehrbelastung der Anwohner und zu viel Unmut führen, wenn sie sehen, dass die Baustelle an einem Tag stillsteht“, so Volk.

VGW: Bei vielen Betrieben würde Vier-Tage-Woche nicht funktionieren

Im Gegenteil: Wenn es bei einer Baustelle Verzögerungen gibt, müsse auch mal samstags gearbeitet werden. Für die Büromitarbeiter möchte Volk die Vier-Tage-Woche in ihrem Unternehmen ebenfalls nicht anbieten, aus Fairness-Gründen. „Das wäre nicht gut fürs Betriebsklima.“ In Bewerbungsgesprächen werde sie nach dieser Möglichkeit aber auch nicht gefragt, so die Geschäftsführerin.

Bei Elektro Kramwinkel gilt die Vier-Tage-Woche, freitags bleibt der Betrieb geschlossen.
Bei Elektro Kramwinkel gilt die Vier-Tage-Woche, freitags bleibt der Betrieb geschlossen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Auch Elisabeth Kolberg, Geschäftsführerin des Vereins zur Förderung der Gladbecker Wirtschaft (VGW), höre von vielen Firmen, die sagen, dass eine Vier-Tage-Woche bei ihnen nicht funktionieren könne. Dazu gehörten auch große Unternehmen wie Rockwool oder Ineos Phenol. „Es gibt aber zahlreiche Betriebe, die recht flexible Arbeitszeitmodelle haben“, sagt Kolberg. Arbeitgeber seien inzwischen sehr kreativ, um auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter einzugehen. Sie wisse nur von der Zahnarztpraxis Domin und Elektro Kramwinkel, dass sie die Vier-Tage-Woche anbieten. „Wir machen in dieser Hinsicht aber auch keine Abfrage unter unseren Mitgliedern.“ 

Ineos Phenol muss Anlagen immer verfügbar halten

Der Betrieb bei Ineos Phenol läuft rund um die Uhr. „Wir müssen unsere Anlagen immer verfügbar halten“, begründet Geschäftsführer Benie Marotz den Entschluss gegen dieses Arbeitszeitmodell. Eine Vier-Tage-Woche sei nicht umsetzbar. Das betreffe aber wohl einen Großteil der chemischen Industrie, so Marotz. Im Tarifvertrag der IGBCE sei zudem eine Arbeitszeit von 37,5 Stunden pro Woche vereinbart. „Das ist schon weniger als in vielen anderen Branchen.“ Zudem hätten die Mitarbeiter die Möglichkeit, über einen „Zukunftsbetrag“ bis zu fünf Tage im Jahr in Freizeit zu investieren. Bei Ineos Phenol werde das viel genutzt.

Eine Arbeitszeitreduzierung ist auch für die Stadtverwaltung nicht darstellbar. Stadtsprecher David Hennig antwortete zu Beginn des Jahres auf eine Anfrage dieser Redaktion nach einer 35-Stunden-Woche bereits so: „Die Stadtverwaltung ist an tarifliche und beamtenrechtliche Rahmenbedingungen gebunden, die berücksichtigt werden müssen. Hier sind wir nicht frei in der Ausgestaltung, wie etwa ein privates Unternehmen“.

Elektro-Betrieb macht durchweg positive Erfahrungen mit der Vier-Tage-Woche

Dass kaum Unternehmen in Gladbeck die Vier-Tage-Woche anbieten, kann Berthold Kückelmann, Geschäftsführer von Elektro Kramwinkel, nicht nachvollziehen, er mache schließlich durchweg positive Erfahrungen mit seinem Modell. „Die Mitarbeiter-Zufriedenheit ist enorm gestiegen.“ Viele höre er immer staunen über sein Projekt. Und eine Studie, wie jetzt von der Uni Münster, brauche er nicht, um zu wissen, dass es funktioniert. „Ich habe meine Studie hier selber erstellt“, sagt er. Bei vielen Unternehmern gebe es Vorbehalte, dass die Umsätze nicht zu halten seien, aber Kückelmann weiß: „Man schafft die Umsätze“.

Bei Elektro Kramwinkel gilt am Donnerstag, 04. Mai 2023 in Gladbeck die Vier-Tage-Woche. Geschäftsführer Berthold Kückelmann, Prokurist Maik Frank und Meister Marc Brecko stehen im Lager der Firma. Foto: Ingo Otto / FUNKE Foto Services

„Viele Menschen stehen unter Leistungsdruck. Wir versuchen hier zu entschleunigen.“

Berthold Kückelmann

Vor zweieinhalb Jahren führte er die Umstellung auf die Vier-Tage-Woche ein. Inzwischen bekommt Kückelmann auch Bewerbungen von potenziellen Mitarbeitern gezielt wegen dieses Modells. Auch von Jugendlichen, die eine Ausbildung machen wollen, gebe es mehr Bewerbungen. „Viele Menschen stehen unter Leistungsdruck. Wir versuchen hier zu entschleunigen.“

[Gladbeck-Newsletter: hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook | Hier gibt‘s die aktuellen Gladbeck-Nachrichten einmal am Tag bei WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehrartikel | Alle Artikel aus Gladbeck]