Gladbeck. An Gladbecker Schulen entscheidet sich, wer versetzt wird oder den Schulabschluss erreicht. Rektoren sagen, inwiefern sich Corona noch auswirkt.

Das Schuljahr nähert sich dem Ende und die Zeugnisse entscheiden darüber, ob die Versetzung geschafft wurde und, noch wichtiger für die Abgangsjahrgänge, ob der Schulabschluss erfolgreich gelingt. Die Corona-Pandemie hatte besonders von März 2020 bis Mai 2021 zu massivem Unterrichtsausfall und Distanzlernen geführt. So entstanden teils Bildungslücken, die über Förderprogramme des Landes und Bundes geschlossen werden sollten. Ob dies an den weiterführenden Schulen in Gladbeck gelungen ist, sagen Rektorinnen und Rektoren mit Blick auf die Zeugniskonferenzen.

Wichtige Meilensteine in den Schülerkarrieren sind dabei die sechste und neunte bzw. zehnte Jahrgangsstufe. Zum einen, weil für die jüngeren Kinder dann die Erprobungsstufe endet, und entschieden werden muss, ob die gewählte Schulform für das aktuelle Leistungsvermögen weiter geeignet ist. Zum anderen ist etwa an den Realschulen für Neuntklässler, die schon einmal sitzengeblieben sind, kein weiteres Wiederholen möglich. Sie müssen ihre Realschule verlassen, um gegebenenfalls an einer andern Schule den Hauptschulabschluss zu erlangen. An den Gymnasien ist es wiederum spannend, ob der Notenschnitt für den Einstieg in die Oberstufe ausreicht.

Kompetenz Allgemeinsprache in Bildungssprache umzuwandeln hat Corona erschwert

Im Rahmen des landesweiten Programms „Aufholen nach Corona“ konnte das Heisenberg-Gymnasium Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 6 und 7 ein besonderes musikalisches Highlight bieten: Cajon-Workshops mit Profischlagzeuger Matthias Philipzen. Mit den Workshops sollte das soziale Miteinander, Motorik, Rhythmusgefühl und Konzentrationsfähigkeit gefördert werden.
Im Rahmen des landesweiten Programms „Aufholen nach Corona“ konnte das Heisenberg-Gymnasium Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 6 und 7 ein besonderes musikalisches Highlight bieten: Cajon-Workshops mit Profischlagzeuger Matthias Philipzen. Mit den Workshops sollte das soziale Miteinander, Motorik, Rhythmusgefühl und Konzentrationsfähigkeit gefördert werden. © Heisenberg-Gymnasium | NN

„Wir haben bei besonders schwachen Schülern in der Unter- und Mittelstufe beraten, dass es sinnvoller ist, den Jahrgang zu wiederholen, um coronabedingte Wissenslücken aufzuholen“, berichtet Alrun ten Have, Schulleiterin der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule. Viele Eltern hätten sich dagegen entschieden, gehofft dass die Beteuerungen ihrer Kinder, sich jetzt voll anstrengen zu wollen, Wirkung zeigten. „In Einzelfällen“, sei das auch gelungen, „bei vielen andern Schülern aber nicht“.

Das Kollegium in der Unterstufe habe zudem festgestellt, dass viele Kinder durch die Coronaauszeiten Schwierigkeiten bei der Kompetenz gehabt hätten, „Allgemeinsprache in Bildungssprache umzuwandeln“. Denn sie hätten daheim weniger Fachtexte gelesen und bearbeitet als sonst beim Präsenzunterricht in der Schule. Aufgrund des nach den Corona-Turbulenzen im vergangenen Schuljahr wieder geregelten Schulbetriebes und Förderprogrammen sei es aber gelungen, zu einer Normalität zurückzufinden, mit Wiederholer- oder Sitzenbleiberquoten wie vor der Pandemie. Besonders schön sei, so die Direktorin, dass von der aktuellen Abiturientia, bis auf eine Schülerin mit Fachhochschulreife „alle ihr Abitur geschafft haben“.

An der Hauptschule ist es gelungen, den wesentlichen Lernstoff zu vermitteln

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Hauptschuldirektor Peter Washausen sagt auch, dass sich die Wiederholerquote „mittlerweile in normalen Bahnen bewegt“. Dies, obgleich zusätzliche Förderprogramme am Ende des Nachmittagsunterrichtes nach 16 Uhr „bei den Schülern auf kein Interesse gestoßen sind“. Durch die vorhandenen Unterstützungsprogramme und Komprimierung des Unterrichtsstoffes auf die Kerninhalte sei es aber gelungen, den wesentlichen Lernstoff zu vermitteln. Stark unter den coronabedingten Ausfällen habe aber die Internationale Förderklasse gelitten, die von geflüchteten Kindern besucht werde, „mit großen Rückschritten, da der deutsche Sprachgebrauch in der Distanz nicht möglich war“.

809 Bildungsgutscheine ausgegeben

Das Amt für Bildung und Erziehung der Stadt Gladbeck hat bislang 809 Bildungsgutscheine an Gladbecker Schulen ausgegeben. Die jeweilige Kontingentgröße richte sich an den Schülerzahlen aus und habe zwischen 16 bis zu 101 Bildungsgutscheinen gelegen, so Anna Langhoff vom Presseamt der Stadt.Die Lehrer würden dann mitentscheiden, welcher Schüler einen Bildungsgutschein für außerschulische Fördermaßnahmen erhalte. Jeder Gutschein beinhalte Förderung zur Finanzierung von zehn Lerneinheiten über jeweils 90 Minuten bei Schülerhilfe & Co.

An der Erich-Kästner-Realschule wurden indes Förderprogramme wie „Komm mit! Fördern statt Sitzenbleiben“, eine gemeinsame Initiative des Schulministeriums und Vertretern von Lehrerorganisationen in Nordrhein-Westfalen, „gut angenommen“, sagt die erste stellvertretende Schulleiterin Linda Allwermann. „Damit konnten wir einiges auffangen“. Mit der Initiative soll die Sitzenbleiberquote in den Jahrgangsstufen 7, 8 und 9 schrittweise reduziert werden. Zudem seien über die Stadt Gladbeck ausgegebene Bildungsgutscheine von zahlreichen Schülerinnen und Schülern in Anspruch genommen worden.

Die Nachhaltigkeit der Förderprogramme muss sich noch erweisen

Bildungsgutscheine, die für externe Unterstützung, etwa Schülerhilfe-Bildungsinstitute eingesetzt werden können, wurden auch am Heisenberg-Gymnasium genutzt. „Für Schülerinnen und Schüler bis zur neunten Klasse haben wir 62 Stück ausgegeben“, so Direktor Peter Hogrebe. Zudem seien Förderprogramme wie „Extra-Zeit zum Lernen“ oder „Aufholen nach Corona“ für die Kompensation von Lernrückständen und Sozialkompetenzen am Heisenberg-Gymnasium erfolgreich eingeführt worden. Die Nachhaltigkeit müsse sich noch erweisen. Corona habe zu mehr Wiederholern geführt, die Situation bewege sich jetzt aber wieder in normalen Bahnen.

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Auch an der Werner-von-Siemens-Realschule habe sich die Sitzenbleiberquoten normalisiert. „Wie vor Corona sind es in den höheren Klassen im Schnitt zwei bis drei pro Klasse, die nicht weiter kommen und am Ende der Erprobungsstufe etwa drei Kinder pro Klasse, die die Schule wechseln müssen“, so Direktor Daniel Kroll. Zum Beispiel zur Gesamt- oder Hauptschule. Die Coronafolgen habe die Schule im Lernstoff insgesamt gut auffangen können. Auffällig sei indes, dass unter Corona Sozialkompetenzen gelitten hätten, die noch nachwirkten. Kroll: „Streitigkeiten zwischen den Schülern eskalieren eher als vor der Pandemie.“

Es bleibe abzuwarten, wie es im Herbst mit Corona weitergeht

In der benachbarten Anne-Frank-Realschule sagt Schulleiter André Luciga, dass nach dem vorherigen viel schwierigen Corona-Schuljahr nun wieder Normalität eingekehrt sei, „signifikante Ausreißer gibt es nicht mehr und auch in der Jahrgangsstufe neun seien es nur ein bis zwei Kinder pro Klasse, „die die Schule verlassen müssen“. Das Schuljahr ist gut gelaufen und war coronamäßig nicht auffällig. Ob das auch in Zukunft so ist, bleibe abzuwarten, sagt Luciga mit Blick auf die steigende Inzidenz, „wir müssen sehen, wie es nach den Sommerferien im Herbst mit Corona weitergeht“.