Gladbeck. Gladbecker Firmen haben Partner oder Tochterunternehmen im Reich der Mitte. Die behördlichen Einschränkungen in China betreffen sie teils direkt.
In Gladbeck beobachten die Vertreter einiger Unternehmen die Ausbreitung des Coronavirus mit besonderer Aufmerksamkeit. Hintergrund: Sie haben enge Handelsbeziehungen in das Reich der Mitte, oder sogar eigene Tochterunternehmen mit Niederlassungen in chinesischen Städten. Geschäftsreisen werden gecancelt und werden per se immer schwieriger, da auch die Lufthansa aktuell alle Flüge nach China gestrichen, und die Weltgesundheitsorganisation WHO eine internationale Notlage ausgerufen hat. Er gehe zudem davon aus, sagt Unternehmer Thomas Heib, „dass die offiziellen Zahlen der Krankheits- und Todesfälle, die von den chinesischen Regierungsbehörden genannt werden, nicht dem tatsächlichen Ausmaß der Coronavirus-Epidemie entsprechen“.
Diese Zweifel hat der Gladbecker nach Gesprächen mit chinesischen Handelspartnern, die ihm von teils dramatischen Situationen in langen Schlangen wartender erkrankter Menschen vor Krankenhäusern berichtet hätten, so der Gladbecker. Der Chef des Großhandelsunternehmens Heib Service beliefert Sonderposten- und Discountmärkte in ganz Deutschland mit Produkten aus China. Für April hat er schon vor geraumer Zeit einen Flug nach Kanton gebucht, „denn dort findet dann die weltgrößte Export-Messe statt“. Ob er tatsächlich fliegt, „weiß ich noch nicht“, sagt Thomas Heib. Er könne sich aber nicht vorstellen, „dass eine so wichtige Handelsmesse wegen der Coronavirus-Epidemie abgesagt wird“.
Sämtliche Dienstreisen nach China wurden gestrichen
Bei Lenord & Bauer „sind sämtliche Dienstreisen nach China gestrichen“, informiert Firmenchef Matthias Lenord auf Anfrage. Der Spezialist für Automatisierungstechnik mit Produktionsstätte an der Heinrich-Hertz-Straße in Rentfort hat eine Tochterfirma in Shanghai. „Die ist jetzt aber, wie alle Firmen in der Stadt, komplett geschlossen.“ Dies sei von den Behörden bis zum 9. Februar angeordnet worden, um die Ausbreitungsmöglichkeit des Coronavirus einzudämmen. Eine Anordnung, die sieben Mitarbeiter betreffe, „denen es aber allen gut geht“. Am Donnerstagmorgen habe er dazu noch mit dem dortigen Geschäftsführer Timo Ren telefoniert.
Die epidemiebedingten Einschränkungen treffe die Maschinenbaubranche, sagt Lenord, da das durch die Automobilkrise und den USA-China-Handelsstreit schwächelnde Geschäft gerade wieder angezogen habe. „Wir selbst befanden uns kurz vor dem Vertragsabschluss mit einem chinesischen Kunden, der jetzt erst einmal ausgesetzt werden musste“, so Lenord. Abzuwarten bleibe, „ob die wichtigste Messe für Werkzeugmaschinen, CCMT, Anfang April in Shanghai stattfindet“. Er selbst habe dort hinfliegen wollen, aber schon jetzt entschieden, „auch bei einer Durchführung lieber noch nicht nach China zu reisen“ und sich stattdessen auf das Team vor Ort zu verlassen.
Noch ist unklar, ob Fachmessen in China stattfinden oder abgesagt werden
Eine Fachmesse Ende April in Shanghai hat auch Giovanni Catania im Blick. Dort will der Geschäftsführer von Atech Innovations auf einem Gemeinschaftsstand mit weiteren deutschen Unternehmen die Produkte präsentieren, die im Innovationspark in Gladbeck hergestellt werden. Konkret sind dies Keramische Membranen für Filtrationsanlagen von Kunden in aller Welt in den Bereichen Chemie und Biotechnologie, Ernährungs- und Getränkeindustrie sowie Abwasserbehandlung und Recycling. Die Mitarbeiter des Vertriebs in China hätten sich nicht in der von der Epidemie betroffenen Provinz aufgehalten, seien „alle frisch und munter“. Und er warte zunächst auch gelassen die weitere Entwicklung ab, so Catania.
Regelmäßigen Kontakt nach China hat auch die CFT GmbH Compact Filter Technic mit Sitz an der Beisenstraße. Der Spezialist für lufttechnische Anlagen produziert maßgeschneiderte Lösungen für den Berg- und Tunnelbau der Kunden weltweit. Der chinesische Markt wird über die Schwesterunternehmen Shanxi Tiandi CFT Technology Co. Ltd. und CFH (Shanxi) Technology Co. Ltd. im Norden Chinas beliefert und betreut. „Unser zuständiger deutscher Gebietsvertriebsleiter fliegt regelmäßig, etwa alle sechs bis acht Wochen, nach China“, so Marketingmitarbeiterin Dominique Mattei. Vor vier Wochen habe die letzte Dienstreise stattgefunden, Krankheitssymptome hätten sich beim Kollegen nicht gezeigt. Die maßgeblich betroffene Krisenregion rund um Wuhan liege auch gut 1.000 Kilometer von den Schwesterunternehmen entfernt. Man werde jetzt die weitere Situation beobachten. „Und aktuell ist keine Dienstreise nach China geplant“, so Dominique Mattei.