Gladbeck. Kommunalwahl ist vier Wochen her, aber fertig ist die CDU mit der Analyse noch nicht. Ein Ratsmandat weniger, das macht nicht zufrieden. Peter Rademacher, der neue Fraktionschef, guckt nach vorn und setzt mit Stellvertreter Dietmar Drosdzol die Segel für einen neuen Kurs. Die WAZ sprach mit ihnen.
. Die Kommunalwahl war vor vier Wochen, aber ganz fertig ist die CDU mit der Analyse ihres Wahlergebnisses noch nicht. Statt die Zahl der Mandate von 12 auf 14 zu steigern, sitzt die zweitstärkste Fraktion jetzt nur noch mit elf Mitgliedern im Rat. Das macht nicht zufrieden, doch was nutzt alles Grübeln: Peter Rademacher, der neu gewählte junge Fraktionsvorsitzende (36) guckt lieber nach vorn als zurück und setzt mit Stellvertreter Dietmar Drosdzol (50) die Segel für einen neuen Kurs.
Was soll sich ändern?
„Gute Ideen reichen nicht aus. Wir müssen näher bei den Menschen sein, noch viel mehr mit der Bürgerbrille auf Gladbeck schauen“, ist eine Lehre, die das neue Fraktionsduo aus den letzten zwei Wahldebakeln zieht (2009 war ja auch nicht besser). Nicht nur der politische Blick soll mehr der eines Kümmerers werden, auch die Kommunikation soll anders sein: „Wir wollen einfacher und klarer ‘rüberbringen, was die CDU will“, so Rademacher, der die sozialen Medien wie Facebook dafür ebenso nutzen will. Und die Politikarbeit im Rat soll keine Ein-Mann-Show werden. Bedeutet: Jeder kann im Rat sich zu Bereichen äußern, in denen er oder sie die Kompetenz hat. Weniger Hierarchie also, mehr (Basis-)Demokratie und damit mehr Verteilung der Verantwortung auf alle.
Mehr Sachlichkeit bei den Themen und auch der Ton in der Debatte sollte sachlicher sein, das schreibt die CDU ebenso auf ihre Fahnen für die nächsten sechs Jahre. Allerdings: „Wir wollen ebenso fair und respektvoll behandelt werden“, gibt Rademacher das Signal an Genossen und Bürgermeister, mit denen die CDU in der Vergangenheit häufiger in Scharmützel geraten war. Ein Wunsch: „Es sollte keine Idee nur wegen der politischen Farbe abgelehnt werden, sagt Dietmar Drosdzol. Denn „auch die SPD kann mit uns über alles reden“, gibt die Fraktionsspitze ein Signal.
Was wollen sie denn?
Ganz oben auf der To-Do-Liste steht verantwortungsvolle Umgang mit den knappen Ressourcen, sprich finanziellen Mitteln. Zu vage sind ihnen einige Sparmaßnahmen im Haushaltssanierungsplan formuliert, der Blick nach vorn müsse sich auch auf den Tag nach dem Stärkungspakt richten, wenn die Landeshilfen ausgelaufen sind. „Wie geht es dann weiter?“ nimmt Rademacher 2021 in den Blick. Deshalb müssten vorher auch unangenehme Sparthemen auf den Tisch: Der Bücherbus, den man vielleicht eine Nummer kleiner und als Sponsoring-Modell fahren lassen könnte. Die Vogelinsel, die zwei Tierpfleger beschäftigen muss, weil sie als Zoo gilt.
Besser darauf verzichten oder kleiner fahren, als am Ende Steuern zu erhöhen, lautet die Position der CDU. Denn Steuererhöhungen treffen die Mittelschicht, als deren Anwalt sich die CDU versteht. „Fünf oder zehn Euro tun Familien auch weh.“
Zukunftsfragen: Was brauchen wir?
„Was brauchen wir in welcher Qualität in 10, 20 Jahren?“ Das müsse eine grundsätzliche Frage für die Gestaltung der künftigen Infrastruktur einer Stadt sein, in der wenigere und ältere Menschen leben. Die CDU scheut sich nicht, heikle Themen anzusprechen. Rademacher: „Die Schulpolitik wird ein Thema sein und die Frage, die sich im Zusammenhang mit der Sanierung des Heisenberg-Gymnasiums stellt: Brauchen wir drei Gymnasien?“ Reden müsse man auch über die künftige Nutzung der (auslaufenden) Hermannschule, der schon geschlossenen Butendorfer Hauptschule, der (auslaufenden) Albert-Schweizer-Grundschule . . .
Und was passiert mit alten Wohnsiedlungen, deren energetische Sanierung sich nicht lohnt? „Gladbeck braucht Bauland für Familien, damit lockt man Leistungsträger an. Das müsste bei der Überplanung von Stadtquartieren eine Überlegung sein“, so Rademacher.
Wenn es nach der CDU ginge, gäbe es längst grünes Licht für ein Windrad auf der Mottbruchhalde. „Das stört da oben keinen Menschen“, sagt der Rosenhügeler Drosdzol. Der Eingriff in die Natur sei im landschaftlich grünen Rentfort, das als alleinige Windvorrangzone ausgewiesen werden soll (die Bezirksregierung hat den Gladbecker Ratsbeschluss wegen Formfehlern aber noch nicht anerkannt) viel gravierender als auf der Halde.
Mehr Bürgerbeteiligung beim Stadtgrün wünscht die CDU, um Kosten bei der aufwändigen Pflege zu reduzieren. Überhaupt sollte es mehr Sträucher und weniger Bäume in der Stadt geben, „die gehören in den Wald“. Ein ganz konkreter Vorschlag: Abschaffung der Gladbecker Baumsatzung. Das spare ein bis anderthalb Stellen in der Verwaltung und sei ein Signal an den mündigen Bürger: „Dem kann man durchaus zutrauen, dass er auch ohne Satzung in seinem Garten Bäume erhält und nicht alles zubetoniert.“ In anderen Städten funktioniere das auch, betonen Rademacher und Drosdzol.
Apropos andere Städte: Die CDU sieht viel (Spar-)Potenzial in einer stärkeren interkommunalen Zusammenarbeit auf vielen Ebenen: gemeinsames Fuhrparkmanagement, gegenseitige Hilfe bei der Feuerwehr, gemeinsame Anschaffungen teurer Spezialgeräte oder -fahrzeuge.