Gladbeck.
Es ist die Etappe der Ortseingangsschilder: Auf keiner der bisherigen Etappen sahen die WAZ-Grenzwanderer so oft die knatschgelben Ortsmarken wie bei der Tour vom Rosenhügel bis in den tiefen Braucker Süden. Der Streckenabschnitt entpuppte sich als Gang zwischen den Städten. Nirgendwo sonst durchpflügt die Stadtgrenze derart Straßen, Gärten und Höfe, windet sich um so um die Wohnhäuser.
Es beginnt ganz beschaulich an der Holthauser Straße. Mit dabei ist diesmal Wolfgang Rossmann, der Walter Hüßhoff ablöst. Von der Ecke Sauerländer Straße stiefeln die Grenzwanderer los – in die Veilchenstraße und damit direkt auf der Stadtgrenze. „Rechte Hand, auf Gladbecker Seite“, erklärt Rossmann, „entstanden hier nach dem Krieg erst die bekannten Nissenhütten als Notunterkünfte, danach einfache Holzhäuser.“ Später bildete sich der Gartenbauverein Rosenhügel, „Ede Zielinski war lange, lange der Vorsitzende.“ Längst hat sich über die Jahrzehnte eine schmucke Siedlung entwickelt, was ein Blick in die Taunusstraße bestätigt.
Auf einem Trampelpfad quert das Duo das Brachland zwischen Nelken- und Rosenstraße – genau entlang der Grenze. Hier planen Gladbeck und Gelsenkirchen schon seit IBA-Tagen ein gemeinsames Wohngebiet, eigens wurden Grenzbegradigungen durchgeführt. „Schade, dass bislang so wenig daraus geworden ist“, merkt Rossmann an.
Bis auf den Haselnussweg (GE) und die Straße Am Bergerot, wo auch Gladbecks östlichstes Haus der Familie Flenker liegt, ist nicht will gebaut worden. „Fünf Häuser gehören zu Horst, der Rest zu Gladbeck“, klärt uns der vorbei eilende Postbote auf. Frank Ladnorg und Sohn Marius, die aus dem Auto steigen, wohnen in einem Horster Haus. Die Stadtgrenze verläuft an der Garage und hinterm Garten her. „Für uns ganz normal“, sagt Frank Ladnorg. „Aber mir war wichtig, auf Gelsenkirchener Seite zu wohnen!“ Allerdings sei es komisch, dass man beim Telefonieren mit den Nachbarn die Vorwahl benutzen muss.
Über die Rosenstraße erreichen die Wanderer nochmal die Holthauser Straße. Der ehemalige Grenzgasthof Burg (früher Büscher) liegt direkt am Ortseingangsschild, gehört aber zu Gladbeck. „Hier trafen sich früher viel die Rosenhügeler Vereine“, weiß Rossmann. Er sieht verlassen aus, eine Bewohnerin verrät, drinnen sei alles beim alten.Vielleicht werde er bald wieder öffnen.
Zurück auf der Rosenstraße Richtung Kärntener Ring winkt uns freundlich Hildegard Kaßner von ihrem Balkon aus zu. Die Horsterin führt ein Leben auf der Grenze, „die stört nicht, 32 Jahre wohnen wir schon hier.“ Die Stadtgrenze umschließt ihr Haus, ihre Nachbarn nebenan sind Gladbecker.
In Höhe Hügelstraße kreuzt die Grenze die Wiesmannstraße. Dort, nahe dem Ortsausgangsschild, steht ein Wegekreuz der Braucker Marien-Gemeinde. „Ein Bronzerelief aus Mainsandstein von 1960“, weiß Rossmann, der über den schlechten Zustand erstaunt ist. „Das ist ja dem Verfall preisgegeben.“ Rossmann meint, das wäre ein Fall für den Förderverein von St. Marien.
Beim Überqueren der Wiesmannstraße erinnert sich der Braucker an alte Zeiten. „Noch 1978 hätten wir auf die Straßenbahnlinie 10 acht geben müssen.“ Durch die Horster Enklave rund um die Reichberger Straße gelangen wir in die Sackgasse der Horster Straße – die alte, historische Wegeverbindung Gladbeck-Horst. Am Ortsausgangsschild erinnert Rossmann daran, dass hier einst die „Todesbrücke“ begann.
Anwohner zeigt den Grenzverlauf
Dort trifft das Duo Anwohner Uwe Rector. Der nimmt sich Zeit und zeigt uns genau, um welche Häuser, Höfe und Gärten sich die Grenze ins Hinterland schlängelt. „Dahinten, das ist schon der Buterweg wieder auf Gladbecker Seite.“ Über den Horster Schollbruch und einen Abkürzungsweg über das Sportgelände erreichen wir die Bottroper Straße, die an der Grenze in Höhe Tankstelle zur Brauckstraße wird.
Rossmann weist auf den Stichweg rechts hin, eine tolle Pappelallee führt auf den ansehnlichen Reiterhof Hubertus. Über einen Fußweg zum Waterbruch und über die Emmichstraße erreichen zunächst den tiefsten Punkt der Tour mit 19 m NN und danach das Städtedreieck Essen/Gelsenkirchen/Gladbeck mit den südlichsten Punkt unserer Reise. Mit einem Schlenker rechts herum gelangen wir auf die Emscher-straße und damit nach 3,8 km zum Ziel der Etappe – wo nochmal ein gelbes Ortseingangsschild wartet.
Tipps für Grenzwanderer
Ein Muss für Grenzwanderer ist auf dieser Etappe, auch wenn es ein wenig abseits liegt, das Schloß Horst. Es ist eines der prächtigsten Renaissance-Bauwerke in Nordwestdeutschland. Eine Gastronomie mit Biergarten lädt zum Verweilen ein. Legendär ist die „Todesbrücke“, die es einst am Ende der Horster Straße gab. 1909 für die Straßenbahn erbaut, wurde sie in den 50ern abgebrochen.