Gelsenkirchen. Ein Senior, der Filme liebt. Und ein 14-Jähriger, der Bücher verschlingt: Es überrascht, wer die Stadtbibliothek Gelsenkirchen am meisten nutzt.

Werner Schürmann schaut am liebsten Spielfilme auf DVD oder Blu-Ray. Aber auch Dokumentationen mit historischem Hintergrund findet er sehr spannend. Auf seiner Suche nach Nachschub wird er stets in der Zentralbibliothek in der Altstadt fündig. Sage und schreibe 833 verschiedene Medien hat der Senior aus der Feldmark im Jahr 2024 dort ausgeliehen – so viele wie kein anderer Bücherei-Kunde in ganz Gelsenkirchen.

Er schaut Filme und Dokus, sie liest Romane

„Ich komme einmal in der Woche hierher und nehme dann immer gleich mehrere Filme mit“, erzählt der Senior beim Treffen in den Räumlichkeiten der Kinderbibliothek an der Ebertstraße. Komplett würde er sich aber nur jene Sachen anschauen, die ihn auch fesseln. „Ansonsten schalte ich spätestens nach einer halben Stunde ab.“

Für das Verschlingen von Büchern ist eher seine Frau Dorothea verantwortlich. Sie liest pro Woche mindestens einen Roman. Zuletzt hatte sie ganz viel Spaß mit dem „Buchspazierer“ von Autor Carsten Henn. Sie schaue aber auch, was in den Bestseller-Listen steht. „Und am wichtigsten sind mir die Empfehlungen meiner Freundinnen.“ Seit 16 Jahren sind die Schürmanns nun in Besitz eines Büchereiausweises. Und ihre hohen Ausleihzahlen belegen, welch wichtige Rolle diese Einrichtung in ihrem Alltag spielt.

Im Bildungszentrum Gelsenkirchen an der Ebertstraße sind neben der VHS auch die Zentral- und die Kinderbibliothek untergebracht.
Im Bildungszentrum Gelsenkirchen an der Ebertstraße sind neben der VHS auch die Zentral- und die Kinderbibliothek untergebracht. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Auf 820 Ausleihen in 2024 brachte es Joel Alken. Der 14-Jährige aus Buer ist mit seinem Vater Ulrich in die Bibliothek gekommen. „Ich lese am liebsten Fußball-Bücher“, sagt der Teenager. Der gesamte Stoff über die Bundesliga und ihre mittlerweile über 60-jährige Geschichte sei für ihn die begehrte Wunschlektüre, aber auch Comics dürfen es gern mal sein. „Ich lese am liebsten abends“, sagt Joel. Und sein Vater bestätigt, dass sich dieses Hobby auch positiv auf die schulischen Leistungen seines Sohnes ausgewirkt hätten. „Er hängt eben nicht nur dauernd vor dem Handy oder der Spielekonsole herum“, so Ulrich Alken.

Zahl der Ausleihen in Gelsenkirchen ist um vier Prozent zurückgegangen

Trotz Viel-Nutzern wie diesen sei die Zahl der Ausleihen insgesamt rückläufig gewesen, betont Bianca Herms, die Co-Leiterin der Stadtbibliothek. Wurden 2023 noch 652.509 Medien in ganz Gelsenkirchen ausgeliehen, so waren es im Vorjahr nur noch 625.679, was einem Minus von 4,1 Prozent entspricht. Den derzeit rund 20.000 aktiven Nutzern eines Büchereiausweises hätten im Vorjahr insgesamt 219.384 verschiedene Medien zur Ausleihe zur Verfügung gestanden. Den Löwenanteil mit 165.750 Exemplaren stellten dabei Romane und Sachbücher. Doch zum Gesamtangebot gehören auch DVDs, CDs, Hörbücher sowie Brett- und Konsolenspiele.

15.543 dieser Medien waren Neuanschaffungen. Im Jahr 2023 hatte es davon noch 19.417 gegeben. „Es gab im letzten Jahr aber einige Lieferprobleme der Einkaufszentrale für öffentliche Bibliotheken mit Sitz in Reutlingen“, startete Herms einen Erklärungsversuch. Hinzu sei ein Personalmangel in den eigenen Reihen gekommen. Statt wie sonst üblich sechs kümmerten sich ausfallbedingt nur zwei Kräfte um die Bearbeitung der Neuaufnahmen. Das sorgte für Verzögerungen.

Diese Situation habe sich inzwischen aber wieder gebessert, so die Co-Leiterin. „Wir hoffen, im Laufe dieses Jahres wieder alle sechs Stellen besetzt zu haben.“ Insgesamt 340.000 Euro stehen pro Jahr für den Ankauf neuer Medien zur Verfügung. Diese würden auch, aber nicht ausschließlich über den heimischen Buchhandel in Gelsenkirchen angeschafft. Das EU-Recht sieht eine Ausschreibungspflicht vor, sodass die Aufträge manchmal auch Buchhandlungen von auswärts erhalten, erklärt Herms.

Zum Team der Stadtbibliothek zählen rund 50 Mitarbeitende

Insgesamt umfasst das Team der Stadtbibliothek derzeit rund 50 Mitarbeitende. Sie engagieren sich in der Zentralbibliothek, der Kinderbibliothek (beide mit Sitz im Bildungszentrum), dem Medienmobil sowie in den Stadtteilbibliotheken in Buer, Erle und Horst. In allen genannten Stationen wurden in 2024 addiert 256.681 Besuche verzeichnet. 2023 waren es noch 276.988.

Öffnungszeiten und Preise

Der Bibliotheksausweis ist immer ein Jahr gültig. Er kostet für Erwachsene 16 Euro (ermäßigt: acht). Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahr ist er kostenlos erhältlich. Die Zentralbibliothek (Ebertstraße 19) ist von montags bis freitags von 11 bis 19 Uhr sowie samstags von 10 bis 13 Uhr geöffnet. Kontakt unter: 0209 169 28 19.

Derzeit nur dienstags und freitags (11-13 und 14-17 Uhr) ist die Stadtteilbibliothek Erle (Cranger Straße 323) geöffnet. Co-Leiterin Bianca Herms betont, dass derzeit geprüft werde, diese Öffnungszeiten zumindest ein Stück weit wieder auszuweiten.

Im Gegensatz dazu sind die virtuellen Besuchszahlen spürbar gestiegen - von 307.406 in 2023 auf 312.567 im Vorjahr. Gefragt seien laut Herms vor allem E-Books und Digital-Ausgaben von Tageszeitungen und Zeitschriften gewesen. Aber auch das Angebot an Musik- und Filmstreaming erfreue sich einer großen Nachfrage. „Es liegt im Trend, Nutzer bei uns zu sein, ohne vor Ort vorbeischauen zu müssen“, stellt Herms fest.

Die Stadtbibliothek wird immer öfter zum beliebten Lernort

Auffällig sei, dass das Gros der Kundschaft zu immer größeren Anteilen Schülerinnen, Schüler und Studierende seien, stellt Claudia Nobis aus der Öffentlichkeitsarbeit der Stadtbibliothek fest. „Sie nutzen unsere Räumlichkeiten bevorzugt als Lernort, wo sie in Ruhe arbeiten können.“ Ausleihen würden sie hingegen nicht mehr so viel wie früher. Das würden stattdessen vor allem die 14- bis 18-Jährigen, Senioren über 65 sowie Familien mit jungen Kindern tun.

Trotz der sinkenden Nutzungszahlen würde die Arbeit laut Co-Leiterin Herms „nicht weniger“. Das Haus sei immer voll. „Wir haben inzwischen an jedem Tag Führungen und Veranstaltungen.“ 977 habe es davon allein 2024 gegeben - mit insgesamt 19.039 Teilnehmenden. Ob Lesungen, Basteltreffen oder Vorlese-Nachmittage: Die Resonanz sei immer bestens, so Herms. Und sie hofft, dass sich dieser Trend in 2025 fortsetzt.