Gelsenkirchen-Beckhausen. Darum ist ein Jugendzentrum in Gelsenkirchen seit einem Dreivierteljahr geschlossen. Wegfallende Ferienbetreuung stellt Eltern vor Probleme.

Spielen, malen, basteln, gärtnern, dazu noch jede Menge (Indoor-)Sport: Das „Junos“, wie das Jugendzentrum Nottkampstraße liebevoll genannt wird, ist in Sachen Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche eine große Wundertüte, erst recht wegen seiner Kreativ-Projekte. Jedenfalls theoretisch. Praktisch ist die Schaffrather Einrichtung seit Mai 2024 für sie geschlossen. Die Mädchen und Jungen, so die Kritik aus der Politik, würden sich selbst überlassen – und berufstätige Eltern phasenweise in Betreuungsnot gestürzt.

Dass das Jugendheim seit einem Dreivierteljahr „dicht“ ist, begründet die Stadt als Träger mit fehlendem Personal: Die sozialpädagogische Fachkraft, die bis Ende April 2024 die Leitung innehatte, ist dauerhaft in eine andere Einrichtung gewechselt. Und die Bundesfreiwilligendienstlerin, die sie in ihrer Arbeit unterstützte, hat ihren Dienst beendet.

Stadt Gelsenkirchen: Mussten die Stellen zum zweiten Mal ausschreiben

Mittlerweile laufe die zweite Ausschreibungs- und Bewerbungsphase für zwei Vollzeitstellen, teilte Stadtsprecher Martin Schulmann auf Nachfrage der Redaktion mit. „In der ersten Runde haben wir keine bzw. nicht die passenden Fachkräfte mit der nötigen Qualifikation finden können. Es ist nun einmal in Zeiten des Fachkräftemangels schwierig, solche Stellen nachzubesetzen.“ In diesen Tagen hätten Bewerbungsgespräche stattgefunden, das Ergebnis stehe aber noch nicht fest.

Als Alternative verwies er auf Jugendheime in anderen Orts- bzw. Stadtteilen an der Buerer Straße sowie auf dem Bauspielplatz in Horst, die von der Stadt getragen werden. Darüber hinaus biete der Bauverein Falkenjugend mit dem Friedrich-Ebert-Haus an der Schwalbenstraße in Beckhausen eine Anlaufstelle. „Natürlich können die Mädchen und Jungen auch Angebote weiterer Einrichtungen in städtischer oder freier Trägerschaft im gesamten Stadtgebiet wahrnehmen.“

Gelsenkirchener Politikerin: Kinder können nicht in andere Einrichtungen ausweichen

Jugendheim Nottkampstraße in Gelsenkirchen
Per Aushang werden Besucherinnen und Besucher darüber informiert, dass das städtische Jugendheim Nottkampstraße in Gelsenkirchen-Schaffrath bis auf Weiteres geschlossen ist. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Ausweichen nach Beckhausen, Horst oder in weiter entfernte Stadtteile: Genau das erscheint der Schaffrather SPD-Bezirksverordneten Ingrid Husmann realitätsfern. „Je nach Alter sind Kinder nicht selbstständig mobil, sie müssten von ihren Eltern dorthin gefahren werden.“ Das sei für Berufstätige schwer umsetzbar. Auch sei die Nutzung von Bus und Bahn für manche Familien ein finanzielles Problem. „Und der Fahrradweg zur Schwalbenstraße ist nicht ungefährlich.“

Dass die Stadt auf ihrer Homepage und per Aushang an der Einrichtung darauf hinweist, auf eine Wiedereröffnung hinzuarbeiten, reicht ihr nicht. „Hier werden die Mädchen und Jungen aus Schaffrath seit Monaten sich selbst und damit dem Daddeln am Handy oder PC überlassen, ohne an die Folgeschäden zu denken. Kinder müssen im Austausch mit Altersgenossen sozialisiert werden, Anregungen bekommen und sich sportlich betätigen. Sonst drohen Bewegungsarmut, gesundheitliche Probleme und womöglich Verhaltensauffälligkeiten, weil sie die Interaktion mit Gleichaltrigen in ihrer Freizeit nicht gewöhnt sind.“

Besonderes Problem: Auch die Ferienbetreuung im Sommer fiel weg

Eine besondere Herausforderung für Eltern sei auch, dass die Ferienbetreuung in 2024 weggefallen sei. „Die wenigsten Eltern haben sechs Wochen Urlaub. Sie sind auf das Angebot des Jugendheims angewiesen“, betont sie. „Das geht so nicht mehr weiter“, schimpft sie - und fordert „schnelle pragmatische Lösungen“.

„Wir haben der Verwaltung vorgeschlagen, auf das Angebot eines Immobilien-Eigentümers einzugehen, der bereit ist, die seit Ende 2024 geschlossene Gastronomie des Steakhauses Argentina für die Jugendeinrichtung umzubauen. Darauf ist man aber nicht eingegangen“, kritisiert sie. Laut Stadt haben bis April 2024 im Schnitt täglich 25 bis 30 Mädchen und Jungen das Jugendheim besucht und Angebote wahrgenommen.

Stadt Gelsenkirchen erreichten kritische Nachfragen von Bürgern, wie es im Schaffrath weiter geht

Wann die Einrichtung wiedereröffnet werden könnte, dazu mochte sich Stadtsprecher Schulmann nicht äußern. Dies werde „nach der Einstellung von entsprechendem Fachpersonal und einer angemessenen Einarbeitungszeit erfolgen.“ Falls sich dies erneut verzögern sollte, seien mobile Angebote denkbar.

Wie sehr die Aktionen im „Junos“ von Familien mit Kindern und Jugendlichen vermisst werden, ist der Stadt offenbar klar. „Es gab kritische Rückmeldungen aus der Bevölkerung und den dringenden Wunsch, das Gebäude schnell wiederzueröffnen. Auch nach einer alternativen Nutzung wurde gefragt. Diesbezüglich finden Gespräche statt.“