Gelsenkirchen-Buer. Warum Arbeiten aus der Gelsenkirchener Floristik-Werkstatt einst um die ganze Welt gingen. Wie der Laden sich Stammkundschaft erarbeitete.

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose? Lyrikerin Gertrude Stein mag das in ihrer dichterischen Freiheit so gesehen haben, als sie 1913 ihr Gedicht schrieb. Doch Floristin Christa Hullmann dürfte in ihrer engagiert-zupackenden Art laut „Einspruch“ rufen: Fährt sie doch seit Jahrzehnten regelmäßig bis nach Amsterdam, um exklusive Blumen für ihr Geschäft an der Horster Straße 49 zu besorgen - gerade weil sie ganz besondere Pflanzen im Blick hat. Mit Erfolg: Im Laufe der Jahre hat sie sich eine große Stammkundschaft auch über die Stadtgrenzen hinaus erarbeitet. Nun schließt sie ihren Laden überraschend Ende Februar.

„Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe“ und „Alles muss raus“: Viele möchten kaum glauben, was da in großen Lettern auf Plakaten in den Schaufenstern steht. Gehört der zwar nicht zentral gelegene, aber renommierte Laden „Blumen Hullmann“ doch seit zehn Jahren zum Markenkern des buerschen Einzelhandels. Viele, die etwas auf sich halten, kaufen ihre (Wochenend-)Sträuße ganz bewusst nicht im Supermarkt oder in einer der Floristik-Ketten, sondern nehmen für das exklusive Sortiment mitunter einen weiteren Weg zum Rand der Innenstadt in Kauf.

Gelsenkirchener Inhaberin will nach 43 Jahren Selbstständigkeit Richtung Ruhestand steuern

Schließlich finden Kunden dort nicht nur frisch gebundene Blumensträuße, Topfpflanzen und Gestecke, sondern auch Wohn-Accessoires wie Kissen, kleinere Tische, eine Reihe von Deko-Artikeln sowie, seit eineinhalb Jahren, ausgesuchte Kleidungsstücke - „eben immer etwas Besonderes“, wie die umtriebige Christa Hullmann betont. Mit bald 67 Jahren möchte die Beckhausenerin nun aber einen Gang herunterschalten - und in Richtung Rente steuern.

„Nach 43 Jahren Selbstständigkeit muss es mit der Berufstätigkeit auch mal reichen“, begründet sie die Aufgabe ihres Geschäfts. Ganz so leicht fällt ihr der Schritt zwar nicht („es ist auch ein weinendes Auge dabei“). Und so ganz klar sei auch noch nicht, wie sie ihre Tage künftig füllen wird. Aber sie freut sich darauf, künftig nicht mehr dreimal in der Woche frühmorgens zum Großmarkt nach Dortmund, Düsseldorf, Köln oder gar Amsterdam fahren zu müssen. Sind doch auch die Öffnungszeiten im Einzelhandel von montags bis samstags nicht immer ein Zuckerschlecken, wenn sie auch beteuert: „Das frühe Aufstehen um 4 oder 5 Uhr war für mich nie ein Problem, weil mir meine Arbeit immer sehr viel Spaß gemacht hat.“

Wieso Bilder aus der Werkstatt von Blumen Hullmann einst um die ganze Welt gingen

Ein Blumenmeer bei der Trauerfeier von Ex-Schalke-Manager Rudi Assauer: Ein Großteil der Trauerkränze am 15. Februar 2019 wurde in der Werkstatt von Blumen Hullmann in Gelsenkirchen-Buer gefertigt.
Ein Blumenmeer bei der Trauerfeier von Ex-Schalke-Manager Rudi Assauer: Ein Großteil der Trauerkränze am 15. Februar 2019 wurde in der Werkstatt von Blumen Hullmann in Gelsenkirchen-Buer gefertigt. © André Hirtz / FUNKE Foto Services | André Hirtz

Einige Wochen dürfen Christa Hullmann, ihre zwei Festangestellten und drei Aushilfen noch Sträuße binden, Kränze für Begräbnisse sowie Gestecke für (Familien-)Feiern oder Veranstaltungen fertigen. Wie viele es im Laufe ihres Berufslebens waren, kann die 66-Jährige nur schätzen. Woran sie sich aber noch sehr genau erinnert, sind die rund 50 (!) Trauerkränze, die sie und ihr Team zur Trauerfeier und Bestattung von Rudi Assauer 2019 gestaltet haben.

Das Meer an Blumen vor dem Altar der St.-Urbanus-Kirche, es ging in jenen Februar-Tagen buchstäblich um die Welt, weil Fernsehsender und soziale Medien über den Tod des einstigen Schalke-Managers berichteten. Die mehreren Hundert Blumen in den Kränzen, sie stammten zu einem Gutteil von Hullmann. „Es war schon eine logistische Herausforderung für uns, alle Aufträge abzuarbeiten und alles rechtzeitig auszuliefern, zumal sich der Termin mit dem Valentinstag überschnitt“, berichtet die Geschäftsfrau.

Wieso sich die Gelsenkirchenerin auch gerne an die Pandemie-Zeiten zurückerinnert

Blumen Hullmann schließt Geschäft in Gelsenkirchen-Buer Ende Februar 2025
Etwas abseits der City von Gelsenkirchen-Buer gelegen, zählt das Blumen Hullmann zu den exklusiveren Geschäften vor Ort. Ende Februar 2025 schließt es. © Christiane Rautenberg | Christiane Rautenberg

Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihr auch das erste Corona-Jahr 2020: weil es, wirtschaftlich gesehen, eine besonders gute Zeit für ihr Geschäft war. „Wir zählten ja zu den wenigen Branchen, die im Lockdown öffnen durften. Die Leute haben wie wahnsinnig Blumen gekauft“, sodass sie kaum nachkam, genügend Nachschub zu organisieren. Damals hätten die Menschen das begriffen, was Christa Hullmann schon seit Kindesbeinen klar war: Blumen und Pflanzen sind Grundnahrungsmittel, jedenfalls im übertragenen Sinne.

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„Ich bin im Familienbetrieb mit Blumen aufgewachsen. Mein Vater betrieb in Beckhausen mehrere Gewächshäuser für Gemüse und Blumen, die wir dann auf dem Wochenmarkt verkauften“, erzählt sie. 1982 machte sie sich am Firmensitz an der Flurstraße mit einem Floristik-Geschäft selbstständig, das sie bis 2020 mit mehreren Angestellten betrieb. „Dann benötigten unsere zwei Söhne, die inzwischen das Familienunternehmen für Garten- und Landschaftsbau führen, das Gelände für den Fuhrpark.“

Der Firmen-Name Hullmann, er wird also weiterleben in Gelsenkirchen. Und wie: 54 Beschäftigte gestalten nicht nur anspruchsvolle Gärten in ganz NRW, sondern zeichnen auch für Großprojekte darüber hinaus verantwortlich, zuletzt etwa in Aschaffenburg, berichtet Christa Hullmann stolz. Ihrer Heimatstadt aber, erst recht Beckhausen, wo alles seinen Anfang nahm, werde das Unternehmen auch künftig verbunden bleiben. „Dort entsteht gerade für den Garten- und Landschaftsbau ein neues Bürogebäude samt Fahrzeughalle.“