Gelsenkirchen. Was Besucher in Gelsenkirchens Musiktheater im Revier sonst nicht zu sehen bekommen: Eine Führung durch das technische Räderwerk im Großen Haus.
Dahinter steckt nicht nur ein ungewöhnliches und übergreifendes Konzept, dahinter steckt und steht noch so viel mehr. Alles nur Theater? Nur? Weit gefehlt! In diesem hochkomplexen System müssen sich unglaublich viele Rädchen drehen. Die zwei Stunden für eine Führung durch das Musiktheater im Revier gaben einer Gruppe Neugieriger einen Einblick über dieses komplexe Zusammenspiel.
Die Führung durchs Haus übernimmt diesmal Luisa Frieling aus der MiR-Statisterie
Auch in der vermeintlich stillen Zeit am Jahresende ist es längst nicht nur ruhig in dem Gebäudekomplex am Kennedyplatz. Luisa Frieling aus der Statisterie begrüßt die Gruppe im Foyer. Etwa eineinhalb Stunden kalkuliert sie für die Führung hinter die Kulissen ein. Die Karteikarten in der Hand möge man ihr nachsehen. „Es ist erst meine zweite große Tour, die ich mache“. Dabei werden es am Ende etwas mehr als zwei volle Stunden, die alle Gäste ins Staunen versetzen.
Immerhin 310 fest angestellte Kräfte aus 26 Nationen wirken im MiR in allen Abteilungen, und Frieling fasst lächelnd zusammen: „Es braucht viele, viele von ihnen, um ein Stück auf die Bühne zu bringen.“ Schon im Foyer erfährt die Gruppe, darunter tatsächlich auch eine Familie aus Dortmund, eine erste Besonderheit. Die überdimensionalen Reliefs von 20 mal sieben Meter im für den Künstler typischen „Yves-Klein-Blau“ gewinnen ihre Plastizität durch eingearbeitete Naturschwämme. Was sie empfindlich und damit schwierig zu reinigen macht. „Am besten funktioniert das tatsächlich mit Brot, haben wir herausgefunden, das nimmt den Staub gut auf“, nimmt die Gruppe erste Wissenshappen mit. Die Fachhochschule Köln forsche aber gerade zu Alternativen.
Öffnung zur Stadt schon im Foyer
Im Foyer zeigt sich im Großen wie im Kleinen der Ansatz des MiR-Architekten Werner Ruhnau. Die riesigen Glasflächen zum Vorplatz öffnen das Haus für den Blick über die Ebertstraße zur Stadt und bei einigermaßen gutem Wetter bis zur Himmelsleiter-Skulptur auf der Halde Rheinelbe ganz im Süden. Aber selbst das Mobiliar spiegelt Ruhnaus Ansatz der „Baukunst statt Kunst am Bau“, bei der die Wirkung mitgebaut und mitgedacht wurde. Denn selbst die Stühle sollen den Gästen Blick und Kontakt in alle Richtungen erlauben.
Das Konzept für die „städtischen Bühnen Gelsenkirchen“ entstand 1951, Baubeginn war 1956. „Und 1959 war es dann da“, unterstreicht Frieling. 1997 wurde es in die Denkmalliste aufgenommen. Ruhnau wollte, dass zu den von der Natur inspirierten Elementen wie der Rotunde schließlich das Publikum den bunten Akzent bringen sollte.
1004 Sitzplätze, 1140 Bühnen-Quadratmeter
1004 Sitzplätze im Großen sowie 300 weitere im Kleinen Haus stehen zur Verfügung. Dann geht es weiter bei der Führung, nun schon beim ungewohnten Blick von der Bühne aus in den einem Amphitheater gleichenden Zuschauerraum, der erst 2009 umfangreich umgestaltet wurde, so Frieling. Die Bühnentechniker sorgen eigens für die Besucher für Atmosphäre, schalten den „Sternenhimmel“ ein und fahren sie mit einem Teil der Bühne vor die Kulisse des Zauberwaldes. Schließlich steht hier am Abend noch die nächste Aufführung von „Hänsel und Gretel“ an.
Innerhalb von 30 Sekunden kann die insgesamt 1140 Quadratmeter große Bühne mit ihren verschiedenen, beweglichen Podien und Ebenen jeweils zum Aufführungsende vom „eisernen Vorhang“ verdeckt werden. „Der wiegt immerhin 9,5 Tonnen“, berichtet Michael Bittinger, der zum insgesamt gut 20-köpfigen Team der Bühnentechnik gehört. Bis zu 80 Musikerinnen und Musiker der Neuen Philharmonie Westfalen finden hier Platz.
Für Luisa Frieling liegt hier auch das Innerste, das Zentrum und Herz des Musiktheaters: „Wenn alles zusammenkommt, Maske, Kostüme, Orchester, etwa bei der Haupt- oder Generalprobe.“
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