Gelsenkirchen. In einem Gelsenkirchener Café wird ein Gast niedergestochen. Er bleibt auf einem Ohr taub. Die Hintergründe sind völlig rätselhaft.

Die Tat kam aus dem Nichts, die Hintergründe sind völlig rätselhaft: Kurz vor Silvester vergangenen Jahres ist in einem Gelsenkirchener Café ein Gast niedergestochen worden. Dass der Mann überlebt hat, war Glück. Am Freitag ist der mutmaßliche Täter verurteilt worden. Die Richter am Essener Schwurgericht haben acht Jahre Haft verhängt – wegen versuchten Totschlags.

Der Angeklagte war aus Belgien angereist. Warum, ist nicht ganz klar. Im Prozess hat er angegeben, dass er im Ruhrgebiet Feuerwerkskörper kaufen wollte. Gleichzeitig habe er sich bei Bekannten nach einem Mann aus dem Irak erkundigt. Ob es sich dabei um das spätere Opfer gehandelt hat, ist unklar.

Es war der 30. Dezember 2023, als er laut Urteil in der Neustadt auftauchte. Er war in Begleitung mehrerer anderer Männer, die das Café gemeinsam betreten haben sollen. Viele Worte wurden angeblich nicht gewechselt.

Stich ging bis zum Schädelknochen, Schlagader getroffen

Der 32-Jährige ist laut Urteil zielstrebig zu einem der Tische gegangen und hat ein Messer gezogen. Die Klinge traf das Opfer direkt neben dem rechten Ohr. Sie durchbohrte sämtliche Weich- und Knorpelteile. Die Ärzte stellten später einen fast sieben Zentimeter langen Stichkanal fest, der bis zum Schädelknochen ging. Außerdem wurde eine Schlagader getroffen.

Der 34-Jährige verlor sofort massiv Blut. Sein Leben konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Nach eigenen Angaben ist er bis heute auf einem Ohr taub.

Der Angeklagte hatte die Tat vor Gericht bestritten. Nach seiner Schilderung habe er das Café gerade betreten, als plötzlich mehrere Männer hereingestürmt seien. Er sei selbst völlig geschockt gewesen. „Ich habe mit der Tat nichts zu tun“, so seine Worte im Prozess.

Am Tatort ist er danach allerdings nicht geblieben. Der 32-Jährige ist erst einige Tage später im belgischen Antwerpen festgenommen worden. Das Opfer hatte ihn massiv belastet – zumindest bei der Polizei. Vor Gericht gab es dann allerdings eine überraschende Kehrtwende.

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Bei seiner Zeugenvernehmung hat der damals Schwerverletzte plötzlich versucht, den Angeklagten zu entlasten. Der 32-Jährige sei doch nicht der Täter gewesen, so seine Erklärung. Das haben ihm die Richter allerdings nicht geglaubt.

Ob es um kriminelle Geschäfte ging, oder ob die Tat einen ganz anderen Hintergrund hatte, ist unklar. Der Angeklagte selbst hatte die irakische Mafia ins Spiel gebracht, die ihm die Tat in die Schuhe schieben wolle. Doch auch dafür gab es keine belastbaren Anhaltspunkte.

Die Richter hatten am Ende auf jeden Fall keinen Zweifel, dass der Angeklagte der Mann war, der damals zugestochen hat. Der 32-Jährige selbst hatte bis zuletzt auf einen Freispruch gehofft.