Gelsenkirchen-Buer. Vor 35 Jahren schlossen sich einige Frauen aus Gelsenkirchen zum „Oma-Club“ zusammen. Noch heute treffen sich die Über-80-Jährigen regelmäßig.
„Oma“: Welche Assoziation löst dieser Begriff aus? Bei vielen Menschen doch wohl die freundliche, weißhaarige Frau, die im Sessel sitzt, vielleicht einen Pullover strickt und Süßigkeiten an ihre Enkel verteilt. Das ist natürlich ein etwas in die Jahre gekommenes Bild: Die Oma von heute kann genauso gut die fitte Endfünzigerin sein, die morgens ihre Joggingrunde durch den Park dreht. Die Omas, um die es in dieser Geschichte geht, entsprechen auf den ersten Blick eher der ersten Beschreibung. Zumindest heute. Dabei sind sie schon seit 35 Jahren Omas. Das hier ist eine Geschichte über Omas, aber auch eine über Freundschaft.
Im November 1989 war es, als acht Frauen aus Gelsenkirchen-Erle zum ersten Mal als „Oma-Club“ zusammentrafen. Dabei kannten sie sich schon viel länger, hatten etwa im Chor der katholischen Kirchengemeinde St. Suitbert in Berger Feld gesungen. „Damals waren wir alle in dem Alter, als unsere Kinder Kinder bekamen“, erinnert sich Elsbeth Wallmeier. „Also haben wir damals beschlossen: Wenn die letzte von uns acht Oma wird, dann gründen wir einen Oma-Club“.
Auch 35 Jahre später treffen sich die Gelsenkirchenerinnen noch monatlich
Am 14. November 1989, so steht es auf dem Wimpel, der bei jedem Treffen dabei ist, fand das Gründungstreffen der „Spritzigen Omas“ statt. Diesen Namen gaben sich die acht Frauen nämlich, jede musste damals ein Foto des Enkelkindes mitbringen, und der Wimpel wird auch heute noch einmal monatlich ausgepackt. Von den acht Frauen, die 1989 dabei waren, sind leider drei im Laufe der Jahre gestorben – die anderen fünf halten die Tradition aber noch hoch. Und planen, das noch eine ganze Weile zu tun.
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35 Jahre später, im Novemver 2024, sitzen Erika Synowsky, Elsbeth Wallmeier, Annemarie Eisenkopf und Helga Wiewiora mittags gut gelaunt am Ecktisch im Kolpinghaus in Buer. Die Damen sind zwischen 80 und 91 Jahre alt – normalerweise gehört auch noch Friedel Rimbach (94) dazu, die konnte aber an diesem Tag nicht kommen. Die Stimmung ist gut, Alkohol steht auf dem Tisch – auch so eine Tradition. „Bei unseren Ausflügen war es Standard, dass wir ein Pinnchen an einem Band um den Hals getragen haben, und die dazugehörige Flasche im Rucksack.“
Mittlerweile benutzen die Omas Trolleys statt Rucksäcken
Ausflüge gab es viele im Laufe der Zeit, einmal jährlich machten sich die Frauen auf den Weg, den Rucksack auf dem Rücken, meist mit dem Zug. „Wir sind damals viel gewandert“, erzählt Elsbeth Wallmeier, „gut und gerne schon mal 20 Kilometer am Tag.“ Übernachtet wurde in Hotels und Pensionen, und abends kam dann das Abendkleid aus dem Rucksack – „eine von uns hatte für solche Fälle immer ein Bügeleisen dabei“, sagt Elsbeth Wallmeier. Klar, dass sich in 35 Jahren viele Geschichten ansammeln, etwa die, als die Omas bei einer Zugfahrt den Schaffner überredeten, einen eigentlich nicht geplanten Halt vorzunehmen, um die Toilette aufzusuchen: „Damals waren wir noch jung und knusprig“, sagt Erika Synowsky und grinst, „da ging das noch!“
Mittlerweile sind die Frauen von Rucksäcken auf Trolleys umgestiegen, aber der jährliche Ausflug steht immer noch auf dem Programm, genauso wie die monatlichen Treffen. Das erste hatte damals im Haus Wieschen stattgefunden, mittlerweile wechseln die Omas die Orte, treffen sich im Sommer abends, im Winter mittags – „dann kommen wir noch im Hellen nach Hause“, sagt Elsbeth Wallmeier. Inzwischen hat sich der Wimpel auch leicht verändert, ein „Ur“ ist dazugekommen: Sämtlich Clubmitglieder sind inzwischen Uromas – „ich habe schon sieben Urenkel“, sagt die 91-jährige Helga Wiewiora.
Darum bleiben die Männer meistens draußen
Und die Männer? Die blieben – zumindest, was den Club angeht – immer außen vor. „Früher haben wir einmal im Jahr auch unsere Männer eingeladen“, erinnert sich Elsbeth Wallmeier, „aber das machen wir heute nicht mehr.“ Der Grund: „Die Gespräche sind dann anders“, sagen die Frauen übereinstimmend. Am Anfang hätten die Treffen der Omas auch schon einmal Missfallen erregt. „Einmal bin ich nach einem Abend erst um 2 Uhr nach Hause gekommen, da hat mein Mann einen Flunsch gezogen“, erzählt Elsbeth Wallmeier. „Dann komme ich beim nächsten Mal eben erst um halb drei“, habe sie erwidert – danach sei das kein Thema mehr gewesen.
Viel hat sich verändert in den vergangenen 35 Jahren, eines aber nicht: Die Freundschaft der Omas zueinander ist beständig geblieben. „Meinungsverschiedenheiten gibt es bei uns nicht“, sagt Helga Wiewiora, und die anderen nicken zustimmend. Die Fahrt fürs nächste Jahr ist auch schon geplant, dann geht es nach Bad Westernkotten. Ohne Rucksack. Aber mit Pinnchen.