Gelsenkirchen-Buer. Drogen, Gewalt, Gegröle: Lage im Park in Gelsenkirchen-Buer hat sich dramatisch verschärft, sagen Anwohner. So will die Stadt gegensteuern.

Sie ist nur einen Steinwurf von der quirligen Fußgängerzone in Buer entfernt und damit ideal zum Ausruhen nach einem anstrengenden Stadtbummel: die Grünanlage hinter dem Michaelshaus zwischen Freiheit und Hochstraße. Doch Spaziergänger finden sich dort eher selten. Denn der Bereich hat sich zu einem Treffpunkt für Drogen-Abhängige und Wohnungslose entwickelt, um den viele lieber einen großen Bogen machen. Tatsächlich hat sich die Situation nach Angaben von Anliegern mittlerweile so verschärft, dass sie Alarm schlagen - und die Stadtverwaltung gegensteuern will.

Anwohner und Besucher des Michaelshauses klagen schon seit Jahren: Ihnen sei mulmig, wenn sie zu einer Veranstaltung, Chorprobe oder Beratung ins Gemeindezentrum gehen. „Schon tagsüber treffen sich sichtlich Angetrunkene oder Drogenabhängige am Michaelshaus oder im Park. Das fühlt sich für Frauen schon unheimlich an“, berichtet eine Gemeinde-Ehrenamtliche, die gerne anonym bleiben möchte.

„Unerträglich“: Gelsenkirchener Anwohner überlegt mittlerweile sogar wegzuziehen

Deutlich direkter formuliert es ein langjähriger Anwohner: „Die Lage hat sich in der letzten Zeit dramatisch verschlimmert. Trafen sich vor rund zehn Jahren noch fünf bis zehn Personen im Park, so sind es nun in Spitzenzeiten bis zu 20 oder gar 30 Leute. Im Alkohol- oder Drogenrausch grölen sie herum, es kommt immer wieder zu Schlägereien, einige verrichten selbst am helllichten Tag jede Art von Notdurft im Freien, anstatt ins Weiße Haus zu gehen. Mittlerweile wird dort sogar offen mit Drogen gedealt.“ So „unerträglich“ sei es mittlerweile, dass er überlege wegzuziehen.

Ein anderer Nachbar bestätigt die Darstellung und betont: „Die ständige Lärmbelastung nahezu rund um die Uhr ist eine Zumutung. Das raubt Nachbarn immer wieder den Schlaf.“ Er legt Wert darauf, das Weiße Haus als Anlaufstelle für Wohnungslose von der Situation in der Grünanlage „grundsätzlich zu trennen, denn natürlich ist es absolut richtig und wichtig für uns als Gesellschaft, sich um solche Menschen zu kümmern.“ Allerdings bestehe sehr wohl ein Zusammenhang: „Nach dem Essen gehen viele nach draußen in die Grünanlage und bleiben dort auch, wenn die Einrichtung geschlossen wird.“ Leute aus der Drogen-Szene kämen dann offenbar noch hinzu. Kurz: Von einem „Angstraum“ zu sprechen, halten Anlieger nicht für übertrieben, sondern durchaus für zutreffend.

Gelsenkirchener Verwaltung: „Gegensteuerungsmaßnahmen“ laufen schon länger

Aus der Vogelperspektive recht unscheinbar, hat sich die Grünanlage hinter dem Michaelshaus in Gelsenkirchen-Buer - auf dem Foto in der unteren linken Bildhälfte - zu einem Angstraum entwickelt, sagen Anwohner.
Aus der Vogelperspektive recht unscheinbar, hat sich die Grünanlage hinter dem Michaelshaus in Gelsenkirchen-Buer - auf dem Foto in der unteren linken Bildhälfte - zu einem Angstraum entwickelt, sagen Anwohner. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Die Klagen haben auch Politiker erreicht, weshalb sie das Thema im September in der Bezirksvertretung Nord ansprachen. Daraufhin sagte die Verwaltung zu, die Situation in den Fachdienststellen und im schon bestehenden Arbeitskreis Szenebildung zu erörtern. Mitglieder dieses Arbeitskreises sind das städtische Referat Recht und Ordnung, der Kommunale Ordnungsdienst (KOD), die Polizei, die Referat Gesundheit und Soziales, der Verein Arzt Mobil mit Streetwork, das Café Kontaktzentrum sowie die Drogenberatung.

Das (Zwischen-)Ergebnis vermeldet die Stadt nun in einer Mitteilungsvorlage für die Sitzung am Donnerstag, 7. November: Demnach laufen schon länger „Gegensteuerungsmaßnahmen“. So fahre der KOD die Grünanlage „mehrmals täglich“ an und reagiere bei Ordnungswidrigkeiten sofort. Lärmbelästigungen, die Verrichtung der Notdurft oder illegale Abfallentsorgung würden „entsprechend geahndet“. Dabei verhielten sich die Personen aus dieser Szene gegenüber dem KOD „in der Regel friedlich und kooperativ.“

Stadt Gelsenkirchen will Gewerbetreibende vor Ort befragen

Um einen noch besseren Eindruck zu bekommen, plant die Verwaltung, die am Michaelshaus ansässigen Gewerbetreibenden durch KOD-Mitarbeiter befragen zu lassen. Gemeinsam mit Akteuren des Arbeitskreises Szenebildung sollen dann „geeignete und nachhaltige Maßnahmen“ erörtert werden.

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Darüber hinaus habe Gelsendienste aus dem Arbeitskreis den Auftrag erhalten, die kleine Parkanlage noch intensiver zu reinigen. Die Grünflächen vor Ort noch weiter zurückzuschneiden, werde allerdings kritisch gesehen, „da sich die Szene dann noch näher dem Michaelshaus zuwenden würde.“

Die Polizei freilich mag ausdrücklich nicht von einem „Angstraum“ sprechen und wertet die Situation auf Nachfrage eher sachlich: Auf Nachfrage der Redaktion verzeichnete sie in diesem Jahr von Januar bis Oktober 39 Einsätze, im Jahr zuvor seien es im selben Zeitraum 38 Einsätze gewesen.

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