Gelsenkirchen-Beckhausen. In die einstige Begegnungsstätte mit Gastronomie und Hofcafé soll neues Leben einziehen. Fest steht schon jetzt: Es wird sehr quirlig.
Eine Gastronomie auf einem alt-westfälischen Gehöft mit roten Ziegelstein-Gebäuden, viel Platz für Schafe, Hühner und Kaninchen, dazu jede Menge Grün: Mit seinem Bullerbü-Charme im Schatten der Rungenberghalde lockte der Beckhausener Hof Holz als integratives Begegnungszentrum einst Generationen von Besucherinnen und Besuchern an. Management-Fehler und Corona sorgten jedoch 2020 endgültig für ein Ende. Seither liegt der denkmalgeschützte Komplex im Dornröschenschlaf. Nun soll er im Sommer 2025 wachgeküsst werden. Und so viel lässt sich schon sagen: Es wird quirlig.
Denn der Kita-Zweckverband als Träger der katholischen Kindertageseinrichtungen im Bistum Essen verlagert im August nächsten Jahres seinen Schaffrather Kindergarten Heilig Geist von der Giebel- zur Braukämperstraße. „Frühestens zum 1. August 2026“ zieht auch die Kita Liebfrauen von der Rosenstraße dorthin. Bei den dann vier Gruppen für Drei- bis Sechsjährige soll es jedoch nicht bleiben. Geplant ist, darüber hinaus eine Gruppe für 22 Unter-Dreijährige zu eröffnen, sodass die neue Einrichtung am Ende fünf Gruppen mit insgesamt 90 Plätzen umfasst.
Aufbruch mit natur- und erlebnispädagogischem Neustart: Kinder spielen überwiegend im Freien
Es ist ein Aufbruch in gleich mehrfacher Hinsicht: Zum einen wird Hof Holz nach vier Jahren Stillstand wiederbelebt. Zum anderen schwenken die Kitas Heilig Geist und Liebfrauen auf ein neues Konzept der Natur- und Erlebnispädagogik um, „bei der die Kinder Natur hautnah erfahren und sich überwiegend im Freien aufhalten“, so Lina Strafer, Kommunikations-Referentin des Kita-Zweckverbandes.
Viel Raum für das natürliche Spiel, das Forschen mit Naturmaterialien und für Erfahrungen mit Tieren und Pflanzen - inklusive Mitversorgung der auf dem Hof lebenden Schafe und Hühner -, dazu sollen die Kinder Lebensmittel anpflanzen, ernten und verarbeiten: Dies bildet künftig den pädagogischen Schwerpunkt auf dem rund 3000 Quadratmeter großen Areal.
Zwei Rundwagen in Gelsenkirchen-Beckhausen sollen als Rückzugsort bei Regen dienen
„In der Natur stehen in nahezu unbegrenzter Menge und Vielfalt Spielmöglichkeiten, Bau- und Gestaltungsmaterialien zur Verfügung, die die Kreativität und Eigeninitiative der Kinder anregen“, erläutert Gebietsleiterin Katharina Feldmann.
Viel frische Luft wartet also auf die Mädchen und Jungen - aber auch ein trockenes Plätzchen: „Zwei Rundwagen mit Platz für insgesamt 50 Kinder und das Kita-Personal bieten darüber hinaus Gelegenheit, bestimmte pädagogische Aktivitäten gezielt in geschlossenen Räumlichkeiten durchzuführen. Sie dienen zum einen als Ausweichmöglichkeit bei schlechtem Wetter sowie als Rückzugsort. Außerdem können die Mahlzeiten im Rundwagen eingenommen werden“, so Strafer weiter.
Gelsenkirchener Hof Holz soll für Kita-Zwecke umgebaut werden
Mittelfristig soll freilich nach einem Umbau auch das zentrale Hofgebäude zur Verfügung stehen. „Es werden verschiedene Bildungsbereiche geschaffen, dazu Schlaf- und Bewegungsräume sowie ein Bistro“, erläutert Strafer. Die untere Denkmalbehörde sei in das Projekt einbezogen „und steht diesem sehr positiv und wohlwollend gegenüber.“ Die Umbau-Kosten übernimmt der Bauherr bzw. Eigentümer, von dem der Kita-Zweckverband die Räumlichkeiten anmietet. Wie üblich, übernimmt das Land 60 Prozent der Miete und die Stadt 40 Prozent. Die Ausstattung finanziert wiederum der Kita-Zweckverband selbst.
Die pädagogischen Fachkräfte sollen sich in den kommenden Monaten gemeinsam mit der Fachberatung des Kita-Zweckverbandes intensiv auf den neuen pädagogischen Schwerpunkt vorbereiten. „Sie freuen sich auf die neue Herausforderung“, sagt Feldmann. Die Zahl der Mitarbeitenden soll sich grundsätzlich an den Vorgaben des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) orientieren; dennoch ist eine Aufstockung und die Bildung eines multiprofessionellen Teams geplant: „Unser Wunsch ist es, dort auch (mit entsprechenden Partnern) Arbeitsplätze für Menschen mit Teilhabebedarf zu ermöglichen, etwa bei der Tier- und Gartenpflege.“
Kita-Träger will in Gelsenkirchen-Beckhausen an integratives Konzept von früher anknüpfen
Damit würde die Kita an das integrative Konzept des frühreren Hof-Holz-Betreibers anknüpfen. Schon unter dem Dach des Werkvereins Gelsenkirchen hatten Menschen mit Einschränkungen in der Gastronomie mit Biergarten und Hofladen mitgearbeitet; so handhabte dies auch die Holz Betriebsgesellschaft gGmbH, die die Familie Holz nach der ersten Insolvenz 2014 und der Trennung vom Werkverein gegründet hatte.
Mit der Kita Heilig Geist wird jene Einrichtung verlagert, um deren Verbleib im Schaffrath etliche Kita-Eltern und Anwohner seit rund zwei Jahren kämpfen. Wie berichtet, hatte die Pfarrei St. Urbanus 2018 beschlossen, den Gemeindestandort Heilig Geist zu verkaufen, inklusive der nach Kita-Zweckverband-Angaben maroden Kita. Die Deutsche Reihenhaus AG aus Köln will dort nun nach dem Abriss der Gebäude Eigenheime errichten.
Fünfgruppiger Neubau an der Braukämperstraße in Gelsenkirchen-Beckhausen ist vom Tisch
Das Problem für viele Mütter und Väter: Der geplante Neubau für dann fünf Kita-Gruppen an der Braukämperstraße (nahe Hof Holz) sei nicht fußläufig erreichbar und belaste Familien finanziell, weil sie gezwungen seien, sich ein (zweites) Auto oder eine ÖPNV-Monatsfahrkarte zu kaufen. Doch dieser Neubau, den ein Investor schultern wollte, ist nun mit der Reaktivierung von Hof Holz vom Tisch.
Die Eltern der Kita Heilig Geist wurden persönlich bei einer Versammlung über die Pläne informiert. „Sie können selbst entscheiden, ob sie das Platzangebot in einer der Naturgruppen wahrnehmen oder lieber in eine andere Einrichtung des KiTa Zweckverbandes wechseln möchten“, stellt Gebietsleiterin Feldmann klar. Für neue Familien wird es voraussichtlich ab August 2025 noch freie Plätze in der Kita Heilig Geist auf Hof Holz geben. Die Anmeldung erfolgt über das Kita-Portal der Stadt Gelsenkirchen, wo die Einrichtung „in Kürze“ freigeschaltet werde.
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