Gelsenkirchen-Hassel. Impulse auf altem Bergwerksgelände: Was der neue Gelsenkirchener Eigentümer plant. Geschichtskreis sorgt sich um Zukunft von Denkmal.

Zehn Jahre ist es her, dass Abrissbagger vier Gebäude der einstigen Zeche Bergmannsglück niederlegten. Allein das denkmalgeschützte Fördermaschinenhaus von 1911 blieb erhalten. Das Ziel, die gesamte Bergbau-Fläche zu beleben, erfüllte sich freilich nur bedingt. Zwar hat die Vivawest Dienstleistungen GmbH an der Bergmannsglückstraße ihren Hauptsitz. Jüngst baute auch Fahrrad XXL Meinhövel dort eine Logistik-Halle. Ein großer Bereich aber ist nach wie vor eine Brache – die nun neue Impulse erhalten soll: Vivawest hat einen Teil seines Grundstücks verkauft, Denkmal inklusive. Der neue Eigentümer ist kein Unbekannter.

Es ist Markus Meinhövel mit seiner im Oktober 2023 gegründeten Immo GE Verwaltungs mbH, der das 11.700 Quadratmeter große Gelände „als Privatmann“ erworben hat. Der Bueraner – mit seinem Cousin Alf Meinhövel Geschäftsführer von Fahrrad XXL Meinhövel – will die Fläche um das Fördermaschinenhaus herum nach eigenen Angaben „entwickeln“, wie er auf Nachfrage der Redaktion erklärte.

Welche Nutzungen auf dem Gelsenkirchener Areal laut Bebauungsplan zulässig sind

Wie genau er sie nutzen möchte, sei indes noch unklar. „Es war damals so schwierig, ein geeignetes Expansions-Grundstück für das Fahrrad-XXL-Zentrallager zu finden, dass ich kurzerhand zugegriffen habe. Auch falls wir uns dort nicht selbst vergrößern sollten, bietet die Fläche viel Potenzial, etwa für die Ansiedlung kleinerer Handwerksbetriebe oder anderer Logistiker“, so Meinhövel weiter. „Ich bin offen in alle Richtungen, sofern sich die Aktivitäten mit dem Bebauungsplan decken.“

Dieser im Juli 2019 vom Rat beschlossene Bebauungsplan Nr. 409.1 umfasst nur den östlichen und südlichen Teilbereich der ehemaligen Zeche Bergmannsglück: ein 17 Hektar großes Areal zwischen Pawiker Straße - Lessingstraße - Körnerstraße - Heinrich-Müller-Weg - Bergmannsglückstraße und dem Werksgelände Uniper Kraftwerke GmbH. Wo zwischen 1905 und 1961 Kohle gefördert wurde – in der Glanzzeit 1912 waren es 1,4 Millionen Tonnen jährlich bei rund 5800 Beschäftigten –, ist demnach eine gewerbliche Nutzung zulässig, im westlichen Teil sind auch Büro- und Verwaltungsgebäude erlaubt. Einzelhandel im größeren Stil ist ebenso ausgeschlossen wie der Betrieb einer öffentlichen Tankstelle.

Neuer Gelsenkirchener Eigentümer will die Fläche nicht weiterverkaufen

Gelsenkirchen240300106 Luftbild
Das Gelände der alten Zeche Bergmannsglück auf einem aktuellen Luftbild von 2024: Rechts neben der neuen Meinhövel-Logistikhalle – erkennbar an dem hellen Flachdach in der linken mittleren Bildhälfte – befindet sich das 11.700 Quadratmeter große Gelände, das Markus Meinhövel jetzt von Vivawest gekauft hat. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Um mögliche Nutzungen bzw. Nutzer auszuloten, befindet sich Meinhövel nach eigenen Angaben gerade mit der Stadt und weiteren Akteuren in Gesprächen, die Ende des Jahres so weit abgeschlossen sein könnten, „dass ich dazu Konkreteres sagen kann.“ Fest stehe aber: „Ich will Eigentümer bleiben und das Areal nicht weiterverkaufen.“

Dass er mit dem Denkmal auch eine verantwortungsvolle Aufgabe erworben hat, ist Meinhövel klar. „Das Fördermaschinenhaus ist ein beeindruckendes Gebäude und für mich der Inbegriff des Ruhrgebiets mit seiner industriellen Geschichte“, will er es „erhalten und möglichst in die künftige Nutzung integrieren“.

Wieso das Gelsenkirchener Fördermaschinenhaus als Denkmal eingestuft wurde

Zeche Bergmannsglück in Gelsenkirchen-Hassel
Die Zeche Bergmannsglück im heutigen Gelsenkirchen-Hassel im Jahr 1909: In der Mitte ist das Fördermaschinenhaus von 1905 zu sehen, das heute unter Denkmalschutz steht. Alle übrigen Zechengebäude wurden abgerissen. © ISG Gelsenkirchen | Institut für Stadtgeschichte (ISG) Gelsenkirchen

Unter Denkmalschutz steht das Fördermaschinenhaus zu Schacht 2 samt Zwillingsdampffördermaschine und Treibscheibe seit 2016. Das Denkmal-Kataster der Stadt listet dafür u.a. stadt-, sozialgeschichtliche, künstlerische und städtebauliche Gründe auf. So ist es nicht nur das einzige Gebäude, das den Förderbetrieb und den Kohleabbau auf Bergmannsglück noch heute bezeugt. Es stehe damit auch baulich und technisch für den Bergbau als Impulsgeber für die Stadtentwicklung im Stadtnorden und den immensen Bevölkerungszuwachs.

„Der ausgedehnte Siedlungsbau im Norden von Buer und in Hassel zusammen mit dem Bau weiterer Infrastruktur ist eine direkte Folge der Erschließung der Kohlevorkommen mit der Abteufung von Schacht 1 im Grubenfeld Bergmannsglück 1903 durch den preußischen Staat“, heißt es weiter in der offiziellen Begründung.

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Auch die charakteristische Fassade mit ihrem repräsentativen historistischen Erscheinungsbild ist noch weitgehend ungestört erhalten. Besonders markant dabei: die roten Ziegelsteine mit Putzfeldern, Sockel, Wandvorlagen, Gesimsabschlüssen und Metall-Sprossenfenstern.

Wie der einstige Stadtplaner Dr. Lutz Heidemann in einer städtischen Broschüre weiter ausführt, plante der preußische Staat Bergmannsglück als Musterzeche. „Im Umkreis entstanden sorgfältig konzipierte Siedlungen im Gartenstadtstil. Vorbildliche Wohnverhältnisse und musterhafte soziale Einrichtungen sollten die mobile Arbeiterschaft an die Zeche binden.“

Warum der Geschichtskreis Hassel/Bergmannsglück skeptisch ist

Einem neuen Eigentümer der Fläche schreibt die Denkmalbehörde ins Hausaufgaben-Heft: „Bei einer angrenzenden Bebauung um das Denkmal ist eine qualitätvolle Gestaltung erwünscht, die eine zeitgemäße Architektursprache aufweist und Anforderungen an Ästhetik und Baukultur erfüllt. Dabei ist ein homogenes äußeres Erscheinungsbild zu berücksichtigen. Die detaillierte Städtebau- und Hochbauplanung ist frühzeitig mit der Unteren Denkmalbehörde abzustimmen.“

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Während Meinhövel betont, sich im Sinne dieser Vorgaben mit der Stadt abstimmen zu wollen, ist Egon Kopatz vom Vorstand des Geschichtskreises Hassel/Bergmannsglück skeptisch: „Ich habe Sorge, dass das Fördermaschinenhaus womöglich nicht angemessen erhalten und dann von der Denkmalliste genommen wird“, erklärte er auf Nachfrage der Redaktion. Gelsenkirchen habe sich nie um ein Nutzungskonzept gekümmert, und Vor-Eigentümer Vivawest habe nach anfänglicher Offenheit für eine öffentliche Nutzung auch enttäuschend agiert.

Gelsenkirchener Experte hält Gewerbepark für eine gute Idee

„Anfangs durften wir vom Geschichtskreis noch Ausstellungen, Führungen und Lesungen im Fördermaschinenhaus organisieren. Seit zweieinhalb Jahren gilt für uns jedoch nicht nur ein Nutzungs-, sondern auch ein Betretungsverbot“, bedauert er. Vivawest begründet die Kehrtwende auf Nachfrage damit, dass bei einer Begehung vor einigen Jahren festgestellt worden sei: Die Verkehrssicherheit sei vor Ort nicht mehr gegeben. Deshalb werde das Gebäude nicht mehr genutzt, weder extern noch intern.

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Unterdessen hofft Ex-Stadtplaner Heidemann, dass das Denkmal wieder mehr ins Bewusstsein der Stadtgesellschaft tritt: „Wenn es dem Investor in Abstimmung mit der Stadt gelänge, ein Gesamtnutzungskonzept für die Fläche zu entwickeln, „in dem das Fördermaschinenhaus für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, wäre das Denkmal ein Markenzeichen für das Projekt“, befürwortet er neue Impulse.

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Die Nutzung des umliegenden Areals müsse allerdings zu dem geschichtsträchtigen Industriegebäude passen. So kann er sich etwa einen „gut gemachten Gewerbepark mit Klein-Betrieben wie Schreinereien oder Elektro-Firmen“ vorstellen. Architektonisch sollten sich diese etwa mit Ziegelsteinen in der Fassade an das Denkmal anpassen.

Und der Rest der Fläche? Der nördliche Teil befindet sich im Eigentum der Uniper Kraftwerke GmbH und gilt - in Zusammenhang mit der Norderweiterung von BP - als Optionsfläche für die Umsiedlung der BP-Partnerfirmen. Auf einem großen Teil der südlichen Fläche hat sich 2011 Vivawest Dienstleistungen angesiedelt. Laut Vivawest-Sprecher Jens Rospek zählt der Standort an der Bergmannsglückstraße als Hauptsitz der Dienstleistungsunternehmen HVG Grünflächenmanagement, RHZ Handwerkszentrum, Marienfeld Multimedia und Skibatron Mess- und Abrechnungssysteme insgesamt 975 Beschäftigte. HVG nutzt die bestehenden Hallen und Freiflächen als Betriebshof.