Mülheim/Duisburg/Gelsenkirchen. Wenn unversicherte Menschen in Kliniken behandelt werden, kann das kompliziert und teuer werden. Für Empörung sorgen deshalb diese Kürzungspläne.

Wenn Menschen, oft aus Bulgarien und Rumänien, bei einem akuten Fall ohne Krankenversicherung in eine Klinik gehen, „dann geht es häufig um mehrere zehntausend Euro“, wie Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link weiß. „Menschen gehen ins Krankenhaus, haben ein Riesen-Problem, der Arzt handelt – zu Recht. Und am Ende schreibt das Krankenhaus eine Rechnung.“ Und zwar an die Stadt Duisburg, denn die Kommunen haben die Behandlungskosten am Ende zu zahlen. Die Summen, die so entstehen, könnten für die Stadtkassen künftig noch viel belastender werden.

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Denn die Landesförderung der sogenannten Clearingstellen zur Sicherstellung des regelhaften Zugangs zum Gesundheitssystem soll bald auslaufen. NRW-weit gibt es fünf solcher Clearingstellen, darunter in Duisburg und Gelsenkirchen, wo die Armutsmigration aus Südosteuropa bekanntlich besonders hoch ist. Schon in den Vorjahren kamen die Finanzzusagen aus dem Gesundheitsministerium immer nur zögerlich, jetzt sieht es so aus, als würde die Förderung ganz ausbleiben. Es war ein Punkt, über den sich OB Link und Gelsenkirchens Sozialdezernentin Andrea Henze (beide SPD) auf einer Podiumsdiskussion in der Kath. Akademie „Die Wolfsburg“ in Mülheim zum Thema Migration besonders empört zeigten – vor allem, weil das Land zuvor ganz andere Zusagen gemacht hatte. „Es ist verheerend und grenzt an Verantwortungslosigkeit“, betonte Link.

OB Sören Link: „Da frage ich mich, ob sich die Grünen nicht schämen“

Die Kürzungspläne des Landes veranlassten Link, besonders an den Grünen, die in NRW mit der CDU koalieren, Kritik zu nehmen: „Ich will die CDU nicht aus der Verantwortung lassen“, sagte er. Aber insbesondere von den Grünen, die jahrelang behauptet hätten, eine offene Gesellschaft und Strukturen stärken zu wollen, die sich um Menschen wie unversicherte Zuwanderer kümmern, sei eigentlich anderes zu erwarten gewesen. „Da frage ich mich, ob sich die Grünen nicht schämen“, so der OB auf der Veranstaltung mit dem Titel „Kommunen am Limit“.

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Die Clearing-Stellen, die in Duisburg von der Awo und in Gelsenkirchen von der Diakonie geleitet werden, machten eine „ganz hervorragende Arbeit“, so Link. Sie würden im Vorfeld klären, ob ein Krankenversicherungsschutz besteht und so auch die Finanzen der Stadt entlasten. Dass die Erfolgsquoten bei den Clearing-Stellen hoch sind, zeigen zudem die Zahlen aus Gelsenkirchen: 90 Prozent der Ratsuchenden (7680 Menschen in siebeneinhalb Jahren) hatten nach der Beratung einen vollumfänglichen Krankenversicherungsschutz. Nicht nur bei den Clearing-Stellen stünden aber aktuell dramatische Kürzungen an. „Die Sozialleistungen rinnen uns insgesamt durch die Finger“, formulierte es Gelsenkirchens Sozialdezernentin Andrea Henze.

EU-Ost: Fördergelder fallen auch an anderer Stelle weg

Gekürzt werden soll NRW-weit zum Beispiel bei vielen Beratungsangeboten – von der Sucht- bis zur Schuldnerberatung. Der Haushaltsentwurf der Landesregierung für das Jahr 2025 sieht außerdem die massive Kürzung bei der Inklusion von Menschen mit Behinderung vor. Ein weiteres Beispiel aus dem Bereich EU-Ost hingegen ist das geplante Ende des Förderprogramms „Zuwanderung aus Südosteuropa“, aus dem Gelsenkirchen und Duisburg zuletzt jeweils einen Förderbedarf von 350.000 Euro pro Jahr anmeldeten. Mit dem Geld konnten unter anderem Sozialarbeiter und Sozialpädagogen finanziert werden.

Heftig dagegen protestiert hatte die oppositionelle SPD-Fraktion im NRW-Landtag und mit einem entsprechenden Antrag gefordert, dass besonders betroffene Städte wie Duisburg und Gelsenkirchen weiterhin entsprechend gefördert werden. Schriftliche Stellungnahmen von Sachverständigen zu dem Antrag liegen bereits vor. Diese sind aber nicht ohne Absonderlichkeiten: Unter anderem nimmt die von der CDU bestellte Kreisverwaltung Coesfeld Stellung – ein Kreis, der im Gegensatz zu Gelsenkirchen und Duisburg kaum Herausforderungen mit Armutsmigration aus Südosteuropa hat und zuletzt nur knapp 49.000 Euro aus dem Programm beantragt hatte. Entsprechend zurückhaltend äußert man sich aus Coesfeld zum Weiterbestand des Förderprogramms.

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Ob das Programm bis zur NRW-Haushaltsaufstellung im Dezember also noch zu retten ist? „Wir kämpfen weiter dafür“, sagt der Gelsenkirchener Landtagsabgeordnete Sebastian Watermeier (SPD), der sich jedoch bewusst ist, dass das Programm jetzt in harter Konkurrenz mit anderen Leistungen steht, die gekürzt werden sollen. „Man darf das aber nicht gegeneinander ausspielen“, sagt er. Watermeier und seine Amtskollegin Christin Siebel betonen deshalb weiter: „Schwarz-Grün darf die Kommunen nicht im Stich lassen.“ Schließlich sei in den kommenden Jahren sicher kein Rückgang der Zuwanderung aus Südosteuropa zu erwarten.

Dieser Text ist erstmals am 11. Oktober 2024 erschienen.