Gelsenkirchen. Frauenhilfe der Gelsenkirchener Markusgemeinde wird 110 Jahre alt – auch, weil sich Vorsitzende Gisela Gottschlich (85) noch so sehr engagiert.

„Wenn sie nicht wäre, dann wäre hier Schluss“, sagt Ruth Brauer und würdigt damit das Engagement von Gisela Gottschlich. Seit über einem halben Jahrhundert ist sie in der Frauenhilfe der Markus-Kirchengemeinde aktiv, leitet diese im 28. Jahr – und bereitet in diesen Tagen deren 110-jähriges Jubiläum vor. Was besonders beeindruckt, ist, dass unter ihrer Leitung der Damenverein nicht nur sehr lebendig ist, er freut sich auch nach wie vor über regelmäßigen Zuwachs. Eine Entwicklung, die entgegengesetzt zum allgemeinen Zeitgeist ist.

Alle zwei Wochen treffen sich die Frauen zum Kaffeekränzchen im Gemeindehaus. Heute ist die Laune besonders gut. Denn es ist eine Art Geburtstagsparty für alle, ganz gleich wann genau der persönliche Ehrentag nun war. Entsprechend ausgelassen ist die Stimmung. Laut wird geschwatzt. Das allerdings werde gleich weniger, sagt eine Dame, die allen Kaffee serviert. Sobald der Kuchen auf dem Tisch stehe, werde es ruhiger. So kommt es auch. Und Gisela Gottschlich kann erzählen, wie sie einst zur Frauenhilfe kam.

Ein Leben lang mit der Gemeinde verbunden

„Das hat sich so ergeben, damals im Jahr 1973. Ich bin eigentlich aus Bottrop. Mein Mann war immer auf Montage. Und eines Tages las ich in der Zeitung, dass hier in Markus ein Hausmeisterpaar gesucht wird. Für mich war das ein Traum!“ Den sie fortan leben konnte. Die Familie mit drei Kindern wohnt und arbeitet auf dem Gelände der Kirche – und engagiert sich bald auch in der Gemeinde. Es sei schon ein besonderes Leben gewesen, sagt die 85-Jährige. Und daher rühre auch die außergewöhnlich enge Beziehung zu der Gemeinde und der Frauenhilfe.

Die Frauen treffen sich in ihrer „guten Stube“ alle zwei Wochen zum Kaffeekränzchen.
Die Frauen treffen sich in ihrer „guten Stube“ alle zwei Wochen zum Kaffeekränzchen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Jene Gemeinschaft sei stets sozial aktiv gewesen, habe geholfen, wo es erforderlich war. „Heute sind die meisten von uns über 80 und wir können nur noch unser Ohr anbieten zum Zuhören.“ Wobei mittlerweile die Stücke Bienenstich verspeist sind und die Gespräche wieder in Gang kommen. 36 Damen seien sie noch immer, erzählt Gottschlich. Beinahe könnte man sagen, Tendenz steigend. „Es kommen immer wieder neue Frauen zu uns. Ihnen geht es um den Austausch, die regelmäßigen Begegnungen, die Gemeinschaft. Getreu dem eigenen Motto: Miteinander, füreinander.“

Die Zukunft ist ungewiss

Hier und da unternehmen die Frauen auch noch etwas zusammen, machen mal eine Ausflugstour. Alle zwei Wochen sind sie beisammen. Für viele der Damen seien das echte Höhepunkte im Alltag, weiß Gottschlich, für die das Engagement noch immer „eine Selbstverständlichkeit“ ist. Und so naheliegend wie damals. Mittlerweile nämlich lebt die Seniorin nicht mehr nur auf dem Gelände der Gemeinde. Sie wohnt nun in der Kirche, hat sich, sobald das damals ging, auf eine Wohnung im umgebauten Gotteshaus beworben. „Nur so kann ich die Arbeit für die Frauenhilfe überhaupt leisten.“

Nun jedoch ist eben diese räumliche Nähe befristet. Die Damen sollen, so erzählt die Vorsitzende, „umgesiedelt“ werden in die Lukas-Kirchengemeinde, mit der man jüngst fusionierte. Weil der Kindergarten der Gemeinde vergrößert werden soll. „Aber wie sollen unsere Damen da überhaupt hinkommen? Mit dem Rollator?“ Und überhaupt: „Wir bleiben so lange hier, bis sie uns den Stuhl unterm Hintern wegziehen.“

Hier sind die Damen in guter Gesellschaft

Bis dahin will man sich weiter in der „Guten Stube“ treffen. Vor allem, weil ja das große Jubiläum bevorsteht. Das bereiten die Frauen schon lange vor, einmal mehr unter der Leitung von Gottschlich. Und so wird es ein bisschen auch ihr Ehrentag.

„Sie ist nicht nur der Kopf unserer Truppe, sie ist auch das Herz“, sagt Ruth Brauer. Sie ist eine derer, die ihrer Vorsitzenden besonders oft hilft. Ein bisschen auch aus Eigennutz, wie die 89-Jährige berichtet: „Wenn ich hier nicht herkommen könnte, wäre ich ganz allein im Seniorenheim. Hier bin ich in guter Gesellschaft – und ich bin froh, dass ich spüre: Ich werde hier gebraucht.“