Gelsenkirchen. Auf dem Gelände der Neuen Zeche Westerholt in Gelsenkirchen fand ein ganz neues Trödel-Event statt. Viele Dinge dort wurden sogar verschenkt.
Der Trödelmarkt auf dem Gelände der Neuen Zeche Westerholt hat erst vor ein paar Minuten begonnen. Und so viele Menschen, wie jetzt auf das Gelände strömen, so viele kommen auch schon wieder von dort zurück – alle voll bepackt bis unter die Arme. Alle scheinen ganz begeistert zu sein vom Event, das eine Premiere ist und gleichsam innovativ.
Zahlreiche Stücke wurden verschenkt
„Wir versuchen, das Thema des nachhaltigen Wirtschaftens an die örtlichen Unternehmer heranzutragen“, sagt Birgit Mordhorst vom Team „Lokale Ökonomie“ des Stadtteilbüros Hassel/Westerholt/Berlich. „Unsere Idee war, dass Unternehmer in ihre Lager schauen und ganz im Sinne der Nachhaltigkeit jenen Dingen, die sie entbehren können, ein zweites Leben ermöglichen.“ Eigentlich würde schon jetzt feststehen, dass es eine Wiederholung geben wird im nächsten Jahr. „Und wir sind angesichts der heutigen Resonanz sicher, dass dann noch mehr Unternehmen mitmachen werden“, sagt Mordhorst.
Die Stände, um die sich die meisten Besucher drängen, sind vor den früheren Ausbildungswerkstätten und allesamt bestückt von Hans-Egon Postrach. Er gestaltete einst Schaufenster und Messestände und muss nun sein Unternehmen umstrukturieren und daher sein Lager räumen. Was er hier abgibt, das hat er zum großen Teil selbst angefertigt. „Diese Dinge liegen mir besonders am Herzen. Deswegen macht es mich glücklich, wenn sie eine zweite Chance bekommen. Und ich habe noch nie so viele glückliche Gesichter gesehen. Denn ich verschenke alles. So sind letztlich wir alle glücklich.“
Vom Vogel aus Pappmaché bis hin zu hölzernen Kisten
Auf einem Stein neben dem Stand sitzt Uta Losch. Sie hat einen großen, bunten Vogel aus Pappmaché gefunden. „Der spricht mich an, weil der so unmöglich aussieht“, sagt sie und lacht. „Der kommt vor meine Wohnungstür und bewacht künftig mein Heim.“
Derweil trägt Janina hölzerne Kisten herbei. „Die sind für die Katze im Garten – als Unterschlupf, damit sie im Winter nicht friert.“ Man spürt, dass die Teile, in denen schon die Kreativität von Postrach steckt, auch die neuen Eigentümer kreativ werden lassen. Uschi und Ludwig haben zwei große, geflochtene Objekte ausgewählt. Was wollen sie daraus machen? „Ein Wandobjekt. Vielleicht kommt in die Mitte ein Spiegel.“
Die abgebliche Haar-Maschine ist nur ein Gag
Die vielen Menschen, die sich um den Stand drängeln, können es kaum glauben. Uta bringt es auf den Punkt: „Dass hier alles verschenkt wird, das ist schon etwas Besonderes.“ Und auch Postrach hat seine Freude. „Ich habe in die Sachen ja viel Arbeit gesteckt. Zum Beispiel in diese Haar-Maschine.“ Was das ist? Da führt der Unternehmer zu einem Objekt, das aussieht wie eine historische Maschine, vielleicht aus einem Chemielabor. „Die Leute denken ja, die Haare wachsen auf dem Kopf. Aber hier kann man einstellen, ob die Maschine rote Haare produziert oder blonde, lange oder kurze.“ Das Ganze ist natürlich nur ein Gag, zierte einst das Schaufenster eines Friseurs und findet hier und heute auch einen neuen Liebhaber.
Einziger Wermutstropfen für Postrach: Er hat noch weitere Lager bis oben gefüllt. Seine Weihnachtsartikel, das verabredet er hier vor Ort, darf er beim Wintertreff, einem weihnachtlichen Event in der Hertener Innenstadt am Sonntag, 8. Dezember, von 11 bis 18 Uhr anbieten.
Essen für alle aus geretteten Lebensmitteln
Gleich ums Eck steht Angela Brauner. Sie hat ein Unternehmen, das Büromöbel vertreibt: „Take Office“. Auch bei ihr drängeln sich die Menschen um die Waren. „Wir haben die Gelegenheit genutzt, ein paar Überhänge an den Mann zu bringen. Das sind Rückläufer, falsche Bestellungen und zum Teil auch Sachen, die beim Kunden nicht reinpassten.“ Ob es gut läuft? „Die Resonanz ist erstaunlich gut. Viele der Möbel, die wir mitgebracht haben, sind schon weg.“ Nach nur einer Stunde.
Shoppen ist ja bekanntlich anstrengend und macht hungrig. Ein Angebot an gesunden Speisen bietet ein Stand am ehemaligen Pförtnerhäuschen, das heute eine improvisierte Küche ist. Die „Frauen in Bewegung“ bereiten hier Speisen zu aus gerettetem Essen. Auch das entspricht ganz dem Gedanken der Nachhaltigkeit. Der Verein „Foodsharing“ besorgte die Lebensmittel, die Damen ließen sich auf die Herausforderung ein, Lebensmittel zuzubereiten, wobei sie nicht wussten, welche genau sie bekommen. „Ich fand die Idee total spannend“, erzählt Christina Schadek. „Es war natürlich eine Wundertüte für uns. Wobei wir uns zuvor geeinigt hatten auf Obst, Gemüse und Brot.“
Ab 10 Uhr morgens dann wurden die fünf Damen in der Küche kreativ. Sie entwickelten Leckereien von der Gemüsepfanne bis hin zum Bananeneis. Das schmeckt den vielen Gästen nicht nur, es beeindruckt auch. Denn vor jedem Gericht hängt ein Schild das aufzählt, was speziell hier gerettet werden konnte. Es macht deutlich, Nachhaltigkeit beginnt im eigenen Haushalt, bei allem, was man eben nicht wegwirft, was man neu denkt oder aber abgibt an jene, die es zu schätzen wissen.