Gelsenkirchen. Extra-Gebiete für Kleinsthäuser in Gelsenkirchen: Davon träumt die FDP. Aber das wird es so schnell nicht geben. Stattdessen etwa Dachdörfer?

„In einer Zeit, in der die Stadt Gelsenkirchen um jeden Quadratmeter kämpft, den sie für Wohnbebauung mit Einfamilienhäusern freigeben kann, kann ich das nicht nachvollziehen“: Ralf Robert Hundt, stadtplanerischer Sprecher der Gelsenkirchener FDP-Fraktion, ist verärgert. Seine Fraktion hatte bereits vor zwei Jahren gefordert, dass sich die Stadt im Gelsenkirchener Norden nach Baugebieten umschaut, auf denen sogenannte „Tiny Houses“, also moderne Kleinsthäuser mit einer Wohnfläche von 40 bis 60 Quadratmetern, errichtet werden könnten. Die Idee: Mit dieser im Trend liegenden Wohnform mehr Eigentumserwerb in Gelsenkirchen zu ermöglichen. Doch der aktuelle Stand aus der Bauverwaltung zu dem Thema sorgt bei den Liberalen mächtig für Enttäuschung.

Interesse an Kleinsthäusern in Gelsenkirchen bislang sehr gering

„In den vergangenen Jahren war die Nachfrage nach Flächen für Kleinsthäuser in Gelsenkirchen äußerst gering. Beantragt wurde lediglich die Errichtung von vier Tiny Houses im Rahmen eines Wohnintegrationsprojekts als dauerhafte Mini-Appartements neben der Kirche St. Michael in Hassel“, teilte die Stadt auf eine Anfrage der FDP zu dem Thema mit. Die WAZ hatte im Sommer 2024 über diese Mini-Häuser aus Holz berichtet, die vor allem wohnungslosen Frauen und Männern ein neues Zuhause bieten sollen und für die kürzlich bereits das Richtfest gefeiert wurde. Das Thema „Tiny Houses“ ist in Gelsenkirchen bislang also eher ein soziales – und nichts, was mit Blick auf eine höhere Eigentumsquote irgendeine Rolle spielen könnte.

Und aus Sicht der Verwaltung spricht auch nichts dafür, dass sich das bald ändern wird: „Der Verwaltung sind derzeit weder Tiny-House-Bauvorhaben von privater Seite noch von Projektentwicklern oder Investoren bekannt“, heißt es aus dem Haus von Stadtbaurat Christoph Heidenreich. „Formelle Bauvoranfragen oder Bauanträge für diesen Bautypus liegen nicht vor. Insofern wird das Interesse an dieser Bauform in Gelsenkirchen als äußerst gering eingeschätzt.“

Senioren ausgeschlossen bei Kleinsthäusern? FDP-Mann findet das „absurd“

Gegen diesen Fakt der gegenwärtig geringen Nachfrage könne man keine Gegenbehauptung anführen, gibt auch Ralf Robert Hundt von der FDP zu. „Doch dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass in Gelsenkirchen bislang keine speziell ausgewiesenen Grundstücke zur Verfügung stehen“, meint er. Für ihn ist klar: Ob wirklich Interesse an dieser Wohnform besteht, könnte man feststellen, wenn man erst einmal geeignete Grundstückzuschnitte geschaffen hat. Der allgemeine Trend jedenfalls spreche eine andere Sprache als die der Gelsenkirchener Verwaltung: „Dortmund und Jülich haben bereits Grundstücke ausgewiesen, der Tiny-House-Markt wächst seit Jahren“, so der langjährige Immobilienunternehmer.

Ralf Robert Hundt, hier neben FDP-Fraktionschefin Susanne Cichos, findet: Die Stadt Gelsenkirchen blockiert innovative Ideen.
Ralf Robert Hundt, hier neben FDP-Fraktionschefin Susanne Cichos, findet: Die Stadt Gelsenkirchen blockiert innovative Ideen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Die Verwaltung vertritt weiterhin die Meinung, dass speziell ausgewiesene Bauflächen für Kleinsthäuser nicht nötig seien, da sich entsprechende Gebäude auch auf jeder anderen Grundstücksfläche realisieren ließen. Zudem hätte eine Ausweisung spezieller Gebiete aus Sicht der Stadt zur Folge, dass Nutzergruppen wie Familien, Senioren oder aber auch Studenten ausgeschlossen werden.

Hundt findet dieses Argument „absurd“. Klar, Familien würden nicht zur Kernklientel für Kleinsthäuser gehören, aber gerade Senioren, die weiter eigenständig leben, sich aber verkleinern wollen, seien doch eindeutig eine passende Zielgruppe. Zudem eigne sich ein herkömmlicher Bebauungsplan nicht für die wirtschaftliche Errichtung von Kleinsthäusern. „Sie erfordern kleinere Grundstücksflächen von etwa 200 Quadratmetern, um wirtschaftlich tragbar zu sein“, meint der Bueraner.

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„In der heutigen Zeit, in der der Wohnraum oft begrenzt ist und die Immobilienpreise stetig steigen, bieten Tiny Houses eine praktische Lösung“, argumentiert Hundt. Er versteht nicht, „warum von der Politik beschlossene, innovative Projekte in dieser Stadt immer wieder von der Verwaltung blockiert werden.“

FDP Gelsenkirchen schlägt Dachdörfer nach Rotterdamer Vorbild vor

Den nächsten Anlauf für nachhaltigere Alternativ-Wohnprojekte, den die FDP wagt: Sie versucht in den Haushaltsberatungen 2025 das Thema „Dachdörfer“ zu platzieren. Die Idee: Nach Rotterdamer Vorbild könnten auf städtischen Gebäuden Wohnmöglichkeiten oder kleinere Einheiten für Wohnmobilstellplätze errichtet werden. Man sollte nicht nur über Dachbegrünung auf Gebäuden nachdenken, „sondern dort auch Türmchen, ein Seniorenquartier oder einen Skatepark planen“, schlägt die FDP in einer Anfrage vor. Was das kosten würde und ob das überhaupt in irgendeiner Form möglich wäre, muss die Verwaltung nun in den nächsten Wochen und Monaten beantworten.

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