Gelsenkirchen. Der Stadtbauraum bröckelt vor sich hin – und wird das auch noch lange tun. Warum der Sanierungsfahrplan für allgemeine Ernüchterung sorgt.
Mit der Bauverwaltung ist es so eine Sache. Es liegt in der Natur der deutschen Bürokratie, dass ihre Trägheit hier besonders zum Tragen kommt. Die Fachpolitiker im Bauausschuss wissen das natürlich. Wenn diese in Geduld geübten Ehrenamtler also nervös werden, dann ist vermutlich wirklich etwas im Argen. Und mit Blick auf den maroden Stadtbauraum, den ehemaligen Schacht Oberschuir in der Feldmark, konnten sie ihre Enttäuschung in der vergangenen Sitzung nur schwer verstecken.
Denn klar wurde: In diesem Jahr wird die Stadt keine Fördergelder mehr beantragen können, um den denkmalgeschützten Veranstaltungsraum sanieren zu können. Zusichern konnte die Stadt ebenfalls nicht, dass es in über einem Jahr etwas wird mit dem Start der Sanierung. Sprich: Im schlimmsten Fall bleibt der Stadtbauraum nicht nur im restlichen Jahr 2024, sondern auch 2025 und den Großteil von 2026 ein Sanierungsfall.
Stadtbauraum in Gelsenkirchen-Feldmark: Schon 2022 bröckelte es an der Fassade
Dabei lösten sich schon im Sommer 2022 Steinbrocken vom Gesims – und trafen fast eine Nachbarin, wie die damalige, langjährige Stadtbauraum-Managerin Elke Schumacher empört unserer Redaktion mitteilte. Schon der Beinahe-Steinschlag war die Spitze des Eisbergs. „Seit Jahren weise ich die Stadt immer und immer darauf hin, dass es sicherheitsrelevante Mängel am Gebäude gibt“, sagte Schumacher damals. Kein Wunder also, dass das Denkmal ein Dauerbrenner im Bauausschuss ist.
Oliver Böckler, neuer Leiter der städtischen Planungsabteilung, legte dar, dass man standardmäßig 30 Prozent an Landesförderung für die Sanierung von Denkmälern erhalten könne, sich die Tür zu der Förderung jedoch nur durch einen „gewissen Planungsstand“ öffnet. „Man muss sich sicher sein, was man leisten will und die Kosten ermittelt haben“, „baulich scharf gestellt“ müsse man also sein, sagte er. Dieser Zeitpunkt sei beim Stadtbauraum noch nicht erreicht. Die jährlich verfügbaren Fördergelder seien jedoch nur bis Ende September eines Jahres zu beantragen. Gewartet werden muss also mindestens bis zur nächsten Förderphase 2025.
Denkmal-Sanierung in der Feldmark: Auch Förderantrag 2025 wird „sportlich“
Aber möglicherweise nicht nur bis dahin! Denn wie Böckler nach mehreren verdutzten Fragen und skeptischen Stellungnahmen unzufriedener Politiker (etwa: „Das haben wir schon im Februar gehört“, Patrick Jedamzik von den Grünen) zugeben musste, wäre es auch „sportlich“, den Förderantrag fürs nächste Jahr zuzusichern. Man könne „nicht versprechen“, dass alle nötigen Schritte bis zum 30. September 2025 erfolgt seien.
Der nächste notwendige Schritt: Jetzt soll erst einmal, und zwar in der nächsten Sitzung des Bauausschusses im November, beschlossen werden, dass über einen externen Ingenieur die Planungsleistung für die Sanierung beauftragt wird – ein Zeithorizont, über den sich die anwesende Politik, von SPD über FDP, CDU und Grünen, durchaus verwundert zeigte. Christoph Klug von den Liberalen vermutete gar, dass die Verwaltung eigentlich schon bei der Sitzung im Februar Bescheid wusste, dass sie der Politik später eine Hiobsbotschaft überbringen werde. „Dann hätten wir uns das jetzt hier heute sparen können“
Tino Gäfke, Leiter des Referats Hochbau und Liegenschaften, verneinte, dass die Bauverwaltung schon Anfang des Jahres mehr wusste und versuchte die allgemeine Verwunderung einzufangen. „Es klingt komisch, aber wir sind da immer auch ein bisschen fremdbestimmt, was die Abläufe angeht“, sagte er. Man habe im letzten Jahr mit dem Thema Stadtbauraum angefangen, die Schäden am Denkmal dann erst einmal per Gutachten genau festgestellt. Jetzt sei man „in der zweiten Phase“, um genau zu beschreiben, wie die Planung und Umsetzung für die Fassadensanierung erfolgen kann. „An der Reihenfolge kann man auch nichts ändern.“
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Nicht final geklärt ist, in welchem Umfang der Stadtbauraum dabei auch im Inneren saniert werden soll. Schließlich sieht auch der Fußboden ziemlich mitgenommen aus. „Es sind die Schäden an der Gebäudehülle, die eine Dringlichkeit produzieren“, betonte Oliver Böckler von der Stadt. Neben den rein baulichen Fragen gibt es aber auch noch die Frage nach dem zukünftigen „Nutzungsprofil“ des Stadtbauraums. Seitdem die Ära Elke Schumachers Ende 2023 beendet wurde, wird das Innenleben des Denkmals von der städtischen Musikschule verwaltet und belebt. Kulturveranstaltungen laufen dort aktuell allerdings nicht.
Immerhin dürfte die weitere Diskussion um das Bespielen der prägnanten Kulturstätte den schleppenden Sanierungsprozess nicht weiter verlangsamen. Diese könne „unabhängig von der denkmalgerechten Sanierung“ geschehen, teilte die Stadt mit.