Gelsenkirchen. In kaum einer anderen Stadt ist ein mehrjähriger Kitabesuch so wichtig wie in Gelsenkirchen. Diese Zahlen zeigen das Ausmaß des massiven Mangels.
Zu wenig Kita-Plätze, zu wenig Erzieher, zu wenig Lehrer, zu wenig OGS-Plätze, zu wenig Klassenräume, zu viele Kinder, die bei ihrer Einschulung kein oder kaum Deutsch sprechen, zu viele Kinder, die auch deshalb schon die erste Klasse wiederholen müssen, zu viele Jugendliche, die die Schule am Ende ohne Abschluss verlassen. . .
Der Mangel von so ziemlich allem, was dringend nötig ist und der Überschuss an Negativ-Nachrichten sind immer wieder Gegenstand der Berichterstattung der WAZ Gelsenkirchen. Die „Bildungskatastrophe“ bestimmt allzu oft die Schlagzeilen, wobei auch nicht zu kurz kommt, dass die Stadt durchaus auch neue Kitas und Schulen baut, um der wachsenden Bevölkerungszahl gerecht zu werden – jedenfalls einigermaßen.
Klaffende Lücke in Gelsenkirchen zwischen brauchen und haben
Doch unterm Strich bleibt weiterhin eine klaffende Lücke zwischen dem, was in Gelsenkirchen gebraucht wird und dem, was da ist:
So stehen derzeit beispielsweise nur 9.814 Kitaplätze für 15.127 Kinder im Alter von einem bis sechs Jahren zur Verfügung. Davon 7.780 für über dreijährige Kinder und 2.034 für unter dreijährige Kinder. Auf den Wartelisten des Kitaportals der Stadt Gelsenkirchen stehen demgegenüber aber aktuell noch 2.141 Kinder, die innerhalb des Kindergartenjahres 2024/2025 (also bis zum 31.07.2025) einen Betreuungsplatz wünschen. Dabei handelt es sich um 834 über dreijährige Kinder und 1.307 Kinder unter drei Jahren.
Mehr als 2.100 Familien in Gelsenkirchen sind in diesem Sommer also leer ausgegangen bei der Suche nach einem Kitaplatz. Da helfen die zusätzlichen rund 380 Betreuungsplätze in der Kindertagespflege, die vorrangig von unter dreijährigen Kindern in Anspruch genommen werden, auch nur bedingt weiter.
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Während in den östlichen Bundesländern die Betreuungsquoten für Kinder unter drei Jahren zwischen 40 und 60 Prozent liegen, sind es in NRW in dieser Altersgruppe 31 Prozent. In Gelsenkirchen allerdings können nur 18,1 Prozent der Kinder unter drei Jahren in einer Kita oder Tagespflege versorgt werden. Gleichzeitig ist hier die Betreuungsquote von Kindern zwischen drei und fünf Jahren um 14,1 Prozent auf 78,8 Prozent gesunken.
Dabei will die Stadt eigentlich fast allen Kindern im Alter von drei bis sechs bis zum Ende des Jahrzehnts einen Kita-Platz zur Verfügung stellen. Wie nötig das auch wäre, zeigt ein Blick auf eine aktuelle Recherche dieser Redaktion, wonach im vergangenen Jahr 43,3 Prozent (2013: 24,8 Prozent) der Kinder in Gelsenkirchen keine oder nicht ausreichende Deutschkenntnisse bei ihrer Einschulung hatten. Je länger Kinder vor der Schule eine Kita besuchen, desto besser sprechen sie Deutsch. Allerdings bedarf es in vielen Fällen einer relativ langen Betreuung in der Kita. Denn selbst bei mehr als drei Jahren in einer hiesigen Kita sprach noch jedes vierte Kind mit anderer Muttersprache nicht ausreichend Deutsch.
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Den immer größer werdenden Herausforderungen in den Kindergärten stellt die Stadt in ihren Kitas aktuell 1.294 Stellen mit pädagogischem Personal entgegen. Zusätzlich sind derzeit noch 103 Auszubildende in den städtischen Kindertageseinrichtungen eingesetzt. 46 Stellen sind nach Angabe der Stadt derzeit unbesetzt. Doch selbst wenn alle Stellen besetzt wären, reicht das Personal oftmals nicht aus, wie Erzieherinnen und Erzieher und Eltern immer wieder beklagen. Das zeigt nicht zuletzt auch diese Zahl:
Im Kita-Jahr 2022/2023 kam es bei 47 Tageseinrichtungen von Gekita zu Meldungen von Teilschließungen aufgrund von Personalunterbesetzungen. Im Kita-Jahr 2023/2024 waren es 50 Meldungen. Dabei kann sich eine Meldung sowohl auf einen oder auf mehrere Tage beziehen. Am Ende gilt dann auch hier: zu wenig Erzieher, zu viele Schließungen – und das Rad der Nachrichten über den Mangel auf der einen und den unerwünschten Überfluss auf der anderen Seite dreht sich weiter.