Gelsenkirchen-Buer. Im Schießkino Dasch in Gelsenkirchen-Buer können Jäger den Umgang mit ihrer Waffe trainieren. Scharf geschossen wird dabei aber nicht.

Dies ist schon ein ziemlich außergewöhnlicher Raum. Vor allem für Neulinge. Ein bisschen sieht er aus wie ein Wohnzimmer mit alten Holzmöbeln und einer großen Sitzgarnitur. Ihr gegenüber ist eine riesige Leinwand. Sie ist das Herzstück des „Schießkino Dasch“. Hier lernen und trainieren Jägerinnen und Jäger in einer simulierten Situation das Schießen. Denn der einzige Weg zu einem sicheren Blattschuss, also einem Schuss, der ein großes Tier in freier Wildbahn sofort erlegt, ist so banal wie oft im Leben: Üben, üben, üben.

Es klingt ein bisschen absurd, aber das Schießkino ist am Ende im Sinne des Tierwohls. Die Jagd ist wichtig und notwendig. Umso bedeutsamer jedoch ist es, dass der Jäger absolut sicher schießt. Nur wenn er optimal trifft, leidet das erlegte Tier nicht. „Schießstände werden mehr und mehr geschlossen. Das sehen wir sehr kritisch“, sagt Dr. Martin Schmid, Mit-Inhaber und Betreiber des Schießkinos und Mitglied der Kreisjägerschaft Gelsenkirchen. Denn: „Nur Übung macht den Meister.“

Gelsenkirchener Jäger: „Nur so gelingen präzise Schüsse“

Blattschuss: Die Grafik zeigt nach dem Schuss sofort an, wo die Kugel das Tier getroffen hätte.
Blattschuss: Die Grafik zeigt nach dem Schuss sofort an, wo die Kugel das Tier getroffen hätte. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Dann demonstriert er, wie die Simulation funktioniert. Auf der große Leinwand lässt er eine Animation ablaufen, in welcher ein Wildschwein über eine Wiese auf ein Waldgebiet zurennt. Alles geht wahnsinnig schnell. Martin Schmid zielt, drückt ab – und kann sogleich eine Grafik aufrufen, die zeigt, in welchem Moment des Laufes des Tieres er abgedrückt und wo er getroffen hat. Ein Blattschuss. Das Tier wäre sofort tot gewesen.

Videos und Bilder aus Gelsenkirchen finden Sie auch auf unserem Instagram-Kanal GEtaggt. Oder abonnieren Sie uns kostenlos auf Whatsapp und besuchen Sie die WAZ Gelsenkirchen auf Facebook.

Was der erfahrene Jäger so sicher kann, müssen andere lernen oder trainieren. Dazu gehöre eine besondere Technik. Man schwinge die Büchse ausgehend von einem Punkt hinter dem Tier über dessen Bewegung hinweg und über das Ziel hinaus. Erst dann wird abgedrückt. „Nur so gelingen solch präzise Schüsse.“ Wer das Angebot nutze? „Das sind im Frühjahr vor allem angehende Jäger, die üben und sich auf ihre Prüfung vorbereiten.“ Ab August kämen erfahrene Jäger her. Dann beginnt die Jagdsaison. Nach längerer Zeit der Pause sei es gut, man bereite sich in der Simulation auf den Einsatz in freier Wildbahn vor. „Es muss viel trainiert werden. Denn wir haben als Jäger ja eine große Verantwortung. Wir wollen, dass ein optimaler Treffer nichts mit Glück zu tun hat, sondern immer reproduzierbar ist.“

Seit zehn Jahren gibt es das Schießkino in Buer

Das Besondere im Schießkino Dasch: Jäger, die bereits über eine eigene Waffe verfügen, können mit dieser üben. Natürlich wird im Schießkino nicht mit scharfer Munition geschossen. „Es wird eine sogenannte Pufferpatrone eingelegt. Das ist ein reiner Dummy. An die jeweilige Waffe wird dann eine Kamera angebaut. Sie ermöglicht eine ballistische Berechnung. Alles ist genauso wie draußen. Nur kann der Schütze nach dem Schuss selbst sehen, wie er sich vor dem Schuss bewegt hat, wann er abgedrückt und wie er getroffen hat“, sagt Martin Schmid.

Vor rund 25 Jahren sei dieses digitale System entwickelt worden. Seit zehn Jahren betreiben Schmid und sein Geschäftspartner Wilhelm Dahm das Schießkino am Rande von Buer – der Name „Dasch“ ergibt sich aus der Kombination der Namen Dahm und Schmid. Weil es aus Sicht der passionierten Jäger einfach Sinn ergibt und im Sinne der Umwelt sei. Diese werde geschont, wenn nicht immer im Freien geübt werde, Tiere würden nicht durch Schüsse irritiert, die Emissionen wie etwa durch Schießpulver landen nicht in der Umwelt. Gleichsam profitieren auch die Jäger, so Schmid. Sie könnten 60 bis 100 Schuss hintereinander ausführen. Eine solch hohe Zahl sei notwendig, um die richtige Technik zu verinnerlichen.

In Gelsenkirchen gibt es rund 500 Jäger

Wie groß hier die Nachfrage ist? „Wir haben allein in Gelsenkirchen rund 500 Jäger“, weiß Martin Schmid zu überraschen und erklärt, NRW habe mit rund 110.000 Jägern die meisten unter allen Bundesländern. Und die seien eigentlich noch nicht genug. Es brauche mehr Jäger – und mehr Lernorte für sie wie das Schießkino Dasch. Seit einigen Jahren steige die Zahl der Interessierten wieder. Dafür sei sie aber zuvor zwanzig Jahre lang stark gesunken: Schmid spricht vom Fachkräftemangel. „Dabei haben wir viele wichtige Aufgaben zu erfüllen. Die wichtigste ist aktuell eine Verringerung des Bestandes von Wildschweinen.“

Das liege an der Schweinepest, die sie übertragen und die die Hausschweine der Landwirte massiv gefährdet. Gleiches gelte für das Schalenwild, also Paarhufer wie Rehe und Hirsche, das, tritt es in großer Zahl auf, den Wald beschädigt. Und der habe eben unter den Wetterbedingungen der vergangenen Jahren schon immens gelitten. „Wichtig ist auch die Raubwildbejagung, beispielsweise von Füchsen, Waschbären oder Mardern. Sie würden andere, kleinere Tiere gefährden.“ Umso bedeutsamer also sei es, gut und sicher schießen zu können.