Gelsenkirchen. Darf ein Arbeitgeber einen Drogentest in Form einer Haarprobe einfordern? Um diese Frage ging es vor dem Gelsenkirchener Arbeitsgericht.

„Ich tue das, weil ich ein reines Gewissen habe“: Mit diesen inzwischen legendären Worten begründete der damalige Bayer-Leverkusen-Trainer Christoph Daum seinen Entschluss, eine freiwillige Haarprobe abzugeben, um sich auf Drogen testen zu lassen. Das Ergebnis ist bekannt: Die Probe war positiv, Daum damit als Kokainkonsument entlarvt, er trat von seinem Amt zurück. Um eine eben solche Haarprobe ging es jetzt auch vor dem Gelsenkirchener Arbeitsgericht.

Darf ein Unternehmen von einem Arbeitnehmer verlangen, eine Haarprobe für ein Drogenscreening abzugeben? Das war die Grundfrage, mit der sich das Gericht zu beschäftigen hatte. Darum ging es: Im Frühjahr war bekannt geworden, dass einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gelsendienste unter Verdacht standen, während ihrer Arbeitszeit Drogen konsumiert und in einigen Fällen sogar mit ihnen gehandelt zu haben. Ein Mitarbeiter hatte – das berichtete die Anwältin von Gelsendienste vor Gericht – umfassend zu den Vorwürfen ausgesagt und dabei auch die Namen von Kolleginnen und Kollegen genannt.

Gelsenkirchener Arbeitnehmer verweigert Haarprobe

Unter diesen Namen war auch der Name eines Gelsendienste-Mitarbeiters, der bei der Straßenreinigung rund um den Gelsenkirchener Hauptbahnhof eingesetzt ist. Dieser soll ebenfalls Drogen konsumiert haben, laut der Aussage des Informanten beispielsweise Amphetamin, Cannabis und Kokain. Daraufhin gab es ein Gespräch zwischen dem Straßenreinigungsmitarbeiter und seinen Vorgesetzten. Dabei, so berichtete der Mitarbeiter, habe man ihn zu einer ärztlichen Untersuchung inklusive Drogentest aufgefordert. Zunächst habe er dem zugestimmt – als dann aber klar wurde, dass der Drogentest auch eine Haarprobe beinhaltet, weigerte sich der Mitarbeiter. Er klagte vor dem Arbeitsgericht gegen seinen Arbeitgeber Gelsendienste.

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Der Anwalt des Mitarbeiters argumentierte, dass Gelsendienste kein Recht habe, diesen Drogentest zu verlangen. Durch den Test könne lediglich festgestellt werden, ob jemand Drogen konsumiert habe – allerdings nicht, ob das innerhalb der Arbeitszeit geschehen sei. An der Arbeit des Mitarbeiters habe es nie etwas zu beanstanden gegeben. Das bekräftigte auch der Mitarbeiter selbst: „Ich mache den Job seit 21 Jahren und habe mir nie etwas zu Schulden kommen lassen“, sagte er. „Ich liebe meinen Job und mache das gern – ich will einfach nur in Ruhe meine Arbeit machen.“ Er habe auch nichts dagegen, seine Arbeitsfähigkeit bei einer ärztlichen Untersuchung unter Beweis zu stellen, ein Drogentest gehe ihm aber zu weit. Den Hinweisgeber, der gegenüber den Gelsendienste-Verantwortlichen ausgesagt hat, kenne er außerdem nur flüchtig. „Der arbeitet bei der Müllabfuhr, ich bei der Straßenreinigung“, so der Mann, „ich habe noch nie mit ihm geredet.“

Gelsendienste: Weigerung des Mitarbeiters erhärtet den Verdacht gegen ihn

Damit wollte sich die Anwältin von Gelsendienste allerdings nicht zufriedengeben. „Wir haben feststellen müssen, dass die Aussagen unseres Hinweisgebers in vielen Fällen zutrafen“, sagte sie – deshalb sei der Mitarbeiter erst unter Verdacht geraten. „Es wäre doch sehr einfach für ihn gewesen, den Drogentest machen zu lassen“, so die Anwältin, „und den Verdacht auszuräumen.“ Der Mitarbeiter bediene immerhin ein Straßenreinigungsgerät im öffentlichen Raum: „Da haben wir doch auch eine Verantwortung für ihn und die Bürger.“ Die Weigerung des Mannes, sich einem Drogentest zu unterziehen, erhärte nur den Verdacht gegen ihn, argumentierte sie.

Dieser Argumentation wollte sich die Richterin nicht anschließen. „Der Kläger kann doch durchaus sagen, dass er in seiner Freizeit in legalem Rahmen Drogen konsumiere und sich deshalb einem Drogentest verweigern“, sagte sie. Sie wies darauf hin, dass Drogenkonsum Privatsache sei – erst, wenn der Arbeitgeber berechtigte Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des Mitarbeiters habe, müsse er eingreifen, um zu verhindern, dass Menschen zu Schaden kommen. Das fasste der Rechtsanwalt des Mannes auch noch einmal zusammen: „Sie haben ein Anrecht darauf, zu prüfen, ob mein Mandant arbeitstauglich ist – mehr aber auch nicht“, sagt er in Richtung Gelsendienste. Die Richterin ließ außerdem durchblicken, dass ihr die bloße Aussage des Hinweisgebers als Grundlage für einen angeordneten Drogentest nicht reichte: „Das muss noch konkreter werden“, sagte sie.

Zu einer Einigung kam es bei dem Treffen, das als Gütetermin angesetzt war, nicht: Gelsendienste bestand auf einem Kammertermin, also einer Verhandlung, bei der neben der Richterin auch noch zwei ehrenamtliche Richter entscheiden. Als Termin dafür wurde der 10. September angesetzt.