Gelsenkirchen-Buer. In Gelsenkirchen-Buer ist ein Streit zwischen einer Bürgerinitiative und der Stadtverwaltung entbrannt. Es geht um das Tempo im Straßenverkehr.
In Buer ist man sauer auf die Stadt Gelsenkirchen – das kommt bekanntlich häufiger vor. Konkret geht es um die Mitglieder der Bürgerinitiative Quartiersnetz Buer-Ost: Die beklagen sich darüber, dass die Stadt nicht mehr in dem Maße mit ihnen zusammenarbeitet, wie sie es gewohnt waren, und zwar beim Thema Geschwindigkeitsmessungen.
Im Jahr 2019 hatte die AG Verkehr im Quartiersnetz beim Bezirksforum Nord Geld für eine Geschwindigkeitsanzeige beantragt und bewilligt bekommen. Seit Sommer 2020 wurde diese an verschiedenen Standorten in Buer-Ost eingesetzt. In der AG Verkehr war neben einer Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur immer die überhöhte Geschwindigkeit und die Belastung durch die Menge der Autos in den Wohnstraßen ein großes Thema.
Stadt Gelsenkirchen übernahm bislang das Auslesen der Daten
Mit der Geschwindigkeitsanzeige sollten die Autofahrerinnen und Autofahrer vor allem daran erinnert werden, dass sie sich in einer 30-er Zone beziehungsweise in einem verkehrsberuhigten Bereich befinden und ihre Geschwindigkeit entsprechend anpassen sollen. Außerdem wurde die Anzahl der Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sowie deren Geschwindigkeit dokumentiert. In der Regel stand die Messanlage etwa drei Monate lang an einem Standort, das Auslesen der Daten übernahmen Experten der Stadt Gelsenkirchen, die die Daten dann an die AG weiterleitete.
Die Auswertung und Interpretation der Daten übernahmen die AG-Mitglieder – und ermittelten einige „Problembereiche“ in Buer, so etwa der Teil der De-la-Chevallerie-Straße, der am Markt vorbei führt. Aus der Analyse entstand ein Bürgerantrag, den die AG 2023 in die Bezirksvertretung Nord einbrachte, darin wurde die Verwaltung aufgefordert, die einzelnen durch die Messergebnisse aufgezeigten Problembereiche zu prüfen, Veränderungsmöglichkeiten zu identifizieren und in Angriff zu nehmen. „Die Politikerinnen und Politiker der Bezirksvertretung übernahmen in einem eigenen Beschluss Forderungen der Bürgerinitiative“, berichtet Wilfried Reckert, Sprecher der AG.
So reagiert die Stadtverwaltung auf die Vorwürfe
Allerdings: „Seit der besagten Sitzung der Bezirksvertretung haben wir von der Stadt keine Messdaten mehr erhalten“, beklagt sich Reckert. Auf ein Schreiben an Oberbürgermeisterin Karin Welge hin erhielt er zur Antwort, dass die bislang zur Verfügung gestellten Daten zur Identifizierung von Gefahrenstellen nicht nutzbar seien. Zuverlässige Daten gebe es nur über sogenannte Seitenradarmessgeräte (SDR), hieß es weiter.
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Stadtsprecher Martin Schulmann erklärt darüber hinaus, dass aus den Dialogdisplays grundsätzlich keine Messdaten erhoben werden könnten. „Die bislang zur Verfügung gestellten Daten sind zur Identifizierung von Gefahrenstellen nicht nutzbar“, so Schulmann. Hierfür nutze die Verkehrsüberwachung eben jene Seitenradarmessgeräte (SDR). „Mit einem SDR ist eine kennzeichenneutrale und unauffällige Messung aller am Verkehr Teilnehmenden möglich“, so Schulmann. Anders als mit den Displays ließe sich hieraus ein tatsächliches Geschwindigkeitsniveau ermitteln.
Reckert: Unterschied zwischen Durchschnitts- und Spitzengeschwindigkeit
„Die Datenerhebung für das Quartiersnetz Buer-Ost stellen jedoch eine Zusatzleistung der Verwaltung dar, auf die kein Anspruch besteht“, so der Stadtsprecher weiter. „Gerne kann das Quartiersnetz Buer-Ost der Verwaltung weiterhin Hinweise zu möglichen Standorten für das Dialogdisplay und für eine SDR-Messung zukommen lassen, welche nach Prüfung umgesetzt werden.“ Von einem Einstellen der Zusammenarbeit könne daher keine Rede sein.
Wilfried Reckert weist allerdings darauf hin, dass die Stadt bei der Frage, ob ein Ort eine Gefahrenstelle sei, die gemessene Durchschnittsgeschwindigkeit als Grundlage nehme. Ihm sei aber auch die Spitzengeschwindigkeit wichtig, sagt er, und erklärt das an einem Beispiel. „Wenn ich an der De-la-Chevallerie-Straße die Durchschnittsgeschwindigkeit messe, kommt ein moderater Wert heraus. Kein Wunder, denn tagsüber ist es hier zu voll, um rasen zu können.“ Das sei in den Abend- und Nachtstunden aber ganz anders: „Da haben wir teilweise Werte von weit über 80 km/h gemessen.“ Und das rechtfertige seiner Meinung nach durchaus die Einstufung als Gefahrenstelle.