Gelsenkirchen-Hassel. Beim Boxerklub Gelsenkirchen in Hassel trainieren Halterinnen und Halter ihre Hunde. Dabei kann es schon einmal richtig zur Sache gehen.

Lilou steht da, ganz ruhig, offenbar hoch konzentriert. Ihre ganze Aufmerksamkeit ist auf Giuliana Fischer gerichtet. Die junge Frau steht in einiger Entfernung an einer etwa 1,60 hohen steilen Rampe, die wie ein umgedrehtes „V“ aussieht und schaut Lilou an. „Komm“, ruft Fischer, und Boxerhündin Lilou schießt los wie ein abgeschossener Pfeil von einem gespannten Bogen: Sie fliegt beinahe durch die Luft, berührt scheinbar kaum den Boden und ist in kürzester Zeit auf der Rampe und wieder unten. Von ihrer Trainerin gibt es dafür ein Lob und eine kleine Streicheleinheit.

Gelsenkirchen war einst Musterstelle für Kriegsdiensthunde

Giuliana Fischer ist zweite Vorsitzende des „Boxerklub Gelsenkirchen e.V.“ Ein Verein mit Tradition: Bereits seit 1947 widmen sich die Mitglieder der Zucht und der Ausbildung von Boxern. Das Vereinsgelände ist idyllisch im Grünen gelegen, im Norden von Gelsenkirchen an der Marler Straße. Viel Platz ist da: Für eine große Wiese, auf der Trainingselemente wie die beschriebene Rampe oder Hürdenelemente stehen, aber auch für ein Vereinsheim, in das sich die Mitglieder nach dem Training mit ihren Hunden zurückziehen können.

Blindes Verständnis: Giuliana Fischer vom Boxerclub Gelsenkirchen mit ihrer Hündin Lilou.
Blindes Verständnis: Giuliana Fischer vom Boxerclub Gelsenkirchen mit ihrer Hündin Lilou. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Das Züchten der Hunde mit dem markanten, flachen Gesicht habe Tradition in Gelsenkirchen, sagt auch Schriftführer Justin Büschken. „Boxer sind ja Gebrauchshunde“, erklärt er, „die früher auch häufig als Diensthunde bei Polizei und Militär eingesetzt wurden.“ Inzwischen sei das seltener geworden, würde die Polizei etwa häufiger auf deutsche oder belgische Schäferhunde zurückgreifen, doch bis vor wenigen Jahrzehnten sei der Boxer der Hund der Wahl gewesen. „Gelsenkirchen war während des Zweiten Weltkrieges Musterstelle für Hunde, die im Krieg eingesetzt wurden“, erklärt Büschken. Daher habe es auch nicht lange gedauert, bis sich nach dem Krieg ein entsprechender Verein gegründet habe.

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Dabei sei es am Anfang zum einen darum gegangen, die Zuchtlinien der Tiere zu pflegen – dieses Ziel verfolgen die Vereinsmitglieder auch heute noch. Zum anderen sollten die Boxer darauf hintrainiert werden, die Prüfung für den Einsatz als Diensthund zu bestehen. Dieser Faktor sei heute etwas in den Hintergrund getreten, so Büschken – trainiert werden die Tiere aber dennoch. „Die Hunde lernen, sich ihrem Besitzer unterzuordnen“, erklärt Büschken, „und sie lernen die gängigen Befehle wie ,Sitz‘ oder ,Platz‘“.

Training sieht martialisch aus – ist es aber nicht

Wie gut diese Erziehung funktioniert, demonstriert Giuliana Fischer, wenn sie mit Lilou auf die Wiese geht. Die Hündin klebt förmlich an ihrer Seite, macht jeden Schritt, jede Drehung mit. „Für die Hunde ist das ideal“, sagt Justin Büschken, „sie bewegen sich an der frischen Luft und liegen nicht daheim auf der Couch.“ Das Ziel des Trainings sind die Prüfungen, die die Besitzer mit ihren Hunden ablegen. Die sind nach Schwierigkeit gestaffelt: Geht es zunächst darum, wie gut ein Hund bei Fuß geht oder auf Kommandos hört, wird es im Verlauf kniffliger. Dann müssen etwa Fährten gesucht oder versteckte Gegenstände gefunden werden.

Die Attacke gilt dem Armschutz: Justin Büschken demonstriert ein Training mit dem Boxer.
Die Attacke gilt dem Armschutz: Justin Büschken demonstriert ein Training mit dem Boxer. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Auch der sogenannte „Schutzdienst“ wird trainiert: Dabei wird ein Überfall auf den Hundehalter simuliert, den der Hund dann abwehren soll. Justin Büschken demonstriert das mit einem stabilen Armschutz, den er sich überstreift, und in den sich der Hund sofort verbeißt. Das sieht martialisch aus – sei es aber nicht, erklärt Justin Büschken. „Für den Hund ist das alles spielerisch“, sagt er, „das hat mit Aggression, wie oft behauptet wird, nichts zu tun.“ Der Boxer sei auf den Armschutz konditioniert: „Sobald ich den ablege, ist wieder alles friedlich.“

Zuchtschau mit Hunden aus ganz Deutschland am 7. Juli

Einen Einblick in seine Vereinsarbeit bietet der Klub am kommenden Sonntag, 7. Juli: Dann findet auf dem Vereinsgelände an der Marler Straße 120a eine sogenannte Landesgruppenausstellung statt. „Dazu kommen etwa 65 Hunde mit ihren Halterinnen und Haltern aus ganz Deutschland und den Niederlanden“, freut sich Justin Büschken schon jetzt auf die Zuchtschau. Bei der Veranstaltung geht es allerdings nicht um Sport: Hier präsentieren die Halter ihre Tiere. Je nachdem, wie sehr diese den Rassekriterien entsprechen, gibt es Punkte.

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„Die Landesgruppenausstellung ist für uns von besonderer Bedeutung, da sie in Gedanken an unseren langjährigen ersten Vorsitzenden Jürgen Grümer ausgerichtet wird, der 2021 verstorben ist“, fügt Justin Büschken noch hinzu. „Er hat unseren Verein mit unermüdlichem Einsatz und großer Leidenschaft geleitet und wesentlich zu unserem heutigen Erfolg beigetragen.“

Alle Infos zum Boxerklub gibt es im Internet: bk-gelsenkirchen.de.