Gelsenkirchen. Würdevoll leben bis zuletzt: Hospizarbeit ist anspruchsvoll, fordernd, aber auch bereichernd. So wichtig ist es, Sterbenden Zeit zu schenken.

„Wir gucken: Was braucht der Mensch. Dabei geht es nicht speziell um das Thema Tod. Im Gegenteil, die Zeit, die wir haben, versuchen wir zu leben und so gut wie möglich zu gestalten“, sagt Fidela Schmidtke Terraza. Die 49-Jährige ist seit 2015 als ehrenamtliche Sterbebegleitung für den Gelsenkirchener Hospizverein tätig. Zwei tragische Ereignisse – die Nahtoderfahrungen ihres Sohnes und ihres Vaters – ließen sie auf den Verein aufmerksam werden.

Hospiz Gelsenkirchen: Erfahrungen mit dem Tod prägen die Arbeit

Im September 1999 wurde der Verein aus einem Arbeitskreis des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid heraus gegründet. Dass sterbende Menschen, unabhängig von Alter, finanziellem und sozialem Status, Herkunft, Weltanschauung und Konfession würdevoll bis zuletzt leben sollen, war dabei der Leitgedanke. „Die damalige Entscheidung hat sich bewährt. Der Verein wird von allen Menschen unabhängig von ihrem Glauben angenommen“, sagt Pfarrer Henning Disselhoff, der von Anfang an Vorsitzender des Gelsenkirchener Hospizvereins ist.

Ina de Cruppe, Ulrich Schneider, Pfarrer Henning Disselhoff, Fidela Schmidtke Terraza und Anja Mertins-Krebs (von links) engagieren sich im Gelsenkirchener Hospizverein.
Ina de Cruppe, Ulrich Schneider, Pfarrer Henning Disselhoff, Fidela Schmidtke Terraza und Anja Mertins-Krebs (von links) engagieren sich im Gelsenkirchener Hospizverein. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

55 aktive Mitglieder zählt der Verein, an die 100 insgesamt. Neue Freiwillige für das Ehrenamt werden immer gesucht. Sie müssen für die begleitende Arbeit vorab eine 20-stündige Schulung belegen, die 14-tägig an einem Samstag stattfindet. Einen hohen Anteil nimmt dabei das Thema Selbsterfahrung ein. Aber es geht auch um Trauerreflexion, Kommunikation im Allgemeinen und die Geschichte der Hospizbewegung. Zudem erhalten die Teilnehmer wichtige Informationen rund ums Sterben. Der Tod wird dabei biologisch und spirituell beleuchtet. „Viele kommen zu uns, weil sie selbst Erfahrung mit dem Tod haben“, so Vorstandsmitglied Ulrich Schneider. Die kostenlosen Kurse für Sterbebegleiter starten einmal im Jahr, meist im Oktober.

Einsatz für die Hospizarbeit in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Demenz-WGs

Eingesetzt werden die Ehrenamtlichen, wo sie benötigt werden. Darunter fallen Krankenhäuser, Pflegeheime, Demenz-WGs oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Aber auch häusliche Besuche, telefonische Vorabberatungen und Vermittlung zu anderen Fachstellen zählen zum Aufgabenbereich. Dafür arbeitet der Verein in einem Palliativnetz, zu dem Krebsberatungsstellen, Palliativstationen in Krankenhäusern und das Gelsenkirchener Hospiz gehören. Der Sterbende entscheidet mit dem begleitenden Menschen – so weit wie möglich – selbst, welche Hilfen für ihn wichtig, richtig und wohltuend sind. Das kann ganz unterschiedlich sein. Für den einen sind es Gespräche, das Vorlesen von Geschichten, Gesellschaftsspiele oder Spaziergänge, für den anderen kann es ein Kneipen- oder Fußballstadionbesuch sein. Nicht selten schwelgt man auch in Erinnerung oder lässt positive Lebensmomente gedanklich Revue passieren.

„Die Hospizarbeit hat unendlich viele Gesichter. Was ist möglich und was die Betroffen wollen, klären wir vorab“, so die leitende Koordinatorin Ina de Cruppe. Sie ist zusammen mit Edeltraut Serafin und Christa Bogacki hauptamtlich für den Verein mit Sitz in Bulmke tätig. Sie sagt: „Dieses Ehrenamt braucht Verlässlichkeit. Kontinuität und Vertrauen sind wichtig.“

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Begleiterin Fidela Schmidtke Terraza erklärt: „Durch die Hospizarbeit habe ich mich mit der eigenen Endlichkeit auseinandergesetzt. Das hat auch mir selbst geholfen.“ Anja Mertins-Krebs ist ebenfalls seit 2018 als Sterbebegleitung tätig. Kürzlich nahm sie zudem an einer Fortbildung zum Thema „Waldbaden für Demenzerkrankte“ teil. „In meiner Familie war das Thema Tod immer präsent“, sagt die 54-Jährige. Ihr Bruder verstarb schon vor ihrer Geburt. Privat und beruflich kam sie durch ihre Arbeit im Altenheim immer wieder mit der Thematik in Kontakt. Durch die eigenen Erfahrungen und die Auseinandersetzung damit wurde ihr die Angst vor dem Tod genommen. Trotzdem halten sie und ihre Kolleginnen es für erforderlich, nicht alleine dazustehen. Einmal im Monat finden Gesprächsabende in geschützter Atmosphäre statt. Sie sagt: „Der Austausch untereinander und mit den Koordinatorinnen ist wichtig, um das Erlebte zu verarbeiten.“

Telefonisch erreichbar ist der Hospizverein unter 0209-81 82 352. Für Fragen steht Koordinatorin Ina de Cruppe zur Verfügung. Mehr Informationen unter: gelsenkirchener-hospiz-verein.de