Gelsenkirchen. Seit 60 Jahren gibt es den Sparclub „Dau wat drin“. Von Anfang an treffen sich die Mitglieder im Haus Steinfurt. Ihr Kneipen-Treff feiert jetzt das 110-jährige Bestehen mit Sparern und Gästen.
Immer wieder freitags treffen sich Paul Czekalla und Herbert Gurski mit KarlHeinz und Gisela Teubner. Mal in wechselnden Kombinationen, aber immer mit einem Ziel: Dann wird vom Vorstand abgerechnet. Wird gezählt, dreifach notiert, bilanziert. Dann klimpern die Münzen, knistern die Scheine, perlt dazu ein Pilsken im Glas.
Jeden Freitag wird der Sparkasten hinterm Tresen geleert, ehe der Inhalt auf das Konto bei der Sparkasse wandert – und das seit 60 Jahren. So lange gibt es den Sparclub „Dau wat drin“. Treffpunkt ist das Haus Steinfurt, eine klassische Eckkneipe an der Belforter Straße. Und die ist noch ein paar Jahrzehnte älter als der Club. 110-Jähriges feiert Wirt Marko Gresak diesen Samstag, 6. Juli, ab 14 Uhr groß mit Sparern und Gästen.
In Rotthausen gab es 54 Kneipen
Kumpel- und Malocher-Treff nach der Schicht war das Haus Steinfurt einst. Und sonntags kamen manche morgens zum Frühschoppen und wankten erst am frühen Abend wieder heim. Allein in Rotthausen gab es 54 Kneipen. Heute sind es noch drei. Und drei Speisegaststätten“, rechnet Gresak. „Das war’s dann auch schon. Das ist Kummerland“.
Vor drei Jahren hat er den Betrieb übernommen, versucht seither, mit gelegentlichen Konzerten von Country bis Cover-Rock und Aktionen das Publikum zu verjüngen. Schalke-Gucken auf Großbildleinwand, Wimpel, Mannschaftsposter, Dart-Automat und Daddel-Kisten gehören zur Grundausstattung wie die rustikalen Kneipentische. Bisher, findet der Wirt, gehe sein „Konzept definitiv auf“.
Mitten im Gastraum erinnert ein verzierter Kaminzug daran, dass hier mal ein Kohleofen die Zecher wärmte. An Zeiten, in denen die Wirtin Mia Steinfurt in den 1950er jahren mit frisch gebratenen Frikadellen aus riesigen Pfannen die Gästemeute fütterte, erinnern sich die Ältesten im Sparclub noch gerne. Zwei Mitglieder der ersten Stunde sind Anneliese Falmer und Gerd Woldt. Senior der 28-köpfigen Sparer ist Herbert Gurski, der Vater von Herbert junior, dem Ex-Wirt der Kneipe. 88 Jahre alt ist der Senior. Und bei jeder Feier dabei.
Nur noch 0,5 Prozent Zinsen
Klar, das Sommerfest wird gemeinsam zelebriert. Und dann, immer Anfang Dezember, ist Auszahlung. Mit Weihnachtsfeier. 30- bis 40.000 Euro kommen pro Jahr noch zusammen. Fünf Euro Mindestsumme pro Woche müssen die Sparer in ihr Fach werfen, 50 Cent zusätzlich Strafe muss zahlen, wer seiner Sparpflicht nicht nachkommt, 50 Cent Wochenbeitrag sind zudem fällig. Das läppert sich übers Jahr – auch wenn die Zinsen wie überall mickrig sind. „0,5 Prozent aufs Sparbuch gibt’s“, sagt Czekalla. Auch die Zins-Zeiten waren mal goldiger.
42 Sparer hatte der Club in der Spirtze. Früher, sagt Czekalla, hätten die Mitglieder für die Weihnachtsfeier noch Aufführungen einstudiert, habe es auch gemeinsame Fahrten gegeben. Doch auch der Sparclub leidet wie so viele an Nachwuchsmangel. Die Freizeitkultur hat sich verändert. „Und auch fünf Euro sind ja für manche viel Geld“, meint Czekalla. Dazu kommt der abendliche Deckel. Für Karlheinz und Gisela Teubner gehört die Geselligkeit im Sparclub und der Gastronomie zum Leben. „Wir sind gerne Kneipengänger“, sagt sie. Weit haben es beide nicht. Sie wohnen im Haus Steinfurt.
Trio spielt zum Doppeljubiläum
Bis Mai hieß es noch „Feuer frei“ in der Einraum-Wirtschaft. Ob ihn das strikte Rauchverbot hart treffen wird, kann Gresak noch nicht einschätzen. Die Schalke-Spielzeit war schon durch, und in den Sommermonaten können die Gäste auch im Biergarten rauchen. Draußen wird am Samstag auch ab 14 Uhr Doppeljubiläum gefeiert – mit Gegrilltem, Hüpfburg und Livemusik. Am Start sind Manni, Pede und Marlon mit englischen und deutschen Cover-Oldies.