Gelsenkirchen. Für die Mitarbeiter des Sozialwerks St. Georg werde es kaum spürbare Veränderungen geben, hat der Vorstand des Vereins versichert. Mit Ende des vergangenen Jahres ist der soziale Dienstleister mit Sitz in Gelsenkirchen aus dem Kirchenrecht ausgestiegen.

Es werden Kandidaten gesucht. 140 genauer gesagt, die bereit sind, sich in die neuen Mitarbeitervertretungen des Sozialwerks St. Georg wählen zu lassen. Der Verein befindet sich im Umbruch, seit er Ende vergangenen Jahres aus dem kirchlichen Arbeitsrecht ausgestiegen ist.

Das hat Folgen für die Mitarbeiter, die nun dem Betriebsverfassungsrecht unterstehen. In dieser Woche hat der Vorstand des Sozialwerks St. Georg bereits die Mitarbeiter an den verschiedenen Standorten über die veränderte Situation informiert.

Vorstand will lokale Betriebsräte wählen lassen

Mit etwa 100 Tagen Vorbereitungszeit rechnen die Verantwortlichen für die Betriebsratswahl. Derzeit lässt das Sozialwerk allerdings erst einmal die Vorbereitung der Wahl gerichtlich prüfen. Es hat in der vergangenen Woche eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht Arnsberg gegen einen Wahlvorstand beantragt. Der hatte sich im südlichen Westfalen gebildet, um die Wahl eines regionalen Betriebsrats vorzubereiten.

Gerichtlich geklärt werden soll nun die Frage, ob es Betriebsräte auf Regionsebene geben kann oder nicht. Der Vorstand des Sozialwerks ist der Meinung, dass nach dem Betriebsverfassungsgesetz für alle Betriebe vor Ort ein eigener Betriebsrat gewählt werden muss.

Gang vors Arbeitsgericht soll Rechtssicherheit schaffen

Das würde bedeuten, dass statt der bisher – nach kirchlichem Arbeitsrecht – etwa 40 Mitarbeitervertreter im gesamten Sozialwerk in Zukunft rund 140 gewählt werden müssten. Neben den kleinen Betriebsräten vor Ort soll aber mit den lokalen Vertretern auf Vereinsebene auch ein Gesamtbetriebsrat gebildet werden, wie Vorstandssprecher Wolfgang Meyer erklärte. Lokale Betriebsräte entsprächen dem Sozialwerk besser, das sich schon vor 20 Jahren von zentralen Strukturen verabschiedet und für lokale Verantwortung entschieden habe.

Den Gang vors Arbeitsgericht habe man beschlossen, um „Rechtssicherheit zu schaffen“ und den Mitarbeitern eine wohlmöglich jahrelange „Hängepartie“ mit ungültigen Betriebsratsbeschlüssen zu ersparen. In einigen Orten sind die Wahlen bereits angelaufen.

Auch in Gelsenkirchen, das Sitz des Sozialwerks ist, wurden die Mitarbeiter in dieser Woche bei einer Versammlung im Begegnungszentrum „Schacht Bismarck“ über die veränderte Situation informiert. Hier müssten sechs Betriebsräte mit drei bis fünf Vertretern gewählt werden. Im Großraum Gelsenkirchen hat das Sozialwerk, das sich als soziales Dienstleistungsunternehmen versteht, rund 650 Mitarbeiter, insgesamt etwa 2500. Unter dem Leitmotiv „Gemeinsam. Anders. Stark“ werden etwa 4000 Menschen „mit Assistenzbedarf“ in ganz NRW betreut.

Für die Mitarbeiter bei St. Georg ändert sich wenig

Der Ausstieg aus dem kirchlichen Arbeitsrecht habe für die Mitarbeiter erst einmal keine weiteren Folgen, hatte Vorstandssprecher Dieter Czogalla in einem Interview im „EinBlick“, der Zeitung des Sozialwerks, erklärt. Alle vertraglichen Rechte und Pflichten würden unverändert bestehen bleiben.

Wie bisher schon, würden die Beschäftigten auch weiterhin nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) bezahlt. Darüber hinaus werde sich das Sozialwerk auch in Zukunft mit seinen Zielen und Leitlinien am christlichen Menschenbild orientieren und bleibe kooperatives Mitglied des Caritasverbandes im Bistum Essen.

Zum Ausstieg aus dem kirchlichen Arbeitsrecht habe man sich entschieden, weil nach einem Beschluss der Bischofskonferenz von 2011 alle Unternehmen bis Ende 2013 verpflichtet waren, in ihre Satzungen und Gesellschaftsverträge eine Klausel zur Anwendung der kirchlichen Grundordnung aufzunehmen.

Aufsicht des Bischofs "nicht akzeptabel"

Das hätte bedeutet, dass nicht mehr der öffentliche Tarifvertrag gilt, sondern eine kirchliche Vergütungsordnung. Alle Arbeitsverträge hätten geändert werden müssen. Weil das aber nur mit Zustimmung der Mitarbeiter geht, hätten wohlmöglich jahrzehntelang unterschiedliche Tarifverträge nebeneinander bestanden.

Das kirchliche Arbeitsrecht hätte aber auch zur Folge gehabt, dass alle Mitarbeiter der katholischen Kirche angehören müssten und deren Glaubens- und Sittenlehre anerkennen, die beispielsweise die Wiederverheiratung Geschiedener ausschließt.

Im übrigen hätte sich das Sozialwerk der Aufsicht des Bischofs unterstellen müssen, was „nach Meinung des Verwaltungsrats und des Vorstands nicht akzeptabel“ gewesen wäre, so der Vorstandssprecher in dem Interview.

Frau B. aus Demenz-WG als Hauptdarstellerin in "Sandmann 0.2"

„Sandmann 2.0“ haben die Macher ihren Film genannt. Ein überaus treffender Titel, wenn man weiß, dass der „Sandmann“ zur Hauptdarstellerin des Films, Frau B., einfach nicht kommen will. Und das „2.0“ steht für die neue Zeit, für Internet und weltweites Netz. In dieser Woche wurde der Film, für den der Tagesstätten-Verbund des Sozialwerks St. Georg verantwortlich zeichnet, öffentlich in der St. Anna Kirche in Schalke-Nord vorgestellt.

Es ist schon der sechste Film, den die Tagesstruktur (TS) EigenArt des Tagesstättenverbundes gedreht hat. Hier werden Menschen mit psychischen Erkrankungen betreut, das Filmprojekt ist ein Angebot, ihre sozialen und lebenspraktischen Kompetenzen zu stärken. Für den Film haben sie das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und gefilmt.

Das Thema des Films haben das Sozialwerk und seine Unternehmenstochter, der Pflegedienst Alpha, vorgegeben, weil er zeigen soll, wie bei der Betreuung von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen nach individuellen Lösungen gesucht wird. St. Georg erprobt seit 2007 in Duisburg ein Wohngemeinschaftsprojekt für dementiell Erkrankte. In drei WG leben dort 21 Menschen betreut zusammen.

Weitere Demenz-WGs in Planung

Dabei setzt das Sozialwerk auch auf den Einsatz moderner Technik, wie „Samdy“, eine Software, die das Schlafverhalten untersucht. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert ein Forschungsprojekt des Fraunhofer Instituts, das Helfer wie „Samdy“ entwickelt.

Und weil „Frau B.“ nachts nicht schlafen kann, wurde sie zur Hauptdarstellerin. Die 77-Jährige ist dementiell erkrankt und leidet an einem gestörten Tag-Nacht-Rhythmus, der jetzt mit Hilfe von Samdy nachgewiesen und dokumentarisch im Film festgehalten wurde.

Die nächsten Wohngemeinschaften des Sozialwerks für dementiell Erkrankte sind im Übrigen längst in Planung. Wie Vorstandssprecher Wolfgang Meyer verriet, prüft das Sozialwerk auch Standorte in Gelsenkirchen.