Gelsenkirchen. Unterschiedliche Akteure: Gelsenkirchener Organisationen haben Familien zu einer vierstündigen Tour durch die Stadt mit unterhaltsamen Zwischenstopps eingeladen.
Kennenlernen, verstehen, klären, handeln: Die Philosophie des PariSozial, der sozialen Dienste des Paritätischen, passt zu der kleinen Premiere am Donnerstag. Mehr als 50 Frauen, Männer und Kinder, aus Syrien und dem Irak geflüchtet und inzwischen zumeist anerkannt, sitzen im Nickel-Reisebus. Gespannt auf eine Rundfahrt durch die Stadt, in der sie heute leben. Kommunale Akteure der Flüchtlingshilfe, darunter auch das Kommunale Integrationszentrum (KiGE), haben diese besondere Willkommens-Rundfahrt organisiert.
Dagmar Eckart, die das Projekt „Kein Kind zurücklassen“ koordiniert, begrüßt die Mitfahrenden, als der Bus am Musiktheater startet. „Wir möchten Ihnen heute Orte zeigen, wo Familien mit ganz wenig oder gar keinem Geld ihre Freizeit verbringen können.“
Für Tita (10) und Andro (8) ist die vierstündige Tour mit Zwischenstopps eine willkommene Ablenkung. Die Kinder aus dem Irak leben seit einem Jahr bei den Großeltern in Gelsenkirchen. Zum Vater, der nach Bagdad floh, ist der Kontakt abgebrochen; die Mutter lebt als Flüchtling im Nordirak.
Problem mit dem schnellen Visum
Hayfa Yelda, die Schwester von Titas und Andros Mama, erzählt, wie traurig die Zwei oft sind. Wenn sie eine ihrer drei Töchter – Natalia (7), Mariella (13) und Maria (14) – in den Arm nehme, würde Andro anfangen zu weinen. Weil er seine Mutter so sehr vermisse. Aber heute, heute ist er gut drauf. Er sitzt im Bus hinter seiner großen Cousine und neckt sie wie ein ganz normaler kleiner Frechdachs. Und nicht wie ein elternloses Flüchtlingskind.
Kekse & Co. kreisen im Bus
Die Iraker und Syrer, die Donnerstag im Bus sitzen, sind unterschiedlich lange in Gelsenkirchen. Für alle, die die deutsche Sprache noch nicht gut genug oder gar nicht beherrschen, ist Dr. Abdul Mouaid Al Jaanabi, aktiver Ehrenamtler in der Flüchtlingshilfe, an Bord. Er übersetzt, was Reiseführer Dirk Slawetzki während der Fahrt über die Besonderheiten der Stadt erzählt, ins Arabische. Über Sportstätten, Spielplätze, den Ziegenmichel, aber auch über die Blütezeit der Großindustrie und den Einbruch der Einwohnerzahlen nach dem Zechensterben.
Ob die Leute die feine Ironie in Slawetzkis Bemerkung „Schalke kennt man ja auch außerhalb der Stadt“ erkennen... Nun ja. Für die mit fortschreitender Fahrzeit lockerer werdenden Kids ist da wohl etwas anderes wichtiger: Kekse, Salzstangen, Lutscher, Obst kreisen. Abtrainiert wird später auf dem Spielplatz.