Gelsenkirchen. Die Gewerkschaft Verdi verfolgt mit Interesse, was über das Liebfrauenstift an die Öffentlichkeit dringt. Verdi-Sekretär Oliver Kolberg ist froh, dass auf Missstände in diesem sozialen Bereich hingewiesen wird.
Die Berichte über massive Kritik aus Reihen der Mitarbeiterschaft des Liebfrauenstifts schlagen hohe Wellen. Immer mehr Details über den Führungsstil in dem Alten- und Pflegeheim an der Ruhrstraße werden der WAZ zugetragen, vieles aus den beiden Schreiben an den MDK, die der Redaktion vorliegen, wird bestätigt.
Als Indiz für die Stimmung im Haus werten Insider zum Beispiel auch die Tatsache, dass von den 81 Mitarbeitern des Hauses lediglich 37 an der Weihnachtsfeier teilgenommen haben. Auch bei dieser Gelegenheit habe die Belegschaft nach Worten eines Ohrenzeugen zu hören bekommen, aus ihnen sei doch noch mehr rauszuholen (...).
Noch mehr raus zu holen
Inzwischen verfolgt auch die Gewerkschaft höchst interessiert, was unter einem offensichtlich großen Leidensdruck in Reihen der Liebfrauenstift-Belegschaft an die Öffentlichkeit dringt. Gewerkschaftssekretär Oliver Kolberg vom Verdi-Bezirk Emscher-Lippe Süd und dort zuständig für den Fachbereich 3 – Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen – sagte gestern im Gespräch mit der WAZ: „Grundsätzlich ist die Angst vor Repressalien enorm.“
Allerdings begrüßt er den Mut, „dass auf Missstände in diesem sozialen Bereich hingewiesen wird und sich die Leute aktiv um die Gestaltung ihrer Arbeit und damit auch um das Leben der älteren Menschen kümmern.“
Soziale Verantwortung
Was er in der jüngsten Vergangenheit registriert hat, sind spürbar mehr gewerkschaftliche Eintritte aus dem kirchlichen Trägerbereich. Gerade die Altenpflege, so Kolberg, sei ein Beschäftigungsfeld mit einem hohen Anteil an Teilzeitarbeit und befristeten Arbeitsverträgen. Was wohl auch die Angst begründe, Missstände öffentlich anzuprangern.
Der Verdi-Sprecher betont indes auch: „Soziale Verantwortung ist nicht mit Ausbeutung gleich zu setzen.“ Das ist übrigens ein aktuelles Thema gewerkschaftlicher Bemühungen: „Sozial und unbescheiden.“ Nicht im Sinne von Raffgier, sondern unter dem Gesichtspunkt, Bewusstsein für Beruf und Bedeutung zu schaffen. Seine Empfehlung an alle, die es angeht: Überstunden müssen dokumentiert werden. Denn dass Arbeitszeiten (nicht nur) im Liebfrauenstift aus dem Ruder laufen, ist bekannt.
Ein „Dienstplan-Chaos“
Zwei Mitarbeiter seien an den Wochenenden für 32 Bewohner zuständig, heißt es im Schreiben an den MDK. Laut Insider-Bericht gebe es obendrein ein „Dienstplan-Chaos“. Nach Informationen der WAZ soll es heute eine Besprechung im Liebfrauenstift geben. Thema Missstände?