Gelsenkirchen.. Für Regina Koch ist der Westfriedhof in „ihrem“ Heßler etwas ganz Besonderes. Besonders grün, besonders schön und ideal zum Entspannen. Ihr Lieblingsort eben.
Ein Friedhof als schönster Ort?! Aber natürlich. Für Regina Koch (61) ist das gar keine Frage. Schließlich ist der Westfriedhof in Heßler das Areal, durch das sie die meisten ihrer Spaziergänge in Gelsenkirchen gemacht hat. „Ich lebe hier in Heßler, und da ist der Friedhof der grünste Weg für einen Spaziergang zwischendurch, ganz ohne Anreise.“ Ihr Heßler mag sie gern, „das hat noch fast dörfliche Strukturen. Es ist besonders.“
Dabei hat die gebürtige Kasselerin, die der Liebe wegen mit 23 Jahren nach Gelsenkirchen zog, auch noch eine besondere Beziehung zu diesem Friedhof. Die in Heßler ansässige Baufirma ihrer Schwiegereltern beziehungsweise Schwiegergroßeltern – der Familie Becker – hat nämlich dereinst die Trauerhalle gebaut, die 1912 eingeweiht wurde und seit 1985 unter Denkmalschutz steht. Die Beckers haben auch den Bau der Kirche in Heßler an der Kanzlerstraße umgesetzt.
Der alte Friedhofswärter Lohmann und seine Schokolade
Die Heilpraktikerin Regina Koch kennt sich gut aus mit Gelsenkirchener Geschichte, wie sich beim Schlendern über den schönen Westfriedhof schnell herausstellt. Noch am Eingangstor, wo heute das alte Wärterhäuschen leer steht, erzählt sie die Geschichte vom mächtig runden Friedhofswärter Lohmann, der ihrer Schwiegermutter in deren Kindheit immer ein Stück Schokolade gegeben hatte. Weshalb sie als Kind immer auf den Friedhof wollte. „Und als sie dann mit 94 Jahren nur noch sterben wollte, im November 2014, da sagte sie immer wieder: Ich will zum alten, runden Lohmann!“
„Wenn der Tulpenbaum im April blüht, ist es am schönsten hier“
Den Gang entlang der großen Allee, rechts von der Trauerhalle, vorbei am Ehrenmal, mag Regina Koch am liebsten. Die mächtigen Bäume am Wegesrand, der Tulpenbaum (eine Magnolienart) neben dem Ehrenmal für die Gefallenen der Weltkriege, hat es ihr besonders angetan. „Wenn der Baum im April blüht, ist es am allerschönsten.“ Aber auch sonst sitzt sie gern hier. „Der Lärm von der Autobahn stört mich gar nicht. Komisch eigentlich,“ wundert sie sich.
Die 1145 Gräber von Kriegstoten hier, zum Teil noch aus dem Ersten Weltkrieg, viele mit kyrillischer Inschrift, berühren sie noch immer.
Ziel Bergmannsdenkmal
Und das Bergmannsdenkmal, mit dem liegenden Kumpel samt Lampe an der Hauptallee. „Vor ein paar Jahren hat man das an den Hauptgang versetzt.“ Stimmt, sagt Gelsendienste. Das Denkmal erinnert an die Opfer des Grubenunglücks auf Wilhelmine Victoria anno 1940.
„Ich wüsste ja gerne, von wem das Denkmal stammt“, sinniert sie. Der Mann vom Friedhofsamt, der damals die Umbettung betreut hatte, glaubt, dass es sich um den gleichen Künstler handelt wie beim Bergmannsmal an der Kokerei in Hassel: Robert Propf. Früher, beim Spaziergang mit den Kindern, war der Bergmann immer das Ziel: „Bis zum Bergmann noch, hab ich immer gesagt und das war für die Kinder in Ordnung“, erinnert sich Regina Koch schmunzelnd. Kinder und Spazierengehen sind schließlich zwei Dinge, die nicht zwingend zusammen passen.
Am Grab von Ernst Schalke bleibt sie stehen, erzählt die Geschichte des Mannes aus der Villa an der Kanzlerstraße (in der heute Kinder spielen), den ihre Schwiegermutter als Kind noch kannte. „Vor dem hatte sie als Kind Angst, der hatte einen Stock.“ Auf dem Weg zum Grab der Schwiegereltern geht es vorbei an den großen Grabstätten der Familie Küppersbusch und der Bauernfamilie Grosse Grollmann, die neben der Bauernfamilie Horn einst den Grund und Boden für den Friedhof verkauften. Ludwig Simon übernahm bis 1933 als Gartenbaudirektor die Oberaufsicht über den Friedhof.