Gelsenkirchen-Buer.. Buer war nicht immer Stadtteil Gelsenkirchens. Zwischen 1911 und 1928 besaß Buer sogar eigene Stadtrechte. Stefan Goch vom Institut für Stadtgeschichte erklärt, wie die preußische Bürokratie den Weg dahin erschwerte.
Als Buer 1911 (endlich) die Stadtrechte verliehen wurden, war ein langer und schwerer Weg durch die Bürokratie beschritten worden. Obwohl das damalige Amt in Prinzip schon die Voraussetzungen für eine Stadt erfüllte, sträubte sich die preußische Obrigkeit lange gegen die Erhebung zur Stadt.
Voraussetzungen wurden bereits 1905 erfüllt
Schon 1905 zählte man über 40.000 Einwohner. Eine große Zahl, wie Stefan Goch vom Institut für Stadtgeschichte bestätigt. „Damals sind Ämter schon mit zum Teil weitaus weniger Einwohnern zur Stadt geworden“, sagt der Historiker.
Bemühungen, zur Stadt aufzusteigen, gab es allerdings schon vor 1911. Bereits 1907 war ein entsprechender Antrag zwar gestellt, allerdings durch die Mühlen der preußischen Bürokratie gedreht und schließlich abgelehnt worden.
„Die Entscheidung über eine Stadtwerdung traf damals der Innenminister“, erläutert Goch. „Verliehen wurden die Stadtrechte dann vom preußischen König, der zeitgleich deutscher Kaiser war.“
Der lange Marsch durch die Instanzen
Historische Bilder zeigen alte Ansichten von Buer
Bis der Antrag den Minister allerdings erreichte, musste er allerdings etliche Instanzen durchlaufen. Goch: „Da Buer nicht kreisfrei war, ging der Antrag zunächst an den Landrat, der wiederum an den Regierungspräsidenten weiterleitete.“ Dem Regierungspräsidenten übergeordnet war der Oberpräsident der Provinz Westfalen, der dem Innenminister unterstellt war.
„Eine übergeordnete Stelle entschied im Grunde nur sehr selten gegen die Empfehlung beispielsweise des Regierungspräsidenten“, sagt Goch. Auch wenn vom Schriftverkehr zwischen den Instanzen nur ein Teil dem Institut für Stadtgeschichte vorliegt, geht Goch davon aus, das zwischen den Instanzen mitunter gekungelt wurde.
Offiziell wurde der erste Antrag aus formalen Gründen abgelehnt. „Unter anderem hieß es, dass die Finanzlage in Buer nicht stabil genug sei, um als Stadt selbstständig handeln zu können“, sagt Stefan Goch. „Zwischen den Zeilen kann man allerdings herauslesen, dass es eigentlich um etwas anderes ging.“ Wie berichtet scheute die preußische Obrigkeit eine vorwiegend aus Arbeitern bestehende, katholisch orientierte Stadt.
1911 von Wilhelm II. zur Stadt ernannt
Ein überarbeiteter Antrag hatte dann vier Jahre später allerdings Erfolg: Am 27. Februar 1911 verlieh Wilhelm II. Buer die Stadtrechte. Eine Woche später, am 6. März, wurde die Verleihung der Städteordnung im Deutschen Reichsanzeiger und im Königlich Preußischen Staatsanzeiger veröffentlich. „Damit war es offiziell“, so Goch.
So weit, so gut. Vierzehn Tage später wies der Regierungspräsident den buerschen Amtmann detailliert an, die Vorschriften der Städteordnung einzuführen. Ende März/Anfang April (Der Verwaltungsbericht „Von der Landgemeinde zur Großstadt“ von 1921 spricht vom 1. April als Datum der Stadtwerdung) setzte die Gemeindeversammlung zentrale Vorschriften um. Am 18. April wurde ein Ortsstatut beschlossen und die Wahlen der neuen Stadtverordneten organisiert.
Die ersten Wahlen fanden dann am vom 10. bis 15. Juli 1911 statt. Der Amtmann blieb allerdings noch bis zum Jahresende als kommissarischer Bürgermeister im Amt bis am 14. Februar 1912 der erste Bürgermeister gewählt wurde. Dr. Carl Russell, nach dem heute noch der Russellplatz zwischen Freiheit und Urbanusplatz benannt ist, wurde erster Bürgermeister.