Gelsenkirchen.. Zur illustren Zeitreise wurde der Ausflug ins Museum von Schloss Horst in Gelsenkirchen für WAZ-Leser im Rahmen der Aktion „Die WAZ öffnet Pforten“

Wolf Hoffmann, Vorsitzender des Fördervereins von Schloss Horst, führte die WAZ-Besucher als „Pestdoktor“ Dr. Schnabel durch die Ausstellung.
Wolf Hoffmann, Vorsitzender des Fördervereins von Schloss Horst, führte die WAZ-Besucher als „Pestdoktor“ Dr. Schnabel durch die Ausstellung. © Foto: Martin Möller / Funke Fot | Foto: Martin Möller / Funke Fot

Eine Zeitreise erlebten Leserinnen und Leser jetzt im Schloss Horst. Im Rahmen der Sommeraktion „Die WAZ öffnet Pforten“ wurden die Besucher in der großen Eingangshalle von „Dr. Schnabel“ und dem Baumeister des Schlosses in Empfang genommen. Wolf Hoffmann, Vorsitzender des Fördervereins Schloss Horst und Museumspädagoge, begrüßte die Gruppe dabei verkleidet als Dr. Schnabel – gemeinhin auch „Pestdoktor“ genannt.

Er symbolisierte die weit verbreitete Angst vor der Pest, die auch noch im 16. Jahrhundert, also zur Zeit der Errichtung des Schlosses, noch in Teilen Europas wütete.

Mitmach- und Erlebnismuseum

Historiker Benjamin Bork, der selbst bei der Gestaltung des Museums im Schloss mitgewirkt hat, präsentierte sich als Baumeister. Gemeinsam mit den Besuchern erkundeten die beiden das Mitmach- und Erlebnismuseum – „Die Schlossbaustelle im Jahr 1565“ im Keller von Schloss Horst. Hautnah und authentisch konnten die Besucher so die Lebenswirklichkeit, den Alltag der Handwerker und Pächter auf der Baustelle Schloss Horst im 16. Jahrhundert erleben.

Dass das Leben zu dieser Zeit alles andere als leicht und unbeschwert war, wurde den Besuchern schnell bewusst. Verschiedene Arbeitsplätze oder Wohn- und Schlafstätten zeugen von sehr geringem Komfort für die Arbeiter.

 In Vitrinenkisten sind im Museum von Schloss Horst historische Fundstücke ausgestellt.
In Vitrinenkisten sind im Museum von Schloss Horst historische Fundstücke ausgestellt. © Foto: Martin Möller / Funke Fot | Foto: Martin Möller / Funke Fot

„Ratten und Mäuse waren die ständigen Begleiter der Arbeiter“, sagt Benjamin Bork. „Je dreckiger es war, desto wohler fühlten sich die Nager.“ Und sie waren überall – auch in den Betten oder an den Kochstellen. Bei dieser Vorstellung wurde es einigen Besuchern ganz anders. „Ich bewundere die Menschen, die damals ohne große Technik solch ein Gebäude errichtet haben“, sagt eine Leserin. „Ich bin aber doch sehr froh, dass ich im 21. Jahrhundert lebe und keine Angst vor Mäusen in meinem Bett haben muss.“

Fleisch war der Oberschicht vorbehalten

Auch in Bezug auf die Ernährung konnte keinesfalls von Luxus die Rede sein. „Je nach Hierarchie hatten die Arbeiter und auch der Rest der Bevölkerung nur etwas Brot und vielleicht ein bisschen Speck zur Verfügung“, so Bork. „Fleisch war der Oberschicht vorbehalten.“ Deshalb ließen sich die Arbeiter auch häufig in Naturalien wie Getreide auszahlen.

Das besondere am Mitmach- und Erlebnismuseum ist, dass die meisten Exponate angefasst werden können. So konnten die Besucher am Arbeitsplatz des Dach- und Schieferdeckers selbst einmal Hand anlegen und versuchen, einen Dachziegel zu schlagen.

In der Schmiedewerkstatt konnte man sich im Hufeisenwerfen messen – ein beliebtes Kinderspiel zu Zeiten der Renaissance. Die Lebensbedingungen der einfachen Leute erörterte Benjamin Bork seinen Gästen in einer nachgebauten Wohnstätte. „Damals gab es noch keine voneinander getrennten Wohneinheiten“, so der Historiker. „Esstisch mit zugehörigem Geschirr, die Brunnenanlage, der Vorratskeller, der Stall für die Haustiere sowie die Betten – alles wahr in einem Raum untergebracht“. Glasscheiben gab es nicht, deswegen wurden getrocknete Tierhäute oder Schweineblasen vor die Fensteröffnungen gespannt.

Authentische Atmosphäre der Ritterzeit

WAZ-Leserin Renate Augustin legte sich im Horster Schloss das Kettenhemd an.
WAZ-Leserin Renate Augustin legte sich im Horster Schloss das Kettenhemd an. © Foto: Martin Möller / Funke Fot | Foto: Martin Möller / Funke Fot

Zum Schluss konnte noch die „Kinderburg“ besichtigt werden. Hier können Geburtstage gefeiert werden, Schulklassen können in authentischer Atmosphäre die Ritterzeit erkunden. Dass es ein Ritter im wahrsten Sinne des Wortes nicht leicht hatte, bekam WAZ-Leserin Renate Augustin zu spüren. Sie meldete sich freiwillig und ließ sich eine Ritterrüstung anlegen. „Und damit konnten sich die Menschen damals sogar bewegen?“, fragt die Gelsenkirchenerin etwas ungläubig. „Alleine das Kettenhemd wiegt gefühlt schon eine Tonne“.

Ohne Kettenhemd, aber mit vielen gewonnenen Eindrucken traten die Leserinnen und Leser dann wieder den Heimweg an. „Wir waren zwar schon öfter hier, hatten aber nicht so eine abwechslungsreiche Führung“, sagt Josef Kruszona. „Hier kann man die Geschichte richtig erleben.“

Eine kostenlose Schlossführung wird immer am ersten Donnerstag im Monat angeboten. Beginn ist um 18 Uhr.

Auf Anfrage werden auch Themenführungen für Schulklassen, Gruppen oder Erlebnisgeburtstage für Kinder angeboten.

Weitere Informationen gibt es auf www.schloss-horst.de oder unter Tel.  0209 - 516622.