Gelsenkirchen. „Früher war der Umgang kameradschaftlicher, heute denkt jeder nur noch an sich selbst“: Gerhard Heidenreich hat viel erlebt mit seinen 93 Jahren. Am Wochenende wurde er für seine 65-jährige Mitgliedschaft im Sozialverband Deutschlands (SoVD) ausgezeichnet.
Früher war er selbst für die Interessenvertretung von Rentnern, Patienten, gesetzlich Krankenversicherten sowie pflegebedürftigen und behinderten Menschen aktiv.
Themen sind aktueller denn je
Traditionell lässt der SoVD-Ortsverband Schalke das Jahr mit einer Weihnachtsfeier und der Ehrung von Jubilaren im Awo-Begegnungszentrum an der Grenzstraße ausklingen. Am Sonntag wurden bei dieser Gelegenheit zehn aktive und passive Mitglieder für ihre langjährige Mitgliedschaft mit Nadel und Urkunde ausgezeichnet. Dabei hätten es viel mehr sein können.
Über 30 Jubilare standen auf der Liste. „Viele sind der Einladung aber schlichtweg nicht gefolgt“, bedauert Hans-Joachim Klotz, der seit zwölf Jahren die Geschicke in Schalke als Vorsitzender lenkt. „Es sind leider auch immer weniger Menschen, die sich ehrenamtlich bei uns engagieren“, beklagt Klotz, der selbst für seine 20-jährige Zugehörig ausgezeichnet wurde. Der Nachwuchs fehle an allen Ecken und Enden. Dabei seien die Themen, insbesondere bei der Unterstützung in sozialrechtlichen Fragen, aktueller denn je.
Kräftig mitgemischt hat früher Jubilar Gerhard Heidenreich. „Bis zum Tod meiner Frau war ich knapp 20 Jahre als Schriftführer tätig“, berichtet der 93-Jährige. Trotz einer Unterschenkelamputation, erlitten im zweiten Weltkrieg, habe er an allen Aktivitäten des heutigen Sozialverbands teilgenommen. „Ich laufe heute noch für mein Leben gern“, sagt Heidenreich nicht ohne Stolz. Zu den Sitzungen des SoVD geht er nicht mehr. „Wenn man alleine ist, organisiert man sein Leben eben anders.“
Reichsbund 1917 in Berlin gegründet
Die Jubilarehrung hat er sich nicht nehmen lassen. Vieles habe sich allerdings geändert „und die Menschen kommen sich nicht mehr so entgegen wie früher.“
Apropos früher: 1917 wurde der Verband als „Bund der Kriegsteilnehmer und Kriegsbeschädigten“ in Berlin gegründet und 1919 in „Reichsbund der Kriegsbeschädigten, Kriegsteilnehmer und Kriegerhinterbliebenen“ umbenannt. 1933 aufgelöst, gründete sich der Verband 1946 als „Reichsbund der Körperbeschädigten, Sozialrentner und Hinterbliebenen“ neu. 1999 wählte man als neuen Namen „Sozialverband Deutschland“ mit dem Zusatz „ehemals Reichsbund, gegründet 1917“.
415 Mitglieder allein in Schalke
Der SoVD-Ortsverband im Ortsteil Gelsenkirchen-Schalke zählt 415 Mitglieder. Neben der Jahresabschlussfeier gehören Ausflüge und gemeinsame Grillnachmittage zum festen Programm. Hans-Joachim Klotz: „50 bis 60 Personen kommen dann immer zusammen.“ Sprechzeiten bietet der Bezirksverband dienstags und donnerstags an der Dickampstraße 7 an.