Gelsenkirchen. Bridget Breiner, die Ballett-Chefin im Musiktheater im Revier, erzählt die ewig junge Dreiecksgeschichte neu. Durch Abstraktion und Reduktion fokussiert sie die Wandlung und die Gefühle. Zuletzt inszenierte Breiners Vorgänger Bernd Schindowski den Schwanensee in Gelsenkirchen vor 20 Jahren.
Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass selbst im entferntesten Winkel der Erde so ziemlich jeder Befragte mit dem Stichwort Ballett Schwanensee verbindet. Und umgekehrt. Denn kaum ein anderes Stück vereint die Schönheit der Musik und die Anmut der Bewegung derart gekonnt miteinander.
Unzählige Übernahmen und Adaptionen der von Marius Petipa im Jahre 1895 in St. Petersburg gezeigten, stilprägenden Choreographie zeugen davon. Und weil zugleich menschliche (Liebes-)Dramen, gesellschaftliche Zwänge und Verrat in Pjotr Tschaikowskis Klangteppich fein verwoben sind, denen sich jede Generation aufs Neue ausgesetzt sieht, ist Schwanensee so etwas wie ein Evergreen. Ein Weltkulturerbe.
Letzte Aufführung vor 20 Jahren
Gut 20 Jahre nach der letzten Aufführung in der Ägide von Ballettdirektor Bernd Schindowski am Musiktheater im Revier, erzählt nun MiR-Choreographin Bridget Breiner die ewig junge Dreiecksgeschichte von der verzauberten Schwanenprinzessin Odette, ihrem Prinzen und der verführerischen Odile, in der die Figuren zwischen Ekstase und abgrundtiefem Schmerz schweben. Premiere feiert Schwanensee am Samstag, 9. November, um 20 Uhr im Großen Haus (Kennedyplatz).
„Ich bin eine abstrakte Choreographin“, sagt Bridget Breiner über sich selbst und verrät, dass sich das Publikum auf eine „reduzierte und abstrahierte Version“ des 1877 am weltberühmten Moskauer Bolschoi-Theater uraufgeführten Meisterwerks freuen darf. Reduziert, weil das Ensemble des Musiktheaters ein 14-köpfiges ist – große Balletthäuser warten nicht selten mit dem Vierfachen auf. Aber gerade die Reduktion bietet den Tänzern die Chance, den existenziellen Kampf um Freiheit in den Vordergrund zu stellen.
Die Wandlung im Fokus
Abstrahiert auch, weil Breiner ihre Zuschauer etwas im Unklaren lassen wird, wann Kusha Alexi, die den Schwan tanzt, mal Mensch, mal Tier ist. „Ich konzentriere mich auf die Wandlung und auf das Herausstellen von Gefühlen“, fasst Breiner ihren Anspruch an ihre Crew und den künstlerischen Fokus in Worte.
Abstraktionen darf man auch von Bühnenbild und Kostümen erwarten, letztere haben mal einen „militärischen und folkloristischen Touch bis hin zu Haute Couture“. Und ein abgebrochener Bilderrahmen weist des Betrachters Blick in die märchenhafte Geschichte, ein „gemaltes Schloss deutet hintergründig höfische Pracht“ an. Reduktion eben, die das Wesentliche hervortreten lässt. Den Ausdruck, den Tanz.