Sie gehen schon sehr unter die Haut, die meisten Lieder, die das Trio „Chajm“ am Sonntagnachmittag in der „flora“ intoniert. Bei dieser vom Gelsenkirchener Musiker Norbert Labatzki ins Leben gerufenen Band dominieren starke Gefühle, wie sie das Leben (Deutsch für „Chajm“) eben so mit sich bringt.
Wenn Sängerin Yael Izkovich vor dem Lied „Belz“ die traurige Geschichte der gleichnamigen kleinen Stadt im Westen der Ukraine er-zählt, von den vielen Juden berichtet, die vor dem Zweiten Weltkrieg dort beheimatet waren, den Holocaust dann aber nicht überlebten, spürt man Ergriffenheit in ihrem Gesicht. Und das Lied selbst, es trifft voll das Gefühlszentrum beim Zuhören, es trifft mitten in die Seele. So geht es bei vielen Stücken, die bei „Chajm“ aus unterschiedlichen Quellen stammen und teilweise selbst komponiert sind. Ein trauriges Liebeslied, gesungen auf Ladino, der traditionellen romanischen Sprache der sefardischen Juden, verströmt eine süße Melancholie, während ein ausgelassener Freilach mit jubilierenden Klarinetten-Linien trübe Gedanken wieder wegwischt.
Gyuri Villas aus Budapest (Akkordeon und Klarinette, Gitarre und Gesang) und der volle, klassisch ge-schulte Mezzosopran der Israelin Yael Izkovich sind in diesem Trio drei starke und individuelle Stimmen, die das 90-minütige Konzertprogramm in jedem Moment wun-derbar tragen.
Dass mit „Bei mir bistu sheyn“ und dem hebräischen Volkslied „Hava nagila“ am Schluss noch zwei bekannte Ohrwürmer zum Mitsingen ertönten, das rundete dieses berührende Konzerterlebnis prima ab.
Das Trio „Chajm“ tritt am 23. Juni noch einmal im Gelsenkirchener Norden auf, in der „werkstatt“ in der Hagenstraße 34 in Buer. Konzertbeginn ist um 19.30 Uhr.