Gelsenkirchen..
Intendant Michael Schulz bringt es strahlend auf den Punkt: „Wir freuen uns wie Bolle.“ Der Grund seiner Freude sitzt gleich neben ihm: Es ist die 37-jährige amerikanische Tänzerin und Choreographin Bridget Breiner, die wenige Minuten zuvor einen Dreijahresvertrag als neue Ballettdirektorin des Musiktheaters im Revier unterschrieben hat. Mit der Option auf Verlängerung.
Damit bekommt das Musiktheater ab der Saison 2012/13 eine junge, aber bereits erfahrene und anerkannte Künstlerin als Ballettchefin ins Haus. Die Frau mit dem deutsch klingenden Nachnamen (ihre Vorfahren stammen tatsächlich aus Deutschland) kommt aus Ohio, besuchte früh die Tanzakademie ihrer Heimatstadt Columbus und zog bereits mit 17 Jahren nach München: „Allein des Tanzes wegen.“ Dass sie hier bleiben und arbeiten würde, hätte sie sich damals nicht träumen lassen.
Solistin an Semperoper
Aber der Erfolg stellte sich rasch ein. Ihr erstes Engagement erhielt Bridget Breiner am Bayerischen Staatsballett, tanzte in Choreographien von Ballettlegenden wie John Neumeier, George Balanchine oder Hans van Manen. Breiner avancierte zur ersten Solistin an der Dresdner Semperoper, es folgte ein Engagement in Stuttgart. Als freie Choreographin machten sie sich schnell einen Namen. Und nun wird aus der Primaballerina eine Ballettdirektorin.
Fünf Produktionen wird sie pro Saison in Gelsenkirchen zu verantworten haben, drei davon im Kleinen Haus. Auch Kinder- und Jugendprojekte liegen ihr am Herzen: „Junge Leute sind sehr interessiert an der Energie des Tanzes.“
Dass auch Gastchoreographen am Haus arbeiten werden, für Bridget Breiner Selbstverständlichkeit und Notwendigkeit: „Das ist für die Compagnie sehr wichtig, die Tänzer brauchen andere Einflüsse, das Publikum andere Farben.“
"Ich erzähle gerne Geschichten"
Noch lebt Bridget Breiner in Stuttgart, mit ihrer neuen Aufgabe aber wird sie ins Ruhrgebiet ziehen. Und freut sich darauf: „Im Umkreis gibt es viele Compagnien, das ist gut, weil das Tanzpublikum bereits da ist.“ Ihre Ästhetik, sagt sie, ist eine andere als die ihres Vorgängers Schindowski: „Ich würde sie als neo-klassisch bezeichnen. Ich erzähle gerne Geschichten.“ Am Tanz interessiere sie vor allem der Mensch, der sich da ausdrückt, weniger der Körper, da sei sie ähnlich wie Schindowski: „Es wird nur anders aussehen.“ Die Unterschiede im Ausdruck, die will sie demnächst lieber mit dem Tanz als mit Worten demonstrieren.
Und mit dem Intendanten ist sie sich offensichtlich bereits einig, dass sie auch als Tänzerin auf der Bühne des Musiktheaters ihr Können zeigen wird.
"Ballett ist gesichert"
Die Compagnie soll auch in Zukunft 14 Stellen umfassen. Angedacht sind auch Kooperationen mit Compagnien anderer Theater. Dr. Günter Pruin, Aufsichtsrat, zeigte sich erfreut, dass mit der Bestellung der Schindowski-Nachfolge Fakten geschaffen worden sind: „Das Ballett ist gesichert, wir leben damit durchaus auf einer Insel in dieser Republik.“
Und was sagt der scheidende Ballettchef zur Nachfolgerin? Schindowski freut sich und ist sich sicher: „Eine gute Lösung fürs Ballett.“ Er selbst geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Das hier war schließlich mein Leben und eine sehr, sehr schöne Zeit.“ Zu Beginn seines Ruhestandes will er zunächst vor allem das tun: „Ins Theater gehen und Tomaten anpflanzen.“